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Bewirbt Amazon seine Eigenmarke Basics jetzt aggressiver?

Amazons Eigenmarken-Strategie ist aktuell mal wieder Themen in vielen Branchen-Medien. So ist Bloomberg.com kürzlich aufgefallen, das Amazons aggressive Marketing-Strategie für seine Eigenmarken KMU-Händler zunehmend unter Druck setzt. Und etailment titelte „Amazon verkommt zum Handzettel“ – gemeint war die immer sichtbare Bewerbung von Amazons Eigenmarken direkt neben Konkurrenzprodukten anderer Hersteller. Alles richtig – aber neu ist Amazons Fokus auf Private Labels keineswegs.

Jetzt ist es offiziell: Die US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Feng Zhu and Qihong Liu haben in einem wissenschaftlichen Artikel die These formuliert, dass Amazon gezielt in jenen Sortimenten Eigenmarken platziere, in denen „KMU-Händler bereits die Hauptarbeit geleistet haben“. Dritthändler hätten also vorab herausgefunden, welche Produkte beim Amazon-Kunden besonders gut ankommen, welche Preise verlangt werden können, und wie man den Umsatz eines solchen Produkts besonders schnell steigert – und an diesem Punkt würde sich dann Amazon einschalten und mit einer Eigenmarke die Domäne des ursprünglichen Händlers besetzen. Denn, Überraschung: “Amazon is more likely to target successful product spaces.”

Nichts gegen die Bemühungen der zwei Wirtschaftswissenschaftler, aber für diese Erkenntnis mussten die meisten Amazon-Händler nicht an der Harvard University studieren. Und vor den Amazon-Sellern sind auch schon diverse FMCA-Hersteller auf den gleichen Trichter gekommen, die nach mühevollen Jahren der Produkt- und Marketing-Entwicklung neben ihrem Produkt einen vergleichbaren, aber günstigeren Eigenmarken-Artikel von Rewe oder Edeka im Supermarktregal fanden.

Allerdings scheint die Aggressivität, mit der Amazon seine Eigenmarken bewirbt, in letzter Zeit zumindest in den USA deutlich zuzunehmen. So überdeckt der Online-Marktplatz die Produktseiten neuerdings mit einem Werbelayer, in dem unter dem Claim „Similar item, lower price“ ähnliche Produkte aus Amazon Eigenmarken-Sortiment angepriesen werden. Besonders ärgerlich natürlich, wenn dies bei, per Sponsored Product, beworbenen Produkten geschieht. Das darf man durchaus ein absolutes Unding nennen.

Falls Sie mit niedrigem Blutdruck zu kämpfen haben: Ein Beitrag auf Online-Marketing-Rockstars hat in diesem Zusammenhang noch mehr aufschlussreiche Bilder und Videos zusammengestellt.

Besonders pikant: In den USA bewirbt zwar Amazon bei direkten Anfragen für die Produkte anderer Hersteller seine Eigenmarken (z.B. bei einer Suche nach „Energizer“ die Batterien von AmazonBasics), räumt aber Händlern und Hersteller umgekehrt keine solche Möglichkeit ein – suchen US-Kunden nach „AmazonBasic batteries“ bekommen sie nur diese angezeigt – und eben nicht die Konkurrenz-Produkte von Varta oder Energizer.

Und in Deutschland?

Auch hierzulande hat Amazon in Sachen Eigenmarken im letzten Jahr einen deutlichen Gang zugelegt. Mit Marken für Tierfutter und Möbel hat Amazon ganz offen neue Sortimente besetzt; in anderen Segmenten macht sich der Online-Marktplatz ebenfalls breit, geht dabei aber deutlich leiser vor, wie beispielsweise bei der klammheimlichen Einführung der Kinderwagen-Marke Red Wagon.

In Sachen Werbung geht Amazon allerdings noch nicht ganz so aggressiv zu Werke wie in den USA. So müssen auch in Deutschland Batterie-Hersteller damit leben, dass Amazon auf ihren Produktseiten für AmazonBasics-Batterien wirbt – aber der Hinweis ist zumindest vergleichsweise dezent.

Auch in den Sponsored-Anzeigen zu einer dezidierten Hersteller-Suche nach „Varta Batterien“ finden sich AmazonBasics-Batterien – aber eben auch Anzeigen anderer Hersteller.

Allerdings: Wer nach „AmazonBasics Batterien“ sucht, findet auch in Deutschland nur Amazons Eigenmarke.

„Die offensive Eigenmarken-Bewerbung von Amazon ist eigentlich nichts neues“, sagt Amazon-Experte Christian Otto Kelm. „Allerdings geht der Marktplatz aktuell schon ziemlich weit und experimentiert mit neuen Formaten. Da wir in Europa aber deutlich weiter sind in der Nachhaltigkeit des Amazon-Business und die Händler mit mehr Wissen und Analytik arbeiten als in den USA, hat es Amazon hier nicht so leicht. Das Urvertrauen in Marken ist in Europa zudem stärker.“

Dennoch müssen sich auch in Deutschland Amazon-Seller darauf einstellen, dass Amazon seine Eigenmarken immer stärker pushen wird.

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