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Total Cost of Ownership von Shopify – Was kostet Shopify einen Händler wirklich?

Shopify gehört zu den weltweit am meistbenutzten Shopsystemen weltweit. Auch in Deutschland gibt es, laut Eigenaussage, bereits einige Tausend aktive Installationen, darunter kleinere Händler genauso wie bekannte Marken, die schnell neue Produkte in den Markt bringen und abverkaufen möchten. Nun hat Shopify mit Hagen Meischner, einem der bekanntesten Gesichter in der Branche, neuerdings einen Country Manager am Start. Sicherlich mit nichts weniger als Ziel, den deutschen Markt aufzurollen. Grund genug, dass wir uns in unserem Artikel intensiv mit Zielgruppen und Kosten von Shopify auseinandersetzen.

Shopify – Eine SaaS B2C E-Commerce-Plattform

Shopify ist ein kanadischer Hersteller einer E-Commerce-Software für SMB bis Mid-Market-Unternehmen. Seine Stärken liegen in der einfachen Bedienung, der geringen technischen Komplexität und der weitreichenden Integration in soziale Medien. Hervorzuheben ist die strenge Trennung zwischen Back- und Frontend bei der Individualisierung. Entwickler haben nur rudimentären Zugriff auf das Frontend. Der Core Code kann nicht modifiziert werden. Neue Funktionalitäten werden als Microservices über API integriert.

Produktangebot

In Abhängigkeit des gewünschten Funktionsumfangs stellt Shopify seine E-Commerce-Plattform in verschiedenen Abstufungen zur Verfügung – für Kleinstunternehmen bis hin zu Mid-Market-Händlern. Der größte Unterschied bei den Paketen liegt in den zur Verfügung gestellten Personalkonten zur Verwaltung der Plattform. Die Funktionalitäten werden nur marginal erweitert. Wichtige Funktionalitäten müssen sie über den Marktplatz von Shopify als Erweiterung erwerben. Das Modell von Shopify lässt sich am ehesten so verstehen: Die Lizenzkosten, bestehend aus der festen Gebühr und dem umsatzbasierten Anteil, ist für die Technik, den Support und die Plattform im Allgemeinen. Ebenso erhalten sie ein Grundset an Funktionalitäten. Erweiterte Funktionen – die beim Betrieb eines größeren Unternehmens notwendig sind – müssen sie extra über den Marktplatz in Form von Erweiterungen bezahlen oder selbst entwickeln.

TCO-Analyse eines Demo-Händlers

Unser Demo-Händler für die TCO-Analyse hat sich für das Produkt Shopify Plus entschieden. Sein jährlicher Umsatz beträgt 1 Million US$, er hat 1000 Produkte inkl. Varianten in seinem Bestand. Er vertreibt nur über einen Channel, hat nur eine Währung, einige Erweiterungen und ein individualisiertes Frontend. Darüber hinaus benötigt unserer Händler zwei Integrationen in seine IT-Landschaft – in ein PIM und ein ERP. Da Shopify derzeit alle Preise in US-Dollar angibt, beruht die gesamte TCO-Betrachtung ebenfalls auf US-Dollar.

Lizenzkosten von Shopify

Das kleinste Paket „Shopify Basic“ erhebt neben der Abonnementgebühr von 29 US$ monatlich eine 2%ige umsatzbasierte Transaktionsgebühr. Bei den darauf aufbauenden Paketen „Shopify“, „Advanced Shopify“ und „Shopify PLUS“ steigt die Abonnementgebühr und die prozentuale Transaktionsgebühr sinkt. Die feste monatliche Gebühr wird bei Shopfiy Plus durch die Eligible Platform Transactions (EPT) ersetzt und beträgt 0,25% vom Umsatz (Stand Feb. 2017). Die EPT beginnt bei mindestens 2.000 US$ und steigt bis zu maximal 40.000 US$ an. Die Abrechnung erfolgt monatlich.

Eine Besonderheit von Shopify Plus ist, dass man einem Account / Success Manager zugeteilt wird. Dieser ist für eine bestimmte Stundenzahl im Monat für den Kunden verantwortlich und erteilt Hilfestellung und Ratschläge zur Verbesserung. Es erinnert etwas an das Success Team von Salesforce.

Unser Demo-Händler liegt mit seinem Umsatz bei knapp 2100 US$ monatlich.

Kosten für die Individualisierung

Die Corporate-Design-Anpassung können Sie über Templates vornehmen. Shopify nutzt dafür seine eigene Programmiersprache Liquid. Hierfür brauchen Sie Webentwickler. Die Entwicklerkosten liegen zwischen 25 – 75 US$ pro Stunde, wenn man sich auf den eingängigen Freelancer-Plattformen umsieht. Bei Agenturen liegen wir bei ca. 100 – 150 US$ pro Stunde. Innerhalb der Templates kann man nur begrenzt Logiken einbauen, um Funktionalitäten darzustellen. Dieser Nachteil hat einen großen Vorteil: Es können statische Files erzeugt werden, die einfach zu cachen sind und daher hoch performant ausgeliefert werden.

Tiefgreifende Funktionalitäten lassen sich nur als App über Mikroservices integrieren. Damit verfolgt Shopfiy einen API-driven Ansatz. Der Zeitbedarf für die App-Entwicklung basieren auf den Komplexitäten, dem Funktionsumfang und der generellen Projektgröße. Allerdings ist die Entwicklung eines Microservices nicht ohne. Sie müsste gegen die API entwickeln, brauchen meist eine eigene Datenbank und zusätzliche Infrastruktur. Dadurch rückt man selbst einen Schritt in Richtung Softwarehersteller. Daraus folgen langfristige Kosten durch Support, Betrieb und Migration. Das erhöht hinten heraus die Kosten.

Die Kosten der Individualisierung hängen von deren Tiefe und den Kosten der Agenturen ab. Grob gesprochen kann man bei Kleinstprojekten von 500 – 2000 US$ ausgehen. Nach oben gibt es keine Grenze. Für unseren Demo-Händler gehen wir aufgrund seiner Größe von Initial 65.000 US$ aus. Darüber hinaus fallen für gewöhnlich für Softwareprojekte auch jährliche Kosten im Rahmen von BAU (Business as Usual) an. Hauptsächlich sind dies IT-Personalkosten / Personentage, die mit der Wartung und Pflege entstehen. Shopify ist von sich aus aufgrund seines SaaS-Ansatzes und der klaren Trennung zwischen Kern und Frontend sehr wartungsarm. Magento wäre hier beispielsweise wesentlich kostenintensiver, da die Software hohe Wartungskosten hervorruft und jede kleine Veränderung im Frontend viele Personentage im Coding verschlingen kann. Die BAU-Kosten entstehen bei Shopify hauptsächlich durch die Entwicklung eigener Erweiterungen. Wir beziffern diese auf 20% des gesamten Projektvolumens.

Hosting- und Support-Kosten

Anfallende Kosten für Hosting und Support sind bereits in den Lizenzkosten inkludiert. Die technische Architektur und das SaaS-Konzept machen Shopify verantwortlich für den Betrieb, die Sicherheit und den Support der E-Commerce-Plattform. Neue Funktionalitäten werden für alle Kunden auf einmal veröffentlicht und bei einer Downtime trifft die alle gleichermaßen.

Kosten für Drittanbieter

Shopify stellt verschiedene Zahlungsarten und Payment Provider zur Verfügung. In den meisten angelsächischen Ländern wird Shopify Payments als Payment Provider angeboten. Bei Onlineverkäufen fallen entsprechend der Produktwahl zwischen 2,4 und 2,9% vom Umsatz plus 0,30 US$ an. In der Point-of-Sale-Lösung (in Person Rate) werden hier zwischen 2,4 – 2,7% vom Umsatz berechnet. Das hauseigene Shopfiy Payments steht derzeit in Deutschland nicht zur Verfügung. Deswegen verwenden wir PayPal PLUS und sehen uns die Kostenstruktur dafür an. Legen wir die 1 Million US$ Jahresumsatz an, liegen wir bei 0,35 € pro Bestellung plus 1,79% vom Umsatz. Der durchschnittliche Warenkorb unseres Händlers beträgt 100 US$. Damit hat er im Monat ca. 835 Bestellungen.

Da Shopify nicht alle notwendigen Funktionalitäten out-of-the-box mitliefert – bspw. erweiterte SEO-Tools, Personalisierung oder eine leistungsfähige On-Site-Suche –, brauchen wir kostenpflichtige Apps von der Community. Für unseren Demo-Händler gehen wir von 250 US$ im Monat für diese Apps aus.

Wie sehen die Kosten für unseren Demo-Händler im Detail aus?

Im ersten Jahr belaufen sich die TCO auf: 127.600 US$ und machen damit 12,7% vom Umsatz aus. Im zweiten sowie im dritten Jahr belaufen sich die Kosten nur noch auf jeweils 62.600 US$. Nach drei Jahren hat unser Demo-Händler 252.800 US$ für den Betrieb seines Shops ausgegeben.

Für wen ist eigentlich Shopify geeignet?

Shopify eignet sich für B2C-Einzelunternehmen bis zu Mid-Markt-Händler oder Markenhersteller. Durch die Point-of-Sale-Integration können Unternehmen mit Fläche auf einfachem Weg einen zusätzlichen Verkaufskanal etablieren und diesen mit Social Medias leicht verknüpfen. Ein weiterer Vorteil ist die sehr schnelle Time-to-Market. Hier machen sich die hohe Standardisierung und der SaaS-Ansatz bezahlt. Es schließt sich gut an Magento Commerce im unteren Segment an.

Komplexere Geschäftsmodelle und Internationalisierungsszenarien lassen sich mit Shopfiy nur schwerlich umsetzen. Beispielsweise Multistore-Konzepte auf verschiedenen Stufen, wie es Markenhersteller mit verschiedenen Marken brauchen. Das machen andere besser. Hierfür fehlt beispielsweise auch ein leistungsfähiges PIM. Ein weiterer Knackpunkt ist das schwache Content-Managementsystem. Shopware zeigt hier ein wesentlich besseres Bild mit seinem „Emotional Selling“-Ansatz. Die native Suchfunktion könnte auch besser sein, allerdings wird diese erst bei großen Stores wirklich wichtig.

Fazit

Shopify ist für kleinere Unternehmen im Fast Moving Consumer Good (FMCG) oder Fashion-Bereich interessant. Gerade der geringe technische Overhead ist für diese Unternehmen wichtig. Wir bewegen uns immer mehr in einer Best-of-Breed-Welt, in der Kernprozesse der E-Commerce-Plattform und das Frontend strikt getrennt werden. Das Frontend muss nach vorne hin flexibel, agil sein und vom Unternehmen betrieben werden können. Es ist die Spielwiese, auf der neue Konzepte ausprobiert werden und die Interaktion mit dem Endkunden stattfindet.

Die Wartung, den Betrieb und das Management der E-Commerce-Plattform sollte eigentlich durch den Hersteller erfolgen. Er hat die meiste Erfahrung mit dem System und muss es performant und skalierbar halten. Negativbeispiele sind Ritter Sport und die Rosa Einhornschokolade. Ein Zusammenbruch der E-Commerce-Plattform sorgt in jedem Fall für Imageschaden und hohe Umsatzausfälle.

Für die TCO-Kalkulation ist noch eines wichtig: In einer Forrester Studie von 2012 wurde herausgefunden, dass bei der Hälfte aller E-Commerce-Projekte die TCO über den geplanten TCO lagen. Meist liegt es daran, dass Hersteller mehr von sich behaupten als Sie können und Kunden weniger wissen als Sie denken.

Unter dem Pseudonym Marian Haller analysiert unser Gastautor vor allem Shopsysteme und –technologien. Dies ist auch sein berufliches Hauptbetätigungsfeld im E-Commerce. Er gilt als ausgesprochener Experte auf diesem Gebiet.

Hier gibt es alle Beiträge von Marian Haller zum Nachlesen.

 

Bildquelle: © bigstock.com/ StanciuC

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