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Die Googlisierung des E-Commerce

Googlisierung des E-Commerce

Irgendwie passte es ja zur harmlos-freundlichen Google-Maxime „Do no evil“, dass der Suchmaschinengigant das Produktlisting im Rahmen der Google Product Search bisher kostenlos anbot. Kürzlich kündigte Google an, dafür in den USA im Herbst ein kommerzielles Modell einzuführen und gab gleichzeitig auch den Startschuss für den ebenfalls kostenpflichtigen Zertifizierungsdienst Google Trusted Stores. Die Meinungen unter den Shop-Betreibern fällt hierbei durchaus unterschiedlich aus.

Während es für die einen dem Untergang des Abendlandes gleichkommt, begrüßen andere wiederum diesen Schritt und gehen davon aus dass dies kleineren Händlern mehr Chancen gegenüber den großen Playern im Kampf um die besten Plätze im Google Shopping einräumen würde. – Warum eigentlich?

Aber um diese Fragestellung soll es in diesem Artikel nicht gehen. Vielmehr dient uns dieser doppelte Paukenschlag hier als Anlass für einen Überblick über die E-Commerce-relevanten Aktivitäten von Google.

Vier Dinge benötigt man um im Internet erfolgreich verkaufen zu können:

1. Produkte

Google Shopping

Lange Zeit war die Google Product Search – 2002 unter dem Namen Froogle bzw. Google Base gestartet – der einzige Google-Dienst für Onlinehändler. Nach wie vor ist die Benutzung des Preisvergleichs-Services kostenlos, brachte bisher aber oft auch recht wenig. Gerade in Deutschland suchen Onlineshopper noch deutlich öfter Preisvergleicher wie Geizhals.de oder Guenstiger.de auf, zudem ist die Qualität der von Googles Produktsuche gelieferten Daten noch recht durchwachsen. Mit der Integration der Shopping-Ergebnisse in die „normale“ Google-Suche, die Anzeige von Angeboten von „Geschäften in der Nähe“ sowie einer verbesserten Darstellung hat Google in letzter Zeit bereits eine gestiegene Aufmerksamkeit für seine Product Search signalisiert. Es ist davon auszugehen, dass diese als kommerzieller Dienst noch einmal an Qualität zulegen wird. Auch wenn sich der Service erst noch gegen die derzeitigen Marktführer durchsetzen muss, hat es Google ja quasi selbst in der Hand.

Produktbewertungen

Bereits seit 2010 bindet Google in seinen Shopping-Ergebnissen auch Produktbewerttungen ein. Diese Bewertungen werden von Google vorerst allerdings nicht selbst generiert, sondern arbeitet dafür mit verschiedenen Anbietern, wie bazaarvoice zusammen, die die bei Ihnen eingestellten Bewertungen zur Verfügung stellen. Seit einiger Zeit kann jedoch jeder Händler, mit seinen an Google übermittelten, Produktdaten auch Bewertungen für das Produkt mitgeben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite alles zu den Google Werkzeugen für das Marketing.


2. Das Kerngeschäft: Marketing

Google Suche

Jeder Händler muss von seinen Kunden erst einmal gefunden werden. Dass gilt im stationären Handel genauso wie im Online-Geschäft. Deshalb ist die Google-Suche als nach wie vor mit Abstand wichtigste Suchmaschine für jeden Shopbetreiber von essentieller Bedeutung. Shops müssen sich an SEO-Richtlinien orientieren, das Produktangebot mit möglichst eigenständigen Inhalten anreichern und attraktiven, gut verlinkbaren Zusatz-Content (Blogs, Ratgeber, etc.) bieten. Eine wachsende Bedeutung – gerade im Hinblick auf den Mobile-Boom – kommt der Lokalen Suche zu. Stationäre bzw. Multichannel-Händler, die mit einer eigenen Google Places Seite aufwarten können, haben erhöhte Chancen neue Kunden durch eine lokalisierte Produktsuche zu gewinnen. Bereits heute ist festzustellen, dass Google seinen Algorythmus verändert – wegen von Backlinks, hin zu lokalen Aspekten. Gleichzeitig ist es immer schwieriger eine Top-Platzierung in den organischen Suchergebnissen zu erreichen. Nicht nur, da der Mitbewerb immer größer wird, sondern auch da Google selbst die besten Plätze oftmals an die eigenen Angebote, wie eben Google Shopping, News oder Videos vergibt.

Googles Suchdienste sind bisher kostenlos und dürften das auch bleiben.

Google AdWords

Zu den Basis-Diensten von Google zählt auch das Anzeigenformat AdWords. Dieses kann getrost als Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg des Suchgiganten betrachtet werden. Was sich hier rückblickend als geniale und unbezahlbare Idee herausstellte, ist die Tatsache dass nicht Google die Werbepreise vorgibt sondern die Werbetreibenden über ein Bietsystem selbst entscheiden wie viel sie für einen Besucher bereit sind auszugeben. Dadurch werden die Anzeigenpreise teilweise in Höhen geschraubt, die sich Google wohl niemals zu nehmen hätte getraut.

Auch wenn sich dieses Marketinginstrument wegen der damit verbundenen Kosten, ob des Mitbewerbs und damit einhergehenden höheren Kosten immer seltener lohnt, führt für Onlinehändler mehr oder weniger kein Weg vorbei. Zwischenzeitlich wurde das Anzeigenangebot von Google inzwischen auch um Video- und Mobile-Anzeigen erweitert.

GoogleTrusted Stores

Zusammen mit der Kommerzialisierung der Produktsuche hat Google im Mai 2012 auch die Einführung des Zertifizierungsdienst Google Trusted Stores angekündigt. Zu diesem Zweck wurde im Juni diesen Jahres das US-amerikanische Gütesiegel Klickscore übernommen und deren Service postwendend eingestellt. Interessanter Nebenaspekt dabei ist, dass Klickscore sein Siegel nicht nur Onlineshops, sondern auch lokalen Händlern angeboten hatte.

Grob beschrieben handelt es sich bei dem Service um ein Angebot, wie es etwa auch Trusted Stores bietet: Shops, die den Zertifizierungsstandards entsprechen, werden mit einer „Google Trusted Stores badge” ausgezeichnet und Kunden, die in Google Trusted Stores kaufen, erhalten einen „Google Käuferschutz“ bei der Google bis zur Höchstsumme von US-$ 1.000 je Bestellung haften möchte.

Wie der Service letztlich im Detail aussehen wird, bleibt abzuwarten. Dennoch bietet der hohe Bekanntheitsgrad von Google eine hervorragende Grundlage für einen Erfolg des Onlineshop-Zertifikats.

Youtube

Auch der Videodienst Youtube wird von etlichen Onlinehändlern als Marketinginstrument und/oder Servicetool genutzt. Sei es für verkaufsunterstützende Produktvideos oder Gebrauchsanweisungen, zum Beispiel der Anleitung zur ordnungsgemäßen Installation eines Spültisches. In der Regel werden diese Videos vom Onlinehändler auch in seinen eigenen Webshop integriert. So erspart er sich das aufwendige Hosting.

Noch ist der Dienst kostenlos und finanziert sich durch Werbeeinnahmen ähnlich Google AdWords. Kein Wunder also, dass es mittlerweile viele, von Onlinehändlern betriebene, Profi-/Partnerkanäle gibt.

Social Network G+

Welche Rolle G+ als soziales Netzwerk für Nutzer (= Konsumenten) spielen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Fest zu stehen scheint, dass dieses für Google jedoch eine große Rolle in der strategischen Ausrichtung spielt bzw. spielen muss um Facebook Einhalt zu gebieten. Noch lässt sich also nicht wirklich abschätzen, ob und wenn wie Onlinehändler über G+ Kunden generieren werden können.

Es wird jedoch erwartet, dass G+ für das Ranking bei den organischen Suchergebnissen und anderswo ein wichtiger Faktor wird bzw. bereits ist. Aus unserer Sicht gilt es also, bereits jetzt mit der Nutzung und dem Experimentieren zu beginnen um sich so einen Vorsprung gegenüber dem Mitbewerb herauszuarbeiten.

Google Couponing

Es gibt auch andere, endkundenbezogene Google-Dienste, die den Suchmaschinenbetreiber durchaus in einer aktiveren Rolle sehen: Dazu zählt der 2011 gestartete Couponing-Dienst und Groupon-Klon Google Offers ebenso wie der im gleichen Jahr akquirierte Finanzprodukte-Vergleichsservice Google Advisor.

Lesen Sie auf der nächsten Seite alles zu den Google Werkzeugen für Payment und Logistik.


3. Google Payment

Google Checkout

Als Google 2006 in den USA den Bezahldienst Google Checkout startete, war die Aufregung groß. Aufgrund der Popularität von Google wurde dem Payment Service das Potenzial zugesprochen zu einer ernsthaften Bedrohung für den Marktführer Paypal zu werden. Doch stagnierte der Marktanteil von Google Checkout selbst in den USA auf einem niedrigen zweistelligen Niveau und wird in Deutschland laut E-Commerce-Leitfaden nur von rund 5 Prozent der Händler angeboten. Für die relativ schwache Entwicklung des Dienstes gibt es eine Reihe von Gründen: Zum einen setzt Google Checkout stark auf die in Deutschland recht unpopuläre Kreditkarte, zum anderen hat Google sich nie in vergleichbarer Weise mit dem Kundenservice beschäftigt, wie dies etwa Paypal tut.

Google Wallet

Seit dem Herbst 2011 ist Google Checkout zudem dem neuen Bezahldienst Google Wallet untergeordnet. Google Wallet setzt auf der Near Field Communication (NFC) Technologie auf und soll dem Suchmaschinen-Konzern den Durchbruch auf dem Payment-Markt ermöglichen. So wird das „Google-Phone“ Nexus seit dem Modell S 4G bereits standardmäßig mit NFC-Chip ausgeliefert. Viel wird hier davon abhängen, wie schnell sich NFC nicht nur bei den Nutzern sondern auch beim Handel verbreitet, der dafür eigene Bezahlterminals benötigt.

4. Google Logistik

Überraschend kündigte Google Ende 2011 mit Google Delivery den Aufbau eines Logistik-Netzwerks an, um mit dessen Hilfe Produkte von lokalem Händlern innerhalb von 24 Stunden an Online-Besteller in den USA zu liefern. Spekulationen zufolge soll noch dieses Jahr ein erster Feldversuch mit den US-Retailern Macy’s, Gap und OfficeMax im Großraum San Francisco gestartet werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite alles zu den Google Tools für das Controlling, sowie unser Fazit.


5. Add on: Controlling und Analyse

Google Analytics

Gern genutzt, weil kostenlos und mittlerweile von guter Qualität, ist das Webanalyse-Tool Google Analytics. Webseiten-Betreiber können damit den Traffic auf ihrem Internetangebot verfolgen, die Effektivität von Kampagnen und Keywords überprüfen sowie Strategien zur Steigerung der Conversion Rate entwickeln. Wurde Google Analytics lange Zeit bei der Weiterentwicklung etwas vernachlässigt, wird dessen Leistungsumfang seit einiger Zeit deutlich erweitert und es vergeht kaum eine Woche in der keine neuen Funktionen vorgestellt werden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung in Sachen Product Search ist es zudem vorstellbar, dass Google auch beim Thema Analytics mittelfristig zu einem kommerziellen Modell wechseln könnte.

Weitere Analysetools

Neben Analytics bietet Google noch eine Reihe weiterer kostenfreier Tools zur Website-Optimierung an. Dazu zählen das Website-Optimierungstool, mit dem sich einfache Tests u.a. zur Conversion-Steigerung durchführen lassen, das Webmaster-Tool, das Website-Betreibern Tipps zur Google-relevanten Optimierung ihrer Seite liefert, sowie auch die Google Site Search, die eine Einbindung einer auf das eigene Internetangebot zugeschnittenen Google-Suche ermöglicht – und in vielen Fällen effektiver ist, als so manche mitgelieferte Shop-Suche. Dafür ist Google Site Search allerdings auch kostenpflichtig, der Preis orientiert sich dabei am anfallenden Suchaufkommen bzw. liefert in der kostenlosen Variante AdWords-Anzeigen mit aus.

Fazit

Die Kommerzialisierung der Google Produktsuche und die Einführung von Google Trusted Stores legen nahe, dass Google künftig eine aktivere Rolle im E-Commerce spielen will. Dabei ist durchaus damit zu rechnen, dass Google mit vielen heute noch kostenfreien Services künftig auch Geld verdienen möchte.

Allerdings zeigt der Überblick auch, dass die meisten E-Commerce-relevanten Google-Dienste eher die Funktion von Shopbetreiber-Tools einnehmen, die Onlinehändler das Leben erleichtern wollen. Zu einem reinen E-Commerce Konzern wird sich Google sicherlich nicht wandeln.

Wie an jedem Goldrausch früher auch die Werkzeug-, Lebensmittelhändler und Saloon-Betreiber unterm Strich am Besten verdienen, möchte auf diesem Wege auch Google ein immer größeres Stück vom Kuchen im E-Commerce verdienen.

Shopbetreiber sollten auf jeden Fall immer eine Abwägung treffen: Die Bandbreite und den Nutzer vieler Google-Tools für ihr Geschäft nutzen, gleichzeitig aber eine zu große Abhängigkeit von dem Suchmaschinen-Konzern vermeiden.

„eBay und noch viel mehr Amazon schlagen vom anderen Ende dasselbe Ziel ein – die absolute Dominanz im E-Commerce, weltweit. Während wir hierzulande noch mit Erbsen zählen beschäftigt sind, um zu prüfen wie man im E-Commerce Geld verdienen kann ohne investieren zu müssen. Da wird das Wehklagen im deutschen Mittelstand in schon wenigen Jahren groß sein.“

Peter Höschl, shopanbieter.de

 

Artikel von Peter Höschl und Matthias Hell

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