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Abmahngefahr: Muster-Widerrufsbelehrung wohl schon wieder für die Tonne

Vor zwei Tagen wurde vom Europäischen Gerichtshof entschieden, ob ein Händler für die Benutzung der Ware Wertersatz verlangen kann. Obwohl das Urteil viele Fragen offen lässt, befürchten Experten nun Schlimmes.

Denn dem Urteil nach verstößt die deutsche Regelung zum Wertersatz gegen die europäische Fernabsatzrichtlinie. Auch die kürzlich erst neu aufgelegte und als endlich abmahnsicher gefeierte Muster-Widerrufsbelehrung schwankt schon wieder beträchtlich. Die Folge: Abmahnungen drohen.

Sehr schön zusammengefasst wurde die aktuelle Situation wieder einmal vom shopbetreiber-blog.de. Fazit von Justitar Carsten Föhlisch: "Nur in Ausnahmefällen dürfe künftig noch Wertersatz verlangt werden, nämlich wenn der Verbraucher die Ware gegen Treu und Glauben nutzt. Doch wann dies der Fall ist, bleibt völlig unklar."

Zum besseren Verständnis sollten vor allem auch die Kommentare des Artikels beim shopbetreiber-blog.de gelesen werden.  Demnach ist zu unterscheiden:

  1. Wertersatz für gezogene Nutzungen
    Ob künftig für einen benutzten Rasierer Wertersatz verlangt werden kann ist wohl noch unklar. Bei angebissenen Äpfeln ist die Sachlage hingegen klar.
  2. Wertersatz für die Beschädigungen durch nicht bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung
    Wer mit der Friteuse Fußball spielt, muss nach wie vor Wertersatz leisten
  3. Wertersatz für eine “Prüfung wir im Ladengeschäft” bzw. – wie der EuGH es sagt – “ausprobieren”
    Wie gehabt, kein Wertersatz
  4. Wertersatz für eine Verschlechterung infolge bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme
    Genau an diesem Punkt sehen die Experten offensichtlich das größte Konfliktpotential. Was ist beispielsweise wenn mit der Digitalkamera zwei Wochen lang Urlaubsfotos gemacht werden und deshalb infolge kleinerer Kratzer und Verschmutzungen nicht mehr als neuwertig zu verkaufen ist?

    Hier versteht Föhlisch den EuGH so, dass dies (anders als bislang!) nur noch in “Treu und Glauben” Fällen möglich ist. Aber wann ist das der Fall?

Brisant auch Föhlischs Hinweis, dass der EuGH-Entscheidung wegen viele seit 2002 im Umlauf befindliche Widerrufsbelehrungen ebenso fehlerhaft waren. Und, daher auch die seitdem geschlossenen Kaufverträge heute noch widerrufen werden könnten.

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