Amazon Produktanzeigen
Einzelshops haben immer das Problem, dass „von allein“ nur wenige Besucher vorbeischauen. Trafficgenerierung ist daher für praktisch alle Onlineshops eine Basissäule des Marketings. Dies gelingt mit Suchmaschinen-Optimierungsmaßnahmen i.d.R. nur bedingt, weswegen Anzeigenschaltungen – insbesondere auf CPC-Basis – meist eine zentrale Rolle im Marketingmix von Onlineshops spielen. Bisher fiel Händlern hier vor allem eine Plattform ein – Google mit seinen Google Adwords-Anzeigen. In diesem Geschäft möchte Amazon nun mit den neuen „Amazon Produktanzeigen“ als Trafficgenerator mitmischen.
Das Prinzip der Amazon-Produktanzeigen
Das Prinzip der Amazon-Produktanzeigen ist simpel, aber genial: Wer nicht über den Marketplace verkaufen will (oder darf), der kann dennoch seine Produkte dort ganz „normal“ listen lassen. Möchte ein Amazon-Nutzer ein so gelistetes Produkt kaufen, so führt der entsprechende Button jedoch nicht zum Amazon Marketplace-Warenkorb, sondern zum externen Shop des Händlers. Amazon berechnet für diesen Service einen Klickpreis und der Händler kann davon profitieren, dass der Kunde bei ihm im Shop kauft, statt bei Amazon.
Platzierung und Sichtbarkeit der Produktanzeigen
Die Anzeigenprodukte werden bei Amazon an verschiedenen Stellen eingeblendet:
- In den generellen Produktlistungen (Kategorien oder Suchausgabe)
- In der Anbieterlistung für ein bestimmtes Produkt
- Im Kasten „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“ auf Produkt-Detailseiten
- In einem eigenen Kasten „Produktanzeigen von externen Websites“ auf Produkt-Detailseiten unterhalb der Produktbeschreibung
In der Amazon-Produktlistung werden die Anzeigen-Produkte regulär zwischen den Amazon- und Amazon-Marketplace-Produkten eingereiht. Das heißt, sie werden der gewählten Sortierung folgend – beispielsweise nach Preis – eingelistet. Unterhalb der Angabe des Preises wird dabei der Hinweis „erhältlich auf externer Website“ sowie der Händleraccount-Name eingeblendet. Analog erscheinen die Anzeigen-Artikel zudem in diversen Cross-Selling Elementen auf den Amazon-Produkt-Dertailseiten.
Uneinheitliche Nutzerführung
Wann genau ein Nutzer auf die externe Shopseite geführt wird, ist allerdings uneinheitlich: Aus der normalen Produktsuche heraus führt Amazon die Nutzer zunächst auf eine Produkt-Detailseite, die sich nur wenig von den normalen Amazon- bzw. Marketplace-Artikelseiten unterscheidet (Screenshot 2). Klickt ein Nutzer dagegen in einer der anderen Ansichten eines APA-Artikels auf ein Produkt, so wird direkt der externe Shop aufgerufen.
Funktionsweise der APA
Zur Schaltung von Amazon Produktanzeigen wird ein separates Händlerkonto angelegt, die Datenpflege erfolgt über Seller Central. Wer nicht hier von Hand pflegen möchte oder häufigere Änderungen sowie größere Dateien hat, nutzt den FTP-Upload. Der Datenfeed kann alternativ zu der von Amazon vorgegebenen Struktur auch das Google Base-Format haben und muss mindestens die folgenden Informationen enthalten:
- Produkttyp (Amazon-Produktkategorie)
- Produkttitel (Artikelbezeichnung, 4-8 Worte)
- SKU (Lagerhaltungsnummer, eindeutig)
- URL der Produktseite (bzw. Landeseite)
- Bild (mind. 500 x 500 Pixel, mehr als 80 % der Bildfläche zeigt das Produkt)
- Preis (sowie möglichst auch die Versandkosten)
Empfohlen, aber nicht Pflicht ist die Angabe des UPC/EAN und für eine optimale Schaltung der Produkte ist natürlich eine Produktbeschreibung notwendig. Zusätzlich sind optional weitere Felder nutzbar, beispielsweise zur Angabe von Grundpreisen oder anderen Pflichtangaben etc.
Für die Optimierung der Anzeigenschaltungen besonders interessant dürfte sein, dass den Produkten zusätzlich noch bis zu fünf Keywords zugeordnet werden können. Diese Keywords nutzt Amazon zum verbesserten Targeting bei der Einblendung der Produkte in Suchergebnissen etc.
CPC: Minimalpreis plus Gebot
Sind die Produkte bei Amazon aufgespielt, geht es im Grunde bereits los. Denn Amazon legt in Abhängigkeit von Kategorie und Produktpreis einen Mindest-Klickpreis fest. Dieser liegt aktuell zwischen 0,09 Euro bei „PC-Komponenten“ mit einem Produktpreis zwischen 0,01 und 30,00 Euro und 0,83 Euro bei „Bürobedarf & Schreibwaren“ mit einem Produktpreis ab 30,01 Euro.
Für eine optimale Positionierung der Produktanzeigen soll dieser festgelegte Minimalpreis dann überboten werden. Bei umkämpften Kategorien mit vielen Anbietern können dadurch die effektiven Schaltungspreise über kurz oder lang deutlich über die Amazon-Vorgaben steigen.
Bislang sind erst einige der Amazon-Kategorien für Produktanzeigen freigegeben: Baby, Elektronik & Foto, Baumarkt, Haus & Garten, Musikinstrumente, Bürobedarf & Schreibwaren, Bürobedarf & Schreibwaren, Computer & Zubehör, Spielzeug sowie Lebensmittel & Getränke. Hinzu kommen Lebensmittel, hier lässt Amazon Händler jedoch nur auf konkrete Anfrage zu. In weiteren Kategorien gibt es bereits Testläufe mit ausgesuchten Händlern. Im Zweifel lohnt es daher, nicht nur die Liste der geöffneten Kategorien regelmäßig zu kontrollieren, sondern direkt bei Amazon nachzufragen.
Sinn und Zweck von Amazon Produktanzeigen
Die Stoßrichtung, die Amazon mit den Produktanzeigen einschlägt, ist klar: Für Internetnutzer, die einen Einkauf starten, soll es keinen Grund mehr geben, Produkte außerhalb von Amazon zu suchen. Schon heute starten viele Kaufwillige ihre Einkaufstouren nicht bei Google oder anderen Preissuchmaschinen, sondern direkt bei Amazon.
Vorteile für Händler
In diesem Streit zwischen Amazon und Google um die Suchhoheit stellen die Amazon-Produktanzeigen für Händler nun eine weitere potentielle Trafficquelle dar. Darüber hinaus bieten sie eine Möglichkeit, auf Amazon präsent zu sein, ohne direkt über die Plattform zu verkaufen. Dies hat zunächst einmal mehrere Vorteile.
Hochwertiger Traffic für den eigenen Shop: Bislang war es Händlern fast unmöglich, Kunden von Amazon weg und in den eigenen Shop zu transferieren. Mit den Amazon Produktanzeigen nun lenkt Amazon selbst die explizit kaufwillige Kundschaft in die Händlershops.
Produkte mit Vertriebsrestriktionen via Amazon anbieten: Für Produkte, bei denen Hersteller oder Markeninhaber Amazon als Absatzkanal ausschließen, können die Produktanzeigen eine Alternative bieten, um Kunden auf Amazon zu generieren, ohne direkt über den Marktplatz zu verkaufen.
Artikel bei Amazon anbieten, die nicht direkt über Marketplace verkaufbar sind: Artikel, die vom Kunden konfiguriert werden (müssen), aber auch Produkte mit sehr langen Lieferzeiten können derzeit nicht über den Marketplace verkauft werden. Und bei Artikeln mit sehr vielen Varianten gehen Händlern mittlerweile die SKU aus. Speziell solche Produkte hat Amazon selbst als Anzeigenartikel im Sinn.
Stolperfallen und Gefahren
Wo Licht ist, ist auch Schatten – und dies gilt bei Amazon oft ganz besonders. Neben den generellen, Amazon-typischen Schattenseiten, beinhalten die Amazon Produktanzeigen auch einige Stolperfallen, die vermutlich schlicht Kinderkrankheiten des neuen Dienstes darstellen. So beansprucht Amazon auch bei den Anzeigenprodukten für sich die von Marketplace-Angeboten bekannten weitreichenden Rechte an den hochgeladenen Daten!
Für Händler teuer werden könnten einige Kinderkrankheiten der Amazon Produktanzeigen, beispielsweise die teilweise intransparente Weiterleitungs-Logik. Noch drastischer wirkt sich aus, dass es derzeit bei den Produktanzeigen (noch?) keine Budgetverteilung gibt: Bei niedrigen Tagesbudgets kann dies dazu führen, dass das Tagesbudget bereits am Vormittag aufgebraucht ist. Die Folge ist, dass die Anzeigen dann zu den von Amazon selbst genannten konversionsstärksten Zeiten – dem Mittag und dem Abend – nicht mehr geschaltet werden.
Erfahrungen und Tipps
Wir haben Nutzer der der Amazon Produktanzeigen zu ihren Erfahrungen befragt und sie dabei auch um Tipps gebeten. Viele Händler äußern große Vorbehalte gegenüber den Amazon-Anzeigen. Und auch die ersten Testläufe von Händlern fielen sehr unterschiedlich aus (siehe Chart).
Generell positiv fällt das Resumee von Mirko Platz, geschäftsführender Gesellschafter des Marketingdienstleisters ChannelPilot aus. ChannelPilot bietet Produktdatenschnittstellen für viele unterschiedliche Channels, darunter auch die neuen Amazon Produktanzeigen. Im Vergleich zu anderen Preisvergleichportalen beobachtet ChannelPilot bei den Amazon-Anzeigen derzeit noch eine spürbar geringere CTR (Click-Through-Rate), dafür aber höhere Konversionsraten: „Aus unserer Sicht bietet Amazon sich mit den Produktanzeigen sehr gut als weiteres Standbein zur Trafficgewinnung an!“ Vor überzogenen Erwartungen warnt Platz aber: „Ungenutzte Goldadern gibt es im Internet nicht mehr. Vielmehr kommt es darauf an, sich bei der Trafficgewinnung möglichst breit aufzustellen und die verschiedenen verfügbaren Channel strategisch optimal zu betreiben.“ Dazu gehört vor allem,
- für eine möglichst hohe Qualität der Produktdaten zu sorgen,
- die jeweils richtigen Produkte auszuwählen und
- die Kosten und Nutzen genau zu kalkulieren und darüber hinaus die CPO (Cost per Order) laufend zu kontrollieren: „Passt der CPO noch oder zahle ich womöglich drauf?“
Fazit
Die Amazon Produktanzeigen eröffnen Händlern eine interessante weitere Trafficquelle neben Google und Produktvergleichsportalen. Zwar lässt sich Amazon diesen Traffic vergleichsweise teuer bezahlen, dafür handelt es sich aber um Nutzer mit hoher Kauf-Affinität.
Für eine Konversion des Traffics, müssen sich Händler allerdings anstrengen, denn Amazonkunden haben eine extrem hohe Bindung an den Shopgiganten. Am besten gelingt es, wenn einerseits auf Produkte gesetzt wird, die auf Amazon (bzw. dem Amazon Marketplace) selbst nicht erhältlich sind. Solche Artikel sind tatsächlich auch die strategische Stoßrichtung Amazons. Zudem sollte genau gerechnet werden, für welche Produkte sich die Anzeigen lohnen können.
Gleichzeitig sollte der Produktdatenfeed dahingehend optimiert werden, dass kaufentscheidende Argumente wie die Lieferfähigkeit und die Versandkosten bereits bei der Produktdarstellung auf Amazon deutlich hervorgehoben werden. Im eigenen Shop sollten idealerweise speziell auf die Amazon-Kundschaft ausgerichtete Landeseiten die gewonnenen Besucher auffangen, um einen eventuellen „Schreck-Effekt“ oder Unsicherheiten der potentiellen Kunden direkt proaktiv auszuräumen.
Und schließlich müssen Händler bei den Amazon Produktanzeigen ein besonders enges Controlling fahren und laufend nachkalkulieren, ob sich der Einsatz (noch) lohnt bzw. die gewählten Artikel noch strategisch sinnvoll sind: Denn die Bedingungen bei den Amazon Produktanzeigen sind stark im Fluss: Einerseits dürfte die Wettbewerberdichte rasch zunehmen, was die Preise treiben wird. Gleichzeitig aber lernen auch die Kunden hinzu, was wiederum die Klickraten, aber auch die Konversionsraten in den Zielshops erhöhen sollte. Zu all dem wirkt das System derzeit etwas unausgereift und es ist sichtbar, dass Amazon noch ständig daran arbeitet. So steht zu hoffen, dass die unangenehmen Kinderkrankheiten zügig beseitigt werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Nicola Straub arbeitet seit 1999 als Projektleiterin für Internetplattformen. Darüberhinaus arbeitet sie als Workshopleiterin und Coach für Online-Marketing-Projekte und Content- Entwicklung. Seit 2005 schreibt sie regelmäßig auf shopanbieter.de und anderen Portalen über E-Commerce-Themen und ist Autorin vieler Ratgeber sowie eines E-Commerce-Buches.
Webseite: http://www.physalia.de |