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Forderungsmanagement – versteckte Kosten beachten

Ein Vortragstrack auf dem Versandhandelskongress war dem Thema Forderungsmanagement gewidmet. Hier stellten diverse Vertreter von Bonitätsprüfungs-, Inkasso- und sonstigen Forderungsmanagement-Dienstleistern vor, was heutzutage machbar, angeraten oder sonstwie "State-of-the-Art" ist. Sicher interessant, aber in meinen Augen nicht so aufregend.

Der Titel des letzten Vortrages klang dann aber doch spannend: "Forderungsmanagement – es geht auch anders!" Und die Rechnung, die hier aufgemacht wurde, war verblüffend – und machte einem einmal deutlich, welche versteckten Kosten ‚offene‘ Zahlungsarten verursachen können…

Redner war Herr Huber, Geschäftsführer des Online-Shops "World of Football". Und sein Vortrag war im Grunde eine Ohrfeige für alle seine Vorredner. Die Kernaussage: "Wir machen gar kein Forderungsmanagement mehr!"

Wie das? Sie bieten nur noch sichere Zahlungsmöglichkeiten, wie Kreditkarte oder Vorkasse an.
Warum das? Alles andere ist zu teuer.

In einem Versuch, bei dem offenere Zahlungsweisen (Lastschrift etc.) erlaubt wurden, lagen die eigentlichen Kostenfallen dennoch an ganz anderen Stellen: Natürlich gab es einen Sprung bei betrügerischen Bestellungen, vor allem aber stieg die Retourenrate enorm an. Gleichzeitig stieg der Umsatz nicht spürbar an (unter 10% Zuwachs).

Dass das Forderungsmanagement dem Unternehmen zu teuer wurde, lag mithin nicht nur an den "sichtbaren Kosten", ausschlaggebend waren die "unsichtbaren Kosten". Folgende Liste machte Herr Huber auf:

Sichtbare Kosten Unsichtbare Kosten
  • Bonitätsprüfung/Scoring
  • Skonto
  • Personalkosten für die Abwicklung/Zahlungseingangsprüfung etc.
  • Porto Mahnlauf
  • Inkasso
  • Abschriften

Verursacht durch Steigerung der Retourenquote* von 8% auf 26%

  • Kosten für Warenrückführung/Aufbereitung
  • höherer Warenwert im Umlauf
  • späterer Geldeingang

(* vorwiegend aufgrund von Auswahlbestellungen)

Steigerung der Umsätze unter 10%

Ist dies also ein empfehlenswerter Weg für alle, nur noch sichere Zahlarten zuzulassen? Sicher nicht. Hier aber treffen verschiedene Faktoren so aufeinander, dass die Lösung passt: ‚World of Football‘ vertreibt Fußball-Merchandise-Artikel, also Nischenware, und dies ausschließlich online. Die Artikel haben einen hohen ‚ich will das unbedingt haben‘-Faktor, gleichzeitig addressiert das Angebot ein "problematisches Kundensegment", zudem sind die Bestellwerte nicht überragend. Außerdem sind die Artikel auch noch gut weiter-verkäuflich. Damit stehen die Chancen auf ‚faule‘ Bestellungen gut.

Während die sichtbaren Kosten gut berechnet und den ‚Gewinnen‘ durch Bonitätsprüfungen gegenüber gestellt werden können** sind es die unsichtbare Kosten, die gegebenenfalls den Auschlag für oder wider eine ‚offenere‘ Zahlart geben. Sie sollten daher nie vernachlässigt werden – auch wenn sie schlecht zu greifen sind. Meist hilft nur ein Feldversuch, sie zu erkennen.

Übrigens: Herr Huber sah in gängigen Bonitätsprüfungen oder Scoring keine Lösung seines Problems, wohl aber ‚womöglich‘ im B2C-Factoring.

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

** Z.B. mit unserem Whitepaper "Bonitätsprüfung – lohnt das?" (inkl. Excel-Vorlage)

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