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Amazon- und eBay-Händler aufgepasst: Es drohen Abmahnungen

Und schon wieder müssen Online-Händler mit Abmahnungen rechnen, obwohl sie für die – vermeintlich – rechtswidrige Gestaltung der betreffenden Verkaufsplattform nicht verantwortlich sind. Diesmal betrifft es den Warenverkauf über Amazon und eBay, genauer gesagt, die damit verbundene Weiterempfehlungsfunktion.

Verschiedene Stellen berichten bereits über einen Beschluss des Landgerichts (LG) Arnsberg, das eine einstweilige Verfügung gegen einen Unternehmer erlassen hat, der seine Waren über Amazon anbietet. Bei den Angeboten befindet sich standardmäßig eine Weiterempfehlungs-Funktion, die vom Händler nicht deaktiviert werden kann. Nun soll es auch Abmahnungen gegen eBay-Händler wegen dieser Funktion geben.

Weiterempfehlungsfunktion bei Amazon: so funktioniert es

Möchte ein registrierter Amazon-Nutzer das Produkt eines Händlers weiterempfehlen, kann er einen Link betätigen, der sich bei dem entsprechenden Artikel befindet. Daraufhin öffnet sich ein standardisiertes E-Mail-Fenster. Dort trägt der Nutzer die E-Mail-Adresse ein, an die die Produktempfehlung versendet werden soll und ggf. einen individuellen Text. Innerhalb der E-Mail, die der Adressat erhält, erscheint der empfehlende Nutzer als Absender. Der Händler, der den Artikel anbietet, erscheint weder im Betreff noch im Inhalt der Mail. Weitergehende Produktwerbung erfolgt ebenfalls nicht.

Um die Empfehlungs-Mail versenden zu können, ist nicht erforderlich, dass der Adressat einem Empfang zugestimmt hat.

Das war der Stein des Anstoßes: fehlende Zustimmung

Der abmahnende Unternehmer ist der Auffassung, dass es sich bei der Empfehlungs-E-Mail um eine unzumutbare Belästigung handelt, da der Empfänger der Zusendung nicht zugestimmt hat. Derartige Produktwerbung wäre deshalb nach dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) unzulässig. In seiner Argumentation bezieht sich der Abmahner auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur „tell-a-friend“-Funktion.

Hintergrund: „tell-a-friend“-Funktion

Ausgangspunkt des Rechtsstreits dürfte das Bestreben von Gesetzgeber und Rechtsprechung sein, ausufernde Werbung über E-Mails zu verhindern. Die Gerichte haben zu diesem Zweck eine mittelbare Haftung des „werbenden“ Unternehmers für die Versendung von Produktempfehlungen entwickelt, auch wenn nicht er selbst sondern ein Dritter (etwa ein Kunde) die Empfehlungs-Mail verschickt. In dem Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, erschien der Warenverkäufer als Absender der E-Mail. Deshalb rechnet ihm der BGH die Werbung für das Produkt auch zu und macht ihn für den Mail-Versand verantwortlich.

Derartige unverlangt zugesendete Empfehlungs-E-Mails klassifiziert der BGH als „unzumutbare Belästigung“ im Sinne des Gesetzes und erklärt sie für unzulässig. Wer solche E-Mails dennoch verschickt oder die Option „tell a friend“ zur Verfügung stellt, kann folglich abgemahnt werden.

Weiterempfehlungsfunktion bei Amazon: Erfolgsaussichten der Abmahnung

Diese Rechtsprechung zur „tell-a-friend“-Funktion dürfte allerdings nicht ohne weiteres auf die Produktempfehlung über Amazon und eBay übertragbar sein.

Bei dem Fall, den die BGH-Richter zu beurteilen hatten, erschien der Anbieter des empfohlenen Produktes als Absender der Mail. Für den Empfänger ergab sich deshalb der Eindruck, dass der Verkäufer selbst die Werbung veranlasst hat und nicht ein Dritter, wie es tatsächlich der Fall war.

Weiterempfehlung als „Laienwerbung“

Bei der E-Mail, die der Adressat von Amazon erhält, erscheint der Händler weder im Betreff noch im Mail-Inhalt. Der Eindruck, die Werbung stamme vom Unternehmer, ergibt sich hier folglich gerade nicht. Die E-Mail kann ihm dann aber auch nicht zugerechnet werden. Der Amazon-Händler stellt lediglich die technische Möglichkeit der – „bequemen“ – Versendung einer Empfehlungs-Mail in Form einer „Laienwerbung“ zur Verfügung. Ob das allerdings als Belästigung im rechtlichen Sinne zu beurteilen ist, muss sich erst noch  – durch entsprechende gerichtliche Entscheidungen – zeigen. Derzeit erscheint es unwahrscheinlich.

Keine ausufernde Werbung mangels „Additionsgefahr“

Auch die Gefahr der ausufernden Werbung per E-Mail, wie sie die Rechtsprechung verhindern will, besteht in diesem Fall nicht. Zum einen können ausschließlich registrierte Amazon-Nutzer die Weiterempfehlungsfunktion verwenden, zum anderen können die Produktempfehlungen nur an einzelne, bestimmte Adressaten versendet werden. Es fehlt also an einer sog. „Additionsgefahr“. Innerhalb einer Empfehlung kann nur eine E-Mail-Adresse angegeben werden, die dem Empfehlenden bekannt ist. Da außerdem der Empfehlende selbst als Absender erscheint, ist die E-Mail ihm und nicht dem Verkäufer zuzurechnen.

Handlungsbedarf: Abwarten oder Amazon- und/oder eBay-Verkauf einstellen

Amazon- und eBay-Händler können derzeit nur abwarten, wie sich die Gerichte zu dieser Frage positionieren werden, oder müssen den Verkauf über den Marktplatz vollständig einstellen. Wer das nicht will und eine entsprechende Abmahnung erhält, sollte sich dringend anwaltlichen Rat einholen. Denn – noch – stehen die Chancen gut, dass sich die Abmahnung als unberechtigt herausstellt und der abmahnende Konkurrent einen entsprechenden Rechtsstreit verliert.

Sollte die Entscheidung des LG Arnsberg Schule machen, sind Amazon und eBay in der Pflicht, entsprechende technische Möglichkeiten bereit zu stellen, damit die Weiterempfehlungs-Funktion durch den Händler deaktiviert werden kann. Alternativ muss die Option vollständig aus allen Angeboten entfernt werden.

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