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Marktplatz-Monats-Mashup Februar 2020 – Handeln in Zeiten von Corona

Marktplätze beherrschen den deutschen E-Commerce – und wir reden hier nicht nur von Amazon und eBay. Was hat sich auf den großen und kleinen Plattformen getan, wie sieht die Marktplatz-Strategie erfolgreicher Händler aus und was hat Marktplatz-Händler im letzten Monat bewegt? Diese Fragen beantwortet ab sofort unser monatliches Marktplatz-Mashup. Die Themen im Februar: Neue Regeln auf ebay, neue Werbeoffensive bei Etsy, neue Marktplätze von Schuhe24, neues FBA-Programm für Amazon-Seller – und natürlich Corona, Corona, Corona. 

Das Thema des Monats

Die Anzahl der wegen des Corona-Virus abgesagten Messen und Kongresse steigt beinahe täglich. Der Mobile World Congress fand nicht statt, die ITB wurde gekippt, der Auto Salon in Genf wurde abgesagt, in Frankreich und der Schweiz wurden Großveranstaltungen generell verboten. Auch die Fibo, die Eisenwarenmesse, die Light + Building, die Metav und viele weitere Veranstaltungen in Deutschland wurden abgesagt oder verschoben (eine aktuelle Übersicht aller abgesagten Veranstaltungen finden Sie hier

Covid-19 dominiert die Diskussionen in den Händler-Foren, und auch auf den großen Marktplätzen sorgt das Virus für Aufregung: Einige Wochen lang erzielten Händler auf ebay und Amazon hohe Gewinne mit völlig überteuerten Medizinprodukten wie Atemschutzmasken oder Sterilisationsmitteln. Ende Februar schoben die Marktplätze dann dieser Krisen-Gewinnlerei den Riegel vor. Nicht ohne Druck von außen: Die italienische Finanzpolizei führte mehrere Razzien in den Niederlassungen von ebay und Amazon durchund beschlagnahmte dabei Dokumente und Computerdaten. Amazon wiederum drohte seinen Händlern unverhohlen mit Suspendierung, wenn sie sich nicht an die Richtlinie zur angemessenen Preisgestaltung hielten. 

Auf Amazon geben Seller derweilen weniger für Advertising aus – um Verkäufe zu verringern und so die schwindenden Lagerbestände zu strecken, hat Bloomberg von mehreren US-Sellern erfahren. Das ist einige von mehreren Möglichkeiten im Umgang mit Corona-bedingten Lieferengpässen. Über andere Ideen sprachen wir mit Stefan Grimm von Restposten.de im shopanbieter.de-Podcast.

Auch das Geschäft der Schnäppchen-App Wish, Heimstatt zahlloser chinesischer Billig-Anbieter, leidet unter dem Virus, so ein Bericht der Wirtschaftswoche. Der Lagerbetrieb von Wish sei durch die Pandemie „erheblich eingeschränkt“, neue Kundenbestellungen werden aktuell vorübergehend angehalten. 

Marktplatz-News

eBay hat sein jährliches Update für gewerbliche Händler vorgelegt. Damit wird die schon 2018 angekündigte neue Zahlungsabwicklung in den nächsten Monaten für die meisten ebay-Händler verpflichtend. Außerdem soll im März die lang geforderte Rechteverwaltung für ebay-Seller-Konten kommen, mit der Händler Mitarbeiter für die Verwaltung des ebay-Accounts autorisieren kann, berichtet t3n. Überarbeitet wird zudem das Preisvorschlagstool, mit dem man interessierten Besuchern eines Angebots Preisvorschläge schicken kann. Ab April steht zudem eine Überarbeitung der Gebührenstruktur an.

Zum 1. April 2020 tritt auf allen europäischen Amazon-Marktplätzen das „FBA New Selection Program“ in Kraft. FBA-Händler, die neue ASINs zum Amazon-Katalog hinzufügen, können sich die ersten 50 verkauften Artikel dieser ASINs kostenlos bei Amazon lagern – unter bestimmten Voraussetzungen. ->shopanbieter.de

Schuhe24 ist in Sachen Marktplätze bekanntlich der Ansicht: Je mehr, desto besser. Dieses Jahr will das Unternehmen zwei neue Marktplätze starten, mit denen stationäre Händler ihre Ladenbestände online verkaufen sollen. Schon 2019 hat das Tochterportal Taschen24 nach dem Vorbild von Schuhe24 eröffnet. Auch die Marken Outfits24 und Sportmarken24 gehören zum Konzern von Geschäftsführer Dominik Benner. Die Multi-Marktplatz-Strategie scheint aufzugehen: Für 2020 peilt die Schuhe24-Gruppe ein Geschäftsvolumen von 100 Millionen Euro an, verriet Benner gegenüber neuhandeln.

Este will in Sachen Marketing stärker in die Offensive gehen, was die Marktplatz-Händler auf der Plattform einerseits begrüßen dürften – wenn sie dafür nicht zur Kasse gebeten würden. Etsy plant nämlich eine Art Zwangswerbung: Produkte von Anbietern, die mehr als 9.300 Euro im Jahr auf der Plattform erwirtschaften, könnten so bald auf Facebook, Google, Instagram und anderen Seiten beworben werden, ohne dass die Verkäufer dem zugestimmt haben. Ergibt sich aus der Anzeige innerhalb von 30 Tagen ein Verkauf, muss der Verkäufer nicht nur die übliche Verkaufs-, sondern auch eine Werbegebühr bezahlen. ->heise

Händler im Gespräch

Alexander Graf hat die im Januar heiß geführte Diskussion um einen möglichen Amazon-Peak keine Ruhe gelassen. Deshalb hat er sich Jens Wasel von KW Commerce zum Podcast eingeladen– Grafs „erste Wahl, wenn es um Informationen rund um das Amazon Ökosystem geht“. Und Wasel gab Grafs These, Amazon sei auf dem absteigenden Ast, ordentlich Kontra. Amazon müsse sich aktuell noch keine Sorgen machen. Der Konzern reagiere durchaus auf die Herausforderungen der Zeit, manches dauere halt nur, wie bei großen Unternehmen so üblich, etwas länger. 

desiary.de, Online-Anbieter für Innenausstattung und Wohnaccessoires, hat in diesem Jahr Großes vor. Fast 30 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet das 7-köpfige Team um Gründerin Julia Ritter aktuell auf Amazon. 2020 soll sich dieser Umsatzanteil wachstumsbedingt auf andere Marktplätze verschieben. desiary.de listet bereits zusätzlich auf ebay, ist mitten im Onboarding-Prozess bei Otto und Rewe, steht in Verhandlungen mit Wayfair und denkt über eine Präsenz bei Bol.com nach. ->shopanbieter.de

Von Marktplätzen komplett verabschiedet hat sich dagegen Babymarkt.de. Der Baby- und Kinderbedarfsshop hat zwar eine Zeitlang auch auf ebay verkauft, handelt mittlerweile jedoch gar nicht mehr auf Marktplätzen. „Durch eine Kooperation mit Amazon würden wir unsere unabhängigen Handlungsmöglichkeiten abgeben – und einen beträchtlichen Teil unserer Vorrangstellung gleich mit“, so Babymarkt-Geschäftsführer Bastian Siebert im Interview mit Onlinehändler-News. Er setzt lieber auf Internationalisierung: Aktuell führt der Händler eigene Shops in 14 europäischen Ländern sowie in China. 

Aus aller Welt

Der polnische Marktplatz-Platzhirsch Allegro ist in die Liste der 10 größten E-Commerce-Websites von E-Commerce News Europe aufgestiegen. 195 Millionen Besucher klicken die Seite inzwischen monatlich an. Allegro profitiert damit vom insgesamt stark wachsenden polnischen E-Commerce. Der polnische Marktplatz ist die einzige Plattform in der Top 10, die ausschließlich in Europa operiert. 

Walmart versucht sich an einem eigenen Fulfillment Service, um gegen Amazons FBA zu punkten. Der US-Retail-Riese erlaubt seinen Dritthändlern ab sofort, Waren in seinen Logistikzentren zu lagern und übernimmt auch Picking, Verpackung und Versand zum Kunden. Walmart hatte den Service vor einigen Monaten im Rahmen eines Pilotprojekts getestet. ->CNBC

Der österreichische Second-Hand-Marktplatz Spock peilt in Großbritannien Platz 1 unter den Used-Marktplätzen an. Letzten Herbst hat das Portal dort ein neues transaktionsgebundenes Geschäftsmodell mit Käuferschutz eingeführt und so den Handel auf der ehemaligen Flohmarkt-App professionalisiert. In Deutschland und Österreich bleibt das rein werbefinanzierte Geschäftsmodell fürs erste erhalten. ->DerStandard.at

Alles was Recht ist 

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Händler für die inhaltliche Richtigkeit von Bewertungen und Rezensionen auf Marktplätzen nicht haften– falls sie sich diese Bewertungen nicht „zu eigen machen“. Verkäufer auf Amazon und ebay sind also nicht für die Inhalte einer Bewertung haftbar, weil sie die Bewertung weder aktiv veranlasst haben und sie auch nicht selbst löschen können. Verwendet ein Seller allerdings die Inhalte aus einer Bewertung und nutzt diese für Eigenwerbung – beispielsweise im eigenen Shop, auf der Unternehmenswebsite oder in Werbemailings – ist er für den Inhalt unter Umständen durchaus verantwortlich, warnt Mark Steier auf Wortfilter.

Viele ebay-Händler haben das neue Multirabatt-Tool, mit dem automatisierte Rabatte auf den Kauf von mehreren Artikeln gewährt werden können, sehnlichst erwartet. Der Rechtsanwalt Jan Lennart Müller von der IT-Recht-Kanzlei warnt allerdings: Die mangelnde Gesamtpreisangabe bei Multirabatt-Artikeln auf eBay kann abgemahnt werden

Marktplatz-Tools

Der Marktplatz-Enabler Heyconnect hat sich prominente Unterstützung ins Haus geholt: Der Fulfillment-Dienstleister Siege hat sich an dem Start-up in nicht genannter Höhe beteiligt. Heyconnect betreut mittlerweile über 150 Marken beim Marktplatzverkauf und übernimmt dabei alles von der Erstellung des Contents, der technischen Anbindung und der monatlichen Abrechnung bis zum Fulfillment der Bestellungen aus aktuell 3 Lagern. Vor allem beim Bereich Fulfillment erhofft sich das Unternehmen von seinem neuen Partner Unterstützung. ->IT-Manager

Kopf des Monats

Terry von Bibra, seit 2016 Europa-Chef von Alibaba, hat den chinesischen Online-Giganten verlassen. „Europa ist kompliziert, Alibaba ist kompliziert – meine Aufgabe ist es, beides zusammenzubringen“, hat von Bibra seine Aufgabe stets geschrieben. Wann er bei Alibaba gekündigt hat, ist nicht bekannt; laut einer Bekanntmachung im Handelsregister ist Ex-Karstadt-Mann bereits seit April 2019 nicht mehr als Geschäftsführer gelistet. Geschäftspartner von Alibaba kritisierten die intransparente Informationspolitik der chinesischen Plattform. Auch ein Nachfolger ist noch nicht offiziell bekannt gegeben. Vieles spricht aber für Alibabas Deutschland-Chef Karl Wehner. ->Handelsblatt

Marktplatz-Fund des Monats

Schon mal was von StockX gehört? Der US-amerikanische Online-Marktplatz für Luxus-Lifestyle versteht sich als Börse für besondere Produkte und wurde letztes Jahr mit einer Milliarden-Bewertung zum Unicorn geadelt und hat 2019 ein GMV von über einer Milliarde Euro erreicht. Allein das europäische GMV wuchs um mehr als 200 Prozent. Aktuell ist die Plattform dabei, die Seite für den deutschen Markt zu lokalisieren, verriet Europa-Chef Derek Morrison im Interview mit der Internetworld. Man dürfte also in Zukunft auch hierzulande so einiges von StockX hören. 

Kurioses

Mitte Februar ging mit Cannaable der erste Marktplatz für Cannabis-Produktean den Start. Rund 40 Händler bieten dort seither über 1.000 Produkte an, von Kleidung und Kosmetik bis hin zu Hanföl, Nahrungsergänzungsmitteln und Süßwaren. Die beiden Gründer Florian Bein und Sascha Wiebelt wollen das „Amazon für Cannabis“ werden. ->Business Insider

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