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„Wie kann ich Ihnen helfen?“: Deutsche Online-Shopper lieben nach wie vor das Telefon

Wenn es um Kundenservice geht, redet heute die ganze Branche mit Vorliebe über Chatbots. Oder über WhatsApp. Die gute, alte Telefonhotline nimmt sich gegenüber diesen modernen Service-Versprechen mittlerweile recht altbacken aus, sie riecht förmlich nach unerträglicher Warteschleifen-Musik und inkompetenten, unfreundlichen Beratern mit chinesischem Akzent. Doch das ist ein Trugschluss: Denn auch heute wollen die Kunden immer noch telefonieren. Und Online-Händler tun gut daran, ihnen diesen Wunsch zu erfüllen.

Ein Drittel der deutschen Online-Käufer ruft bei Problemen am liebsten die Hotline an, statt sich durch FAQs zu klicken oder eine E-Mail an eine Support-Adresse zu tippen. Damit ist das Telefon zwar nicht mehr der Lieblingskontaktkanal (diese Krone gebührt der E-Mail) und gerät auch dank moderner Kommunikationsmethoden wie Messengern, Chat oder dem Kundenkontakt über soziale Medien, den vor allem die jüngere Generation bevorzugt, immer weiter ins Hintertreffen, generiert aber immer noch eine beachtliche Menge an Kundenkontakten. Otto zum Beispiel telefonierte im Jahr 2017 mit sage und schreibe 12,5 Millionen Kunden, wie der Versandhändler kürzlich in einer Infografik zu seiner Kundenservice-Strategie verlauten ließ.

Die Studie kann natürlich auch bedeuten, dass es Otto ganz einfach nicht gelingt, ihre Kunden auf modernere Kommunikationskanäle zu bringen. Aber ich kenne auch andere, durchaus größere, Online-Händler die noch einen relativ hohen Anteil an  Telefonbestellungen verzeichnen. Das heißt: Auch 2018 kommen Online-Händler nicht ohne Hotline aus. Das beweist auch eine kurze Recherche unter den Top 20 der umsatzstärksten Online-Shops Deutschlands: Alle unterhalten neben anderen Kontaktkanälen auch eine Hotline.

Das telefonische Support-Angebot der 20 größten deutschen Online-Händler

Amazon Kostenlose Hotline 24/7, kostenloser Rückrufservice
Otto Kostenpflichtige Hotline 24/7, kostenloser Rückrufservice
Zalando kostenlose Hotline 7-22 Uhr
Notebooksbilliger kostenpflichtige Hotline, Mo-Fr 6 – 21.30 Uhr, Sa 8-20 Uhr
Bonprix kostenpflichtige Hotline, Mo-Sa 7 -23 Uhr, So 8-23 Uhr
Media-Markt kostenpflichtige Hotline, Mo-Sa 8-21 Uhr
Cyberport Kostenpflichtige Hotline, Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 10-20 Uhr
Conrad Kostenpflichtige Hotline Mo-Sa 7-20 Uhr
Tchibo Kostenlose Hotline Mo-So 7-22 Uhr
Alternate Kostenpflichtige Hotline Mo-Fr 9-18 Uhr
H&M Kostenlose Hotline Mo-Fr 8-21 Uhr, Sa-So 9-17 Uhr
Baur Versand Kostenpflichtige Hotline Mo-So 6-23 Uhr
Apple Kostenlose Hotline 24/7, kostenloser Rückrufservice
Saturn Kostenpflichtige Hotline, Mo-Sa 8-21 Uhr
DocMorris Kostenfreie Hotline Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-13 Uhr
Musikhaus Thomann Kostenpflichtige Hotline Mo-Fr 9.30-18.30 Uhr, Sa 9.30 – 16 Uhr
Esprit Kostenpflichtige Hotline Mo-So 8-22 Uhr
Mytoys Kostenpflichtige Hotline Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa-So 10-18 Uhr
Mindfactory Kostenpflichtige Hotline Mo-Fr 9-18 Uhr, Sa 9-16 Uhr, kostenloser Rückrufservice
Zooplus Kostenpflichtige Hotline Mo-Fr 8-19 Uhr, Sa 8-14 Uhr

Gerade bei akuten Problemen mit einem Produkt greifen die Kunden aktueller Studien von Forrester zufolge gern zum Telefon – in der Hoffnung, schnell und unkompliziert im Gespräch mit einem Berater eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Das heißt im Umkehrschluss: Der Kundenanspruch an die Hotline ist hoch. Vor allem schnell soll es gehen, man will nicht viel Zeit in der Warteschleife verbringen oder sein Anliegen immer wieder anderen Kundenberatern erklären müssen. Auch bei Inkompetenz oder Unhöflichkeit auf Seiten der Kundenberater sehen Kunden rot – die Service-Bewertungen der Telekommunikationsanbieter singen davon regelmäßig ein Liedchen. Andererseits sagen zwei Drittel der Deutschen laut der aktuellen „Trusted Brands“-Studie: „Ein guter Kundenservice, eine gut funktionierende Service-Hotline, kann meine Bindung an ein Unternehmen bzw. eine Marke durchaus stärken.“

Wobei es durchaus regionale Unterschiede gibt, wie Salesupply, einem Anbieter von internationalen Call Center Outsourcing Lösungen, bei einer Untersuchung von 180.000 Kundenanfragen ermittelte. So telefoniert USA mit 9% am Wenigsten und nutzt stattdessen zu 91% E-Mail. Deutschland dagegen liegt mit 31% telefonieren und 69% E-Mail-Nutzung am anderen Ende der Skala.

 

Interner Kundenservice oder externes Callcenter?

Das stellt Online-Händler vor ein Problem: Einerseits handelt es sich beim überwiegenden Teil der telefonischen Anfragen um einfache, sogenannte First-Level-Gespräche. Die meisten Kunden wollen wissen: Wo ist mein Paket? Ist meine Rücksendung angekommen? Hat die Zahlung funktioniert? Solche Standard-Fragen kann ein gut geschulter Callcenter-Mitarbeiter ohne tiefere Fachkenntnis schnell beantworten. Mit komplexeren Anfragen hingegen, beispielsweise zur Bedienung eines bestellten Produkt oder zu technischen Details eines Artikels im Webshop, sind externe Mitarbeiter oft überfordert und können mit unzureichenden oder sogar falschen Antworten das Kundenvertrauen beschädigen. Hochkompetente Berater aus den eigenen Reihen wiederum wären mit der Beantwortung von First-Level-Anfragen unterfordert – und verschwendet.

Ein weiteres Problem: Die meisten Anrufe in der Hotline kommen am Abend, wenn die Kunden Feierabend haben und zur „Shopping Prime Time“ zwischen 19 und 23 Uhr mit dem Tablet auf dem Sofa sitzen. Eine Hotline, die zu dieser Zeit nicht erreichbar ist, verpasst große Teile ihrer Zielgruppe.

Der Baur-Versand betreibt zwei Hotline-
Nummern für Anfragen vor und nach Erhalt der Rechnung

Einige Online-Händler setzen daher beim Telefonsupport auf eine Mischform und bieten eine Nummer für typische First-Level-Anfragen wie dem Verbleib des Pakets an, die auch abends noch erreichbar ist und von weniger qualifizierten Callcenter-Mitarbeitern beantwortet wird – sowie eine andere Nummer für tiefergehende Nachfragen, deren Erreichbarkeit sich an den Arbeitszeiten der Fachberater orientiert. Andere verknüpfen internen und externen Support eng miteinander, so dass ein Kunde mit allen Informationen zu seiner Anfrage von der First- zur Second-Level-Stelle weitergegeben werden kann.

Wieder andere versuchen die Planbarkeit von Telefonanfragen durch die Integration von Call-Back-Buttons zu erhöhen: Über ein Formular wird der Kunde aufgefordert, den Grund seines Anliegens zu hinterlassen, dann wird ihm ein kostenloser Rückruf versprochen.

Für die Zukunft ist eine Mischung der verschiedenen Kommunikationskanäle zu erwarten: Während  First-Level-Anfragen auch heute schon von günstigen Chatbots bereits recht gut erledigt werden können, wird die Beantwortung komplexerer Fragen wohl noch eine ganze Weile lang in Menschenhand liegen – und solange hat auch die Hotline im Service-Mix ihre Berechtigung.

Bildquelle: Igor Serdiuk @ bigstockphoto und eigene Screenshots

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