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Praxisanleitung: So finden Sie die Penner in Ihrem Lager

Seit Jahren tingle ich durch die Branche und predige das Evangelium der Zahlengetriebenheit. Das Mantra: Jedes Handels-Business lässt sich durch ein paar schlichte Excel-Tabellen und gute Kenntnis des eigenen Sortiments signifikant verbessern. Schon mit wenig Zeitaufwand kann man mit gut durchdachten Controlling-Mechanismen viel erreichen – zum Beispiel mit einer ordentlichen Lagerbestandsanalyse.

Wie viele Artikel haben Sie im Sortiment? 10? 100? 1.000? Egal, wie viele es sind, ich verspreche Ihnen: Mindestens 20 bis 30 Prozent davon haben Ihr Lager in den letzten zwölf Monaten nicht einmal verlassen, tragen so nichts zum Umsatz bei und blockieren mit viel zu hohen Beständen wertvolle Liquidität. Und machen wir uns nichts vor: Diese Produkte werden sich auch die nächsten zwölf Monate nicht verkaufen.

Dabei könnte alles so einfach sein:

Schritt 1: Lagerbestand unter die Lupe nehmen

Glauben Sie nicht? Dann nehmen wir uns doch mal ein bisschen Zeit für eine Lagerbestandsanalyse. Dafür brauchen Sie nichts weiter als Excel und ein paar essenzielle Zahlen, nämlich:

Alles beisammen? Dann könnte Ihre Excel-Tabelle ungefähr so aussehen:

Mit ein paar einfachen Formeln berechnet man den durchschnittlichen täglichen Absatz eines Produkts, den aktuellen Wert, den die gelagerten Artikel binden, und die Reichweite, die darstellt, wie lang der aktuelle Lagerbestand eines Produkts noch vorhält, wenn der durchschnittliche Absatz so bleibt wie bisher.

Und schon sieht man auf den ersten Blick: Manche Produkte sind Renner: Sie drehen sich im Lager schnell, haben sich in den letzten Monaten gut verkauft, der Lagerwert ist gerade so hoch, damit man nicht Out-of-Stock läuft.

Aber viele Produkte sind Penner: Sie haben das Lager in den letzten Monaten selten bis nie verlassen und der angehäufte Lagerbestand wird beim aktuellen durchschnittlichen Abverkauf noch Jahre reichen.

An dieser Stelle erschrecken die meisten Händler, weil ein viel größerer Teil ihres Lagers mit Pennern zugestellt ist, als sie gedacht hätten – mindestens 20 – 30% sind die Regel. Nimmt man die Produkte dazu, die sich bestenfalls in homöopathischer Menge verkauft haben, ist man schnell bei der Hälfte des Sortiments, oder noch mehr. Bei diesen Produkten sollte man sich gut überlegen, ob man sie noch länger im Sortiment haben möchte oder nicht doch besser, im Zweifel mit Verlust, schnell abverkauft.

Andererseits werden in diesem Schritt auch oft Produkte als Renner identifiziert, die man bisher gar nicht als große Umsatzbringer auf dem Zettel hatte – was dann eine Erklärung für so manche bisher unerwartete Out-of-Stock-Situation ist.

Und wie wir im zweiten Teil, dieser Mini-Artikelreihe, noch erfahren werden, werden in aller Regel mit nur 5-10% des Sortiments 80% des Umsatzes generiert!

Unsere kostenlosen Tools

Mit unserer Risikoanalyse erfahren Sie, wie Ihre Situation allgemein und im Vergleich zum Wettbewerb zu beurteilen ist. Dabei bewerten wir nicht nur die IST-Situation, sondern ermitteln auch Ihre Zukunftsaussichten: Risikoanalyse und Wettbewerbsvergleich

Was  noch:

Schritt 2: Deckungsbeitrag II kalkulieren

Bevor Sie jetzt aber jubelnd Renner nachbestellen und fluchend Penner abverkaufen, sollten Sie noch ein bisschen genauer in Ihre Zahlen schauen. Denn nur weil ein Produkt oft verkauft wird, heißt das ja nicht automatisch, dass es auch unterm Strich viel Gewinn erzielt. Zeit also für eine klassische Deckungsbeitrag (DB) II-Berechnung. Dafür brauchen Sie wieder nur Excel sowie

Anmerkung: Die ersten drei Kennzahlen, haben Sie ja bereits aus der Lagerauswertung. Sie müssen also nur noch ermitteln, was Sie Marketing / Marktplatzgebühren, Payment und Logistik ungefähr kosten. Auch hier gilt wieder: Wenn Sie nicht genau wissen, welche Kosten ein Produkt in Sachen Marketing, Payment und Logistik (dazu gehören eventuell auch Retourenkosten) verursacht, dann schätzen Sie so gut es geht – eine geschätzte Zahl ist besser als gar keine. Auch mit einer Annäherung kann man schon ein Gefühl dafür entwickeln, welche Produkte sich lohnen und welche nicht.

Ihre Tabelle könnte jetzt etwa so aussehen:

Jetzt wird es wieder interessant: Bei der DB II-Auswertung zeigt sich oftmals, dass manche Produkte, die sich schnell durchs Lager drehen und hohe Umsätze erzeugen, das Unternehmen unterm Strich kaum weiterbringen, weil beispielsweise ihre ohnehin geringe Marge von Marketing- oder Logistik-Kosten aufgefressen werden.

Auch, der kürzlich insolvent gegangene Werkzeug-Händler arturus24, weiß davon ein Lied zu singen: Ohne es zu merken, verkauft der Werkzeughändler einige seiner Bestseller mit Verlust 

Bei solchen Produkten ist Aktion gefragt: Hier müssen Einkaufspreise oder verbundene Kosten möglichst gesenkt oder der Verkaufspreis erhöht werden, damit sich das Produkt lohnt. Produkte mit hohem Deckungsbeitrag, aber schlechten Verkaufszahlen sind wiederum ein Fall fürs Marketing: Hier sollte der Absatz dringend gesteigert werden, weil sich jeder Verkauf überdurchschnittlich positiv auf den Gewinn unterm Strich auswirkt.

Wer es noch genauer haben will, berechnet den Deckungsbeitrag II für jeden einzelnen Verkaufskanal – also z.B. für den eigenen Shop, für ebay und für Amazon. Dabei stellt sich dann schnell heraus, welches Produkt auf welchem Kanal am besten aufgehoben ist und wo es unterm Strich den meisten Gewinn erzielt. Auch hier sehen wir in unserem Beratungsgeschäft regelmäßig einen Oha-Effekt bei den Händlern.

Wie man mit einer noch genaueren Analyse aus dem Zahlensalat strategische Geschäftsentscheidungen für die Sortimentsplanung ableiten kann, erkläre ich Ihnen im zweiten Teil.

Disclaimer: Ja, die von uns vorgestellte Vorgehensweise ist ein sehr pragmatischer Ansatz. Aber sie funktioniert sehr gut. Und nichts zu tun, ist ja auch keine Lösung!

Bildquelle: Nordroden @ bigstockphoto

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