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Zahlen prüfen lohnt sich – detailliertes Controlling führt leicht zu mehr Rendite

Das Netz bietet Online-Händlern eine Vielfalt an Vertriebs- und Marketingkanälen. Welcher jeweils genutzte Kanal dann für den Händler den meisten Umsatz generiert und somit am erfolgreichsten ist, lässt sich dann einfach am Ende des Monats ablesen. Wer so agiert, wird nicht mehr lange am Markt überleben.

Denn wer sich nur den Umsatz ansieht, und die Kosten, die durch den jeweiligen Kanal verursacht werden, aus dem Blick lässt und nicht gegenrechnet, übersieht, dass es am Ende nicht auf den Umsatz, sondern den Gewinn ankommt.

Der Blick über den Tellerrand

Um falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden, ist die detaillierte Auswertung der Vertriebs- und Marketingkanäle nötig, was sich üblicherweise direkt positiv auf den Gewinn auswirkt.

Die folgende fiktive, aber dennoch sehr praxisnahe Beispielkalkulation zeigt, welche falschen Rückschlüsse man aus einer eingeschränkten und oberflächlichen Betrachtungsweise ziehen kann:

Der Onlinehändler führt drei Marketingmaßnahmen durch. Bei einer ausschließlichen Umsatz- bzw. Absatzbetrachtung, käme er schnell zu dem Schluss, dass Kanal 2 das erfolgreichste Marketinginstrument darstellt, da hier der höchste Umsatz zu verzeichnen ist, und würde diesen entsprechend deutlich ausbauen.

  Kanal 1 Kanal 2 Kanal 3
Einflussfaktor Umsatz
Umsatzerlöse 5.000 € 7.000 €  
Anzahl Aufträge 91 74 169
Durchschnittlicher Warenkorb 55,00 € 94,00 € 34,00 €

Einflussfaktor Wareneinsatz und Preisnachlässe

Für eine detailliertere Erfolgsbetrachtung ist jedoch unabdingbar, neben den Absatzzahlen, zumindest auch die direkten Kosten für den Wareneinsatz zu berücksichtigen.

Die Preiskalkulation des Beispielhändlers sieht grundsätzlich einen Wareneinsatz in Höhe von 50 % auf seine Verkaufspreise vor. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss er jedoch in einigen Kanälen des hohen Angebots wegen, z.B. auf Marktplätzen, mit Preisnachlässen arbeiten. Bedingt wird dies bspw. dadurch, um bei Amazon in die sog. Buy-Box zu kommen oder bei Preissuchmaschinen auf die ersten Plätze in den Suchergebnissen. Gleichzeitig bietet er seinen Kunden möglicherweise Mengenrabatt beim Kauf höherer Stückzahlen an.

Beide Faktoren wirken sich unmittelbar über den gesunkenen erzielten Verkaufspreis auf die Höhe des prozentualen Wareneinsatzes aus.

  Kanal 1 Kanal 2 Kanal 3
Einflussfaktor Umsatz
Umsatzerlöse 5.000 € 7.000 €  
Anzahl Aufträge 91 74 169
Durchschnittlicher Warenkorb 55,00 € 94,00 € 34,00 €
Einflussfaktor Preisnachlässe
Wareneinsatz 30,25 € (55%) 56,40 € (60%) 17,00 € (55%)
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 24,75 € 37,60 € 17,00 €
Rohertrag Gesamt 2.250 € 2.800 €  

Dadurch hat sich die Erfolgsberechnung bereits geändert, der Rohertrag und damit der Erfolg des Kanals sind gesunken. Nun ist nicht mehr der zweite Kanal der erfolgreichste, sondern der dritte in der Auswertung. Gleichzeitig hat sich auch der Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Kanal bereits deutlich verringert.

Einflussfaktor direkte Kosten

Bei jeder Bestellung fallen direkte Kosten an. Rechnet man diese wiederum mit ein, erhält man wieder ein neues Bild. Wir haben es uns für die Beispielrechnung einfach gemacht und lediglich die direkten und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bestellung stehenden Kosten berücksichtigt. So wurden unter direkte Kosten lediglich die durchschnittlichen kalkulatorischen Aufwände, inkl. Personalaufwand, je Auftrag für Logistik, Buchhaltung, Marketing und Kundenservice erfasst.

Bei einem konsequenten Controlling-Ansatz müssten zumindest jedoch die Personal- oder etwaige Agenturkosten aufwandsfein dem jeweiligen Marketingkanal zugeordnet werden. So wären Kosten für die SEO-Agentur oder der hauseigene SEA-Manager, bspw. über eine Kostenstellenrechnung, eben auch diesen Marketingkanälen zuzuordnen.

  Kanal 1 Kanal 2 Kanal 3
Einflussfaktor Umsatz
Umsatzerlöse 5.000 € 7.000 €  
Anzahl Aufträge 91 74 169
Durchschnittlicher Warenkorb 55,00 € 94,00 € 34,00 €
Einflussfaktor Preisnachlässe
Wareneinsatz 30,25 € (55%) 56,40 € (60%) 17,00 € (55%)
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 24,75 € 37,60 € 17,00 €
Rohertrag Gesamt 2.250 € 2.800 €  
Einflussfaktor direkte Kosten
Marketingkosten oder Marktplatzgebühren 6,88 € (12,5%) 16,92 € (18%) 4,25,00 € (12,5%)
Durchschnittlicher Kosten für Bestellabwicklung inkl. Personalaufwände 8,00 € 8,00 € 8,00 €
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 9,87 € 12,68 € 4,75 €
Erlös Gesamt 898 € 938 €  

Nun ist nicht mehr der dritte, sondern wieder der zweite Kanal derjenige, der am meisten abwirft, und Kanal 1 wandert an die zweitbeste Stelle.

Einflussfaktor Retouren und Versandkosten

Über jeden Kanal werden jeweils verschiedene Sortimente und Kundengruppen angesprochen, die entstehenden Retourenquoten und -kosten können daher je Marketingkanal gänzlich unterschiedlich ausfallen. Retouren sind täglich Brot im Onlinehandel, die entstehenden Kosten dementsprechend ein großer Einflussfaktor für die Rendite. Kosten für die Retourenabwicklung oder Abschriften, wenn die zurückgesandte Ware nicht mehr zum vollen Preis verkauft werden kann, sind demnach zwingend in der Bewertung der Marketingkanäle zu berücksichtigen.

Gleichzeitig bietet der Beispielhändler ab einem bestimmten Bestellwert versandkostenfreie Lieferung an und subventioniert in einzelnen Absatzkanälen die Versandkosten komplett, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch diese Kosten wirken sich direkt auf den Gesamterlös aus.

  Kanal 1 Kanal 2 Kanal 3
Einflussfaktor Umsatz
Umsatzerlöse 5.000 € 7.000 €  
Anzahl Aufträge 91 74 169
Durchschnittlicher Warenkorb 55,00 € 94,00 € 34,00 €
Einflussfaktor Preisnachlässe
Wareneinsatz 30,25 € (55%) 56,40 € (60%) 17,00 € (55%)
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 24,75 € 37,60 € 17,00 €
Rohertrag Gesamt 2.250 € 2.800 €  
Einflussfaktor direkte Kosten
Marketingkosten oder Marktplatzgebühren 6,88 € (12,5%) 16,92 € (18%) 4,25 € (12,5%)
Durchschnittlicher Kosten für Bestellabwicklung inkl. Personalaufwände 8,00 € 8,00 € 8,00 €
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 9,87 € 12,68 € 4,75 €
Erlös Gesamt 898 € 938 €  
Einflussfaktor Retouren & Versandkosten
Durchschnittliche Kosten Retouren für die Bearbeitung, Wiedereinlagerung, Abschreibung etc. 0,50 € (3%) 1,50 € (8%) 0,45 € (5%)
Durchschnittlicher VersandKosten, z.B. bei versandkostenfreier Lieferung 1,75 € 3,50 € 0,50 €
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 7,62 € 7,68 € 3,80 €
Erlös Gesamt 693 € 568 €  

Wie die Beispielrechnung aufzeigt, wird nun über den ersten Kanal der höchste Gesamterlös erzielt.

Umsatzrendite vs. Erlös je Auftrag

Dennoch kann sogar die Betrachtung der Gesamterlöse noch trügerisch sein. Würde der Händler nämlich einfach das Dreifache an Marketingleistung in Kanal 2 kippen, hätte er auch fiktive dreifache Gesamterlöse zu verzeichnen, wodurch dieser Kanal plötzlich wieder an erster Stelle läge.

Die Differenzierung nach Umsatzrendite und Erlös je Auftrag erlaubt hier eine sauberere Sichtweise. Könnten beispielsweise zusätzliche Aufträge nicht mehr mit den vorhandenen Ressourcen abgewickelt und müsste daher neues Personal eingestellt oder größere Lagerkapazitäten bereitgestellt werden, ändert dies bereits wieder die Parameter der Kalkulation.

  Kanal 1 Kanal 2 Kanal 3
Eckdaten
Umsatzerlöse 5.000 € 7.000 € 5.750 €
Anzahl Aufträge 91 74 169
Durchschnittlicher Warenkorb 55,00 € 94,00 € 34,00 €
Erlössituation
Durchschnittlicher Erlös je Auftrag 7,62 € 7,68 €  
Erlös Gesamt 693 € 568 € 642 €
Umsatzrendite ohne Gemeinkosten etc. 13,90 % 8,10 %  

Diese Beispielrechnung zeigt ganz klar auf, warum es für Händler so wichtig ist, sich intensiv mit seinen Kennzahlen auseinanderzusetzen. An dieser Stelle daher noch einmal unser dringlicher Aufruf: Fragen Sie sich als Onlinehändler nicht, wie Sie mehr Umsatz, sondern lieber wie Sie mehr Rendite erwirtschaften können!

Ohne Finanz- und Buchhaltungszahlen bleibt es immer ungenau

Für eine wirklich konsequente Auswertung der Marketingkanäle müssten jedoch richtigerweise weitere Zahlen berücksichtigt werden. In der Beispielrechnung wurden u.a. ausschließlich direkte, der Bestellung zuordenbare, Kosten berechnet.

Nicht berücksichtigt wurden Kosten, die ausschließlich dieses Marketingkanals wegen entstehen. So werden für die Kampagnensteuerung über Google AdWords beispielsweise entweder Mitarbeiter inhouse oder eine Agentur benötigt. Die daraus entstehenden Kosten sind einzig und alleine dem Marketingkanal SEA zuzuordnen.

Würde man derlei Kosten richtigerweise ebenfalls berücksichtigen, könnte die Rechnung bereits wieder ganz anders aussehen.

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