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Konsumentenpsychologie – Grundlagen und Best Practice im E-Commerce

Menschen sind emotional. Sie reagieren auf Botschaften. Kommunikation mit ihren Kunden findet auf vielfältige Weise statt. Unter dem Stichwort Personalisierung werden vielfältige Praktiken verstanden, Botschaften zielgenau dem Kunden zuzuspielen. Die dynamische und automatische Umsetzung erfordert jedoch meistens eine Digital Experience Plattform wie EpiServer oder Sitecore oder einen dezidierten Technologieanbieter wie Nosto. Allerdings sollte man auch ohne diese Technologien wichtige Maßnahmen umsetzen. Folgend möchte ich mich mit einigen Effekten auseinandersetzen und Beispiele aufzeigen.

Möglichkeiten der Beeinflussung von Konsumenten gibt es viele. Einen humorvollen Einblick gibt der Beitrag vom Browser Ballett über Reiseportale.

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Fear of Missing Out Effect / FOMO

Wir haben die Angst etwas zu verpassen und fühlen uns unter Druck gesetzt, wenn gewisse Deadlines laufen. Dieses Prinzip wurde als Erstes eindrucksvoll von eBay-Auktionen umgesetzt. Unter der Parole Schnäppchenjäger wurde dies in die Welt getragen. Bei ablaufenden Timern erhöht sich unser Druck und wir handeln nicht mehr rational. Der Trigger, etwas zu kaufen, ohne zu überlegen, steigt. Doch Vorsicht vor künstlicher Verknappung. Das fällt früher oder später auf. Ein prima Beispiel für FOMO zeigt das oben gepostete Video vom Browser Ballett. Folgend möchte ich ein paar Beispiele geben, wie man FOMO einsetzen könnte.

Besonders beliebt bei Urlaubsportalen wird mit der Knappheit von Zimmern gearbeitet
Auf der Homepage von https://www.woot.com kann man diesen FOMO-Effekt betrachten. FOMO wird hier direkt über eine potenzielle Produktverknappung eingesteuert.

Diese können natürlich mehr oder weniger offensiv eingestreut werden. Ein Beispiel ist die von Aldi und Lidl verwendete Phrase ›So lange der Vorrat reicht‹. Eine andere Integration kann beispielsweise über eine Extension in den Shop eingesteuert werden. Für WordPress gibt es mehrere FOMO-Apps.

Hier wird mit einem Timer und einer Visualisierung gearbeitet.

Marmeladen-Paradoxon (Paradox of Choice)

Hier scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite brauchen wir ein möglichst breites Portfolio, beispielsweise Amazon. Es gibt uns das Gefühl, in einer Welt des Überflusses zu leben. Andererseits sind wir mit einem Überangebot von Produkten überfordert und die Kaufabsicht sinkt. Iyengar & Lepper (2000) haben dieses Phänomen untersucht, indem sie  in einem Einkaufsladen verschiedene Marmeladensorten präsentierten. Dies wurde als A/B-Test mit zwei verschiedenen Versuchsaufbauten untersucht und über einen längeren Zeitraum beobachtet.

Cleverreach hat die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst

Der Mittelweg wäre beispielsweise ein Produktnavigator. Es ist ein sich verengender Tunnel. Am Anfang sind alle Produkte verfügbar. Der Kunde wird erschlagen und kann zwischen zu vielen Angeboten wählen. Wichtig ist, dass der Kunde zum Beginn eine grobe Auswahl an Eigenschaften und Kategorien bestimmen kann, um die Vielfalt einzugrenzen. Dieser Prozess muss über verschiedene Ebenen weitergeführt werden, bis am Ende nur noch eine Handvoll Produkte zur Auswahl steht. Zeigen Sie Ihrem Kunden immer die von ihm ausgewählten Kriterien, um ihn bei seiner Entscheidung zu unterstützen. Selbstbestätigung wirkt sich positiv auf Menschen aus.

Hicks Law

Der britische Mediziner William Edmund Hick hat den Zusammenhang zwischen Reaktionszeit und Anzahl der Wahlmöglichkeiten untersucht und das Hicksche Gesetz entwickelt. Je mehr Möglichkeiten Sie in Ihrem Shop anbieten, um so länger dauert es, eine Entscheidung zu treffen. Wenn Sie dieses Gesetz in Ihrem Shop berücksichtigen wollen, dann empfiehlt es sich, verschiedene Themen zusammenzufassen bzw. zu gruppieren. Je komplexer die Benutzerführung in Ihrem Shop ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde Ihren Shop ohne Bestellung wieder verlässt.

Ein gutes Beispiel für eine ungünstige Menüführung

Mitläufereffekt / Bandwagon Effect

Man könnte es alternativ auch vertrauensbildende Maßnahme nennen. Zwischen Anbieter und Konsument herrscht immer eine Informationsasymmetrie. Der Eine weiß mehr als der Andere. Hinzu kommen ein komplexes Produkt und ein Überangebot von teils sich widersprechenden Informationen. Daraus resultiert ein Misstrauen, was den Kaufimpuls lähmt und zu weiteren Recherchen führt. Weiteres Scrollen oder Wischen führt jedoch meist weg von Ihrer Plattform und der Verkauf wird woanders oder vielleicht gar nicht getätigt. Um diesem Problem entgegenzusteuern, kann man verschiedene vertrauensbildende Maßnahmen einbauen. Diese reichen von Trusted Shops, über Brands, Statistiken oder Testimonials.

Codecademy arbeitet hervorragend mit Testimonials, um Business Szenarios mit Testimonials zu verknüpfen

Auch gerne genommen ist der ›Social Proof‹. Dieser kann über Social Media eingebunden werden oder auch über einfache Banner.

Social Proof bei YoRocket.

Mehr Beispiele für Social Proof können Sie in diesem Blogbeitrag finden.

Das stärkste Vertrauen können andere Menschen für uns aufbauen. Bewertungen anderer also. Besonders empfehlenswert ist die Kombination von FOMO und Vertrauen wie im folgenden Bild gezeigt wird.

Über ein Plug-in wird bei einem Produktverkauf allen Webseitenbesuchern eine Benachrichtigung angezeigt.

Fazit

Fast immer lassen sich mit wenigen Handgriffen viele positive Effekte für den eigenen Webshop erreichen. Die hier gezeigte Auswahl an psychologischen Handgriffen stellt nur eine kleine Auswahl dar. Weitere Verhaltensmuster erklärt Konversionskraft in diesem Blogbeitrag. Ebenfalls zu empfehlen ist die Lektüre des Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann ›Langsames Denken, Schnelles Denken‹. Wir alle lieben Zahlen, weil Sie für uns vertrauensvoll erscheinen, egal ob sie stimmen oder nicht. Daher habe ich noch zwei interessante Infografiken mit nützlichen Statistiken zu E-Commerce und Werbepsychologie hier und hier  herausgesucht, die Ihnen bei zukünftigen Projekten helfen werden.

Unter dem Pseudonym Marian Haller analysiert unser Gastautor vor allem Shopsysteme und –technologien. Dies ist auch sein berufliches Hauptbetätigungsfeld im E-Commerce. Er gilt als ausgesprochener Experte auf diesem Gebiet.

Hier gibt es alle Beiträge von Marian Haller zum Nachlesen.

 

Bildquelle: © Bigstock.com/ fabioberti.it

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