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Einspruch: Warum es keinen deutschen Thrasio-Klon geben wird

Die E-Commerce-Branche neigt bekanntlich dazu, Säue durchs Dorf zu treiben. Das neueste Borstentier heißt Thrasio: Das US-Unicorn kauft massenhaft FBA-Geschäftsmodelle auf, entwickelt diese weiter – und erzielte damit in den letzten 12 Monaten einen Gewinn von 35 Millionen US-Dollar. Nun formieren sich in Deutschland die Nachahmer; uns sind jetzt schon fast 20 Unternehmen bekannt, die gerade an einem deutschen Thrasio-Klon feilen. Doch dieses Unterfangen wird für die meisten von ihnen scheitern – an einem zu kleinen Markt und an der typisch deutschen Kaufmannsmentalität.

Das Geschäftsmodell von Thrasio ist auf den ersten Blick bestechend einfach: Massenhaft kleine FBA-Unternehmen in standardisierten Prozessen aufkaufen, von unternehmensweiten Synergieeffekten in den Bereichen Einkauf, Logistik und Marketing profitieren, das Geschäft optimieren und dadurch extrem schnell in die Gewinnzone bringen. Ein bisschen WirkaufendeinAuto.de für Geschäftsleute – das ist ja auch schon ein Unicorn. 

Convenience schlägt Preis

Der Vergleich ist nicht weit hergeholt: Sowohl Thrasio als auch Auto1 setzen bei ihren Käufen vor allem auf Masse, schnelle Prozesse und eine klare A-bisserl-Schwund-ist-immer-Mischkalkulation beim Preis. Fast 2 FBA-Business kauft Thrasio pro Monat – Auto1 kauft in der gleichen Zeit zehntausende Gebrauchtwagen. Der Reiz für den Verkäufer ist bei beiden Geschäftsmodellen der Gleiche: Der Verkauf geht schnell, ist ziemlich unkompliziert und am Ende bekommt man verlässlich einen halbwegs fairen Verkaufspreis aufs Konto überwiesen. 

Für Online-Händler, die sich zum Verkauf entschlossen haben, ist das ein echtes Argument: Wer mit seinem Unternehmen bereits so abgeschlossen hat, dass er es verkaufen will, hat im Allgemeinen JETZT die Schnauze voll. Oder er braucht JETZT das Geld und will sich JETZT den lebenslangen Traum vom eigenen Lamborghini erfüllen. Convenience ist das Argument, das Unternehmer dazu bringt, an Thrasio zu verkaufen und dabei einen Preis etwas unter Marktwert zu akzeptieren. 

Thrasio wiederum nimmt sicherlich in Kauf, dass ihnen im Rahmen der Turbo-Firmenübernahmen die eine oder andere Kröte durchrutscht – so wie WirkaufendeinAuto.de-Händler damit leben müssen, den einen oder anderen massiven Rostschaden im Unterboden bei ihrer Kurzinspektion zu übersehen. Bei Thrasio ist das eingepreist: Durch die enorme Masse an Firmenübernahmen, deren Potenzial sich auf Amazon voll entfalten lässt, wird das eine oder andere Verlust-Unternehmen ausgeglichen. 

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Im konkreten Kundenauftrag sucht unser M&A-Partner laufend, Onlineshops, Multichannel-Unternehmen (mit Amazon, Ebay etc.) und Amazon Pure Player.

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Übrigens: Freitag, den 13. November gibt es unser kostenloses Experten-Webinar: Was ist mein Onlinegeschäft wert und was muss ich bei einem Verkauf beachten?

Und in Deutschland? 

Bei den vielen Anfragen von deutschen Aufkäufern, die wir in den letzten Wochen über shopanbieter.de, erhalten haben, frage ich mich allerdings: Haben die deutschen Thrasio-Möchtegern-Klone den USP ihres US-Vorbilds wirklich verstanden? Denn von einer A-bisserl-Schwund-ist-immer-Mentalität ist bei deren Anfragen nichts zu spüren. Gesucht wird beinahe immer die umwerfend schöne UND sagenhaft reiche Braut. Ins Beuteschema fallen in der Regel ausschließlich junge Marken mit steiler Wachstumskurve UND guter Profitabilität, die zudem auch schon bewiesen haben, dass sie auf Amazon funktionieren UND im Idealfall schon Bestseller-Status erreicht haben.

Gesucht wird also beharrlich DAS künftige Unicorn, das man OHNE Risiko zu einem GÜNSTIGEN Preis kaufen kann.

Die Eier legende Wollmilchsau dürfte leichter zu finden sein – besonders, da das Angebot an gut funktionierenden Amazon-Businesses in Deutschland nicht übermäßig groß ist. Wenige tausend Amazon-Händler dürften es überhaupt auf einen Jahresumsatz von über 1 Million Euro bringen; und längst nicht alle von ihnen führen Eigenmarken oder bringen es auf die geforderten Profitabilitätswerte. Oder wollen ihr Business überhaupt verkaufen. 

Es ist auf dem deutschen Markt allein also so schon schwer genug, um auf die Thrasio-üblichen Ankauf-Massen zu kommen – die hohen Ansprüche der deutschen Interessenten dürften das Thrasio-Modell hierzulande endgültig unmöglich machen. 

[Gedanke am Rande: In anderen europäischen Märkten scheint der Thrasio-Trend noch nicht angekommen zu sein – zumindest ergaben in unserem kurzen Text Google-Suchanfragen auf italienisch oder französisch mit den Keywords „Verkaufen Sie Ihr Amazon-Business“ keine Treffer. Eventuell wäre also Platz für einen europaweit aktiven Thrasio-Klon?]

Lieber Trüffelschwein als Einhorn-Fänger

Gut möglich, dass die vielen Amazon-Aufkäufer, die aktuell wie Pilze aus dem Boden wachsen, sich bald ein Hauen und Stechen um die wenigen verkaufsbereiten UND interessanten FBA-Business liefern. Schade eigentlich, denn das interessantere Geschäft liegt eigentlich woanders: Immer noch gibt es in Deutschland viele kleinere Marken mit tollen Produkten, die entweder noch gar nicht auf Amazon vertreten sind oder dort ihr Potenzial bei weitem nicht ausschöpfen. Nicht weil die Produkte schlecht oder für Amazon nicht geeignet wären – sondern schlichtweg, weil der Markenhersteller kein Knowhow, keine Zeit oder keine Lust hat, sich mit Amazon zu beschäftigen. 

Darüber hinaus gibt es eine Menge geniale Produktentwickler, die tolle Problemlöser am laufenden Band erfinden – diese dann aber nicht an den Mann bringen, weil sie kein Händchen für Vertrieb und Marketing haben. Statt also auf die recht aussichtslose Einhorn-Jagd zu gehen – behindert von dutzenden anderen Möchtegern-Unicorn-Fängern – könnten sich die neuen Unternehmensinkubatoren als Trüffelschweine betätigen und die spannenden, innovativen, ausgewöhnlichen Produkte und Marken aufspüren, die noch nicht Amazon erfolgreich sind. Gut möglich, dass sich unter ihnen letztlich doch das eine oder andere Einhorn verbirgt.

Disclaimer: Natürlich werden es unter den zwanzig Thrasio-Klonen welche schaffen, ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu entwickeln – nur halt im kleineren Stil als in den USA. Beste Voraussetzungen haben dabei sicherlich die Unternehmen, die schon wissen, wie Amazon funktioniert, weil sie selbst auf Amazon erfolgreich waren oder sind. Die haben aber auch gar nicht den Anspruch, das nächste große Ding zu machen; sie entwickeln mit den Zukäufen lieber ihr eigenes Geschäft weiter.

Wenn Sie über den Verkauf Ihres Amazon- oder Online-Businesses nachdenken, möchte ich Ihnen zum Schluss noch unser unser nächstes kostenloses Online-Webinar ans Herz legen:  Am Freitag, den 13. November 2020 sprechen wir über das Thema: Was ist mein Onlinegeschäft wert und was muss ich bei einem Verkauf beachten?

Und natürlich können Sie auch – Achtung, Werbung in eigener Sache – mit uns unverbindlich Kontakt aufnehmen und sich zum Verkauf beraten lassen. Die Vergangenheit zeigt, dass wir unsere Erfolgsprovision für die komplette Verkaufsabwicklung oft schon durch höhere Verkaufspreise quasi selbst verdienten. Und die Händler hatten dennoch so gut wie nichts mit dem eigentlichen Unternehmensverkauf zu tun. 

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