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Liquiditätsoffensive: Wie Händler Lagerpenner identifizieren und loswerden

2020 ist für viele Händler ein schwieriges Jahr. Der Corona-Lockdown, der verschobene Prime-Day, die Konsumzurückhaltung auf Käuferseite – vieles hat in diesem Jahr zu unberechenbaren Störungen im Geschäft geführt. Das zehrt bei so manchem Verkäufer an der Liquidität. Doch vor dem Canossa-Gang zur Hausbank auf der Suche nach einem Kredit sollten Händler erst einmal ins eigene Lager schauen – und Penner-Produkte, die dort nur Platz wegnehmen, ohne Gewinn zu erzielen, und dabei Liquidität binden, identifizieren und loswerden. Die meisten Händler werden staunen, wieviel Liquidität hier durch einfache Mittel frei wird. 

Fun Fact: Die meisten Händler sind nicht in erster Linie Verkäufer – also Menschen, die Produkte einkaufen und diese an Konsumenten weiterverkaufen – sondern vor allem Produktverwalter: Sie kaufen Produkte ein und schieben einen Großteil ihrer Ware dann bei jeder jährlichen Inventur von einem Platz im Lager auf einen anderen. 

Kaum zu glauben? Trotzdem wahr: Bei meiner über 20-jährigen Beratungstätigkeit habe ich festgestellt: Die meisten Händler haben viel mehr Lagerpenner – also Produkte, die sich in den letzten 12 Monaten kein einziges Mal verkauft haben – als sie selbst glauben. Schauen wir uns ein typisches Sortiment etwas genauer an: Erfahrungsgemäß erwirtschaften Händler mit nur 5 bis 10 Prozent ihrer Produkte 80 Prozent ihres Umsatzes. Diese A- und A+-Artikel sind des Händlers liebste Topseller, die schnell durchs Lager drehen und regelmäßig abverkauft und nachbestellt werden. Dann gibt meist noch einen größeren Bestand an B-Artikeln: Diese Produkte sind für weitere 10 – 15 Prozent des Umsatzes verantwortlich, belegen im Lager aber rund 40-50 Prozent der Regale. Und dann ist da noch der ganze Rest, die C-Artikel.

Schauen wir uns dazu einmal die echten Zahlen eines Beratungskunden von mir an, der eine ABC-XYZ-Analyse durchgeführt hat, um herauszufinden, welche seiner Produkte sich in den letzten 12 Monaten verkauft haben und welchen Umsatz sie jeweils erzielt haben. (Wie so eine Lagerbestandsanalyse geht und was Sie dafür brauchen, können Sie übrigens hier genauer nachlesen).

Mit einer ABC-Analyse filtert man das Sortiment nach Umsatz, mit einer XYZ-Analyse nach Gängigkeit

Machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest

Tipp der Redaktion: Unser Partner DataWow analysiert Ihre Daten und zeigt Ihnen auf, wie Sie nicht nur Umsatz und Ertrag signifikant steigern können, sondern auch Ihre Liquidität, Lager und Sortiment optimieren. Dies ist die beste Ausgangslage, um möglichst unbeschadet aus der zu erwartenden Lieferkrise mit deren Folgeschäden für den Online-Handel herauszukommen und danach gesund durchzustarten.

Sehen Sie hier einen beispielhaften Ausschnitt Ihrer Analysen

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Ein Blick auf die Nach ABC und XYZ gefilterten Zahlen zeigt eine deutliche Clustering im C/X-Bereich: 19,5 Prozent der Produkte dieses Händlers haben in den letzten 12 Monaten kaum Umsatz gemacht. 14,5 Prozent der Produkte haben sich im letzten Jahr sogar kein einziges Mal gekauft. Das bedeutet: Ein Drittel des Lagers ist mit totem Kapital belegt, das dem Händler an anderer Stelle fehlt, beispielsweise um neue Produkte zu kaufen oder Geschäftsinvestitionen anzustoßen. 

Bevor Sie jetzt ungläubig den Kopf schütteln: Diese Perzentile sind nicht ungewöhnlich und haben auch mit der Größe eines Händlers wenig zu tun. Der Amazon-Seller ACE Deutschland beispielsweise fand bei seiner Lagerbestandsanalyse auch einen Penneranteil von rund 30 Prozent. Bei vielen Händlern belegt das tote Kapital sogar 50 Prozent des Lagerplatzes. 

Garnichtdreher identifizieren und loswerden

Klassische Kaufmannsregel: Produkte, die sich in den letzten 12 Monaten kein einziges Mal verkauft haben, werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht verkaufen. Diese Garnichtdreher gilt es als erstes zu identifizieren. Das geht mit einer einfachen Excel-Analyse und folgenden Daten:

Das reicht schon, um die Penner im Lager übersichtlich aufzulisten. Natürlich können Sie jetzt mit hohen Investitionen ins Marketing versuchen, Wiederbelebungsmaßnahmen zu starten, und vielleicht generieren Sie damit sogar ein paar Umsätze – während gleichzeitig die Kosten Artikel, die Ihnen im letzten Jahr keine Cent eingebracht haben, weiter ansteigen. Sie merken schon, hier ist Sentimentalität nicht angebracht. Oder wie Klaus Forsthofer von ACE Deutschland im Rahmen unseres gemeinsamen Controlling-Projekts sagte: „Wenn man Controlling ernst meinst, muss man ein paar heilige Kühe schlachten.“

Haben Sie die Garnichtdreher identifiziert, gilt es, diese Produkte, die Kosten und Arbeitsaufwand verursachen, das Lager zumüllen und Kapital binden, möglichst schnell loszuwerden. Und dafür fangen Sie mit der Schlachtung am besten bei den 20 Produkten mit dem höchsten Lagerbestandswert (Flop 20) an – und mit einer Marktanalyse: Welche Preise rufen Wettbewerber aktuell für diese Produkte auf? Auf welchen zusätzlichen Verkaufswegen könnten Sie die Produkte noch anbieten, gibt es andere Plattformen (auch international), auf denen diese Waren noch nicht im Überschuss angeboten werden?

Steht fest, wo und zu welchen Preisen Sie Ihre Garnichtdreher am besten loswerden können, kommt es zum Abverkauf: Reduzieren Sie die Preise Ihrer Flop 20 gerade soweit, dass Sie die Wettbewerber unterbieten und reduzieren Sie den Rest der Garnichtdreher pauschal um einen bestimmten Prozentsatz. Begleiten Sie den Abverkauf mit günstigen Marketing-Aktionen wie Newsletter-Versand oder Teaser im Online-Shop, schnüren Sie günstige Bundles mit anderen Produkten oder legen Sie die Produkte als kostenloses Goodie anderen Bestellungen bei.

Einige Wochen später ist es Zeit für eine weitere Analyse der ehemaligen Garnichtdreher: Wie sehen die Lagerbestandszahlen mittlerweile aus, haben sich die Regale schon geleert? Falls der Abverkauf nicht ausreichend gut angelaufen ist, sollte jetzt eine weitere Preissenkung folgen – und für die verbliebenen Reste in einem dritten Schritt eine Senkung unter Einkaufswert. Auch Restposten-Portale können eine Alternative darstellen. Und wenn gar nichts mehr hilft, bleibt noch spenden, verschenken oder entsorgen. Auch wenn das Händlerherz dabei blutet. Und wenn Sie die Artikel endlich losgeworden sind, werfen Sie noch einen Kontrollblick auf die Einkaufslisten – so mancher Garnichtdreher wurde nach einem nervenaufreibenden Abverkauft von der Einkaufsabteilung wieder nachbestellt, weil keiner daran gedacht hatte, die Einkaufsanweisungen zu ändern. 

Sind Sie die Garnichtdreher im Sortiment erfolgreich losgeworden, können Sie sich als nächstes die Langsamdreher anschauen – also die Artikel, die sich nur tröpfenweise verkaufen. Hier muss man etwas genauer hinschauen wie bei den Garnichtdrehern – und wie das  geht erklären wir Ihnen im nächsten Teil unserer Serie „Controlling in der Praxis“. 

Webinaraufzeichnung

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung eines unserer kostenlosen Webinare zum E-Commerce Controlling. Sie können sich das Webinar gerne hier ansehen bzw. wäre das sowieso unsere dringende Empfehlung:
Webinaraufzeichnung: So gelingt Ihnen der schnelle Abbau von Lagerpennern

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