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Generiert Amazon jetzt 10 oder 20 Mrd. Euro Handelsumsatz in Deutschland?

Lange Zeit hielt sich Amazon ja bedeckt, was Aussagen zu deren Umsätzen in Deutschland anbelangt. Im letzten Geschäftsbericht hatte Amazon nun angegeben, dass 2013 in Deutschland 7,57 Mrd. Euro (10,535 Mrd. US-$, Wechselkurs-Basis: 1 € = 1,39 US-$) Umsatz erzielt wurden. Dieser Umsatz entspricht jedoch nicht dem tatsächlich erzielten GMV (Gross Merchandise Value), da darin die Umsätze der Amazon-Händler nur in Form der Provisionen enthalten ist.

Da ja allgemein angenommen wird, dass ca. 1/3 des Umsatzes über Marketplace-Händler generiert wird, kam der bvh überschlagsweise auf einen Gesamtumsatz von über 20 Mrd. Euro. Dies würde gleichzeitig bedeuten, dass über Amazon ca. 50% des gesamten E-Commerce-Umsatzes generiert wird.

Die bvh-Berechnung ist ebenso simpel, wie nachvollziehbar und dennoch höchstwahrscheinlich  falsch. Der bvh rechnet wie folgt: 6,85 Mrd. Umsatz dividiert durch 3 = 2,25 Mrd. €, bei 15% mittleren Provisionssatz würde das 15 Mrd. Außenumsatz  für die Marketplace-Händler bedeuten.

Addiert man dies zu den Umsätzen eigentlichen Amazon-Händlerumsätzen hinzu, kommt man auf die ca. 20 Mrd. Euro Gesamtumsatz die über Amazon generiert werden.

Eher 10 als 20 Mrd. Euro

Wie gesagt, eine bestechend einfache, wie nachvollziehbare Berechnung. Aber höchstwahrscheinlich dennoch falsch. Draufgekommen ist Axel Gronen von wortfilter.de Der kommt nämlich auf einen Amazon-GMV von „nur“ knapp 10 Mrd. Euro. Die Basiswerte von bvh und Wortfilter stimmen soweit noch überein:

Doch während der bvh von 33% Umsatzanteil am Amazon-Umsatz in Höhe 6,85 Mrd. Euro ausgeht, bezieht sich wortfilter auf die Amazon-Aussage, dass 36% aller auf Amazon verkauften Artikel von Marketplace-Händlern verkauft würden. Dies macht einen Riesenunterschied.

Und mir fällt ein Riesenbrett vorm Kopf runter. Denn zugegebenermaßen, habe ich mich kurzzeitig von der bvh-Berechnung irreführen lassen. Eben, weil sie so simpel und nachvollziehbar war. Mir kamen die 20 Mrd. Euro zwar seltsam vor, hatte auch die Aussage Jeff Bezos „1/3 des Umsatzes werden von Marketplace-Händlern erzeugt“ im Ohr und daher nach Bauchgefühl bei Bekanntgabe der Amazon-Zahlen den GMV auf ebenfalls ca. 10 Mrd. Euro geschätzt, aber den Denkfehler habe ich nicht gefunden und meinen Bauch auch nicht mehr näher befragt.

Von daher müsste also die Berechnung von wortfilter mit knapp 10 Mrd. Euro Amazon GMV stimmen. Zumindest annähernd, denn die genaue Marketplace-Quote ist genauso unbekannt, wie die durchschnittliche Marketplace-Provision oder die Höhe der Provisionen, die nicht von Marketplace-Händlern kommen, zB. für deren Amazon Web Services. Alles Faktoren, welche die Berechnung des Amazon-GMV noch verändern dürften.

Den GMV für eBay rechnet wortfilter übrigens auf 6,6 Mrd. Euro hoch. Unbekannt, wie sich dies auf gewerbliche Händler und Privatauktionen verteilt. Ein erheblicher Teil dürfte mittlerweile jedoch auf gewerbliche Auktionen entfallen.

Vergleicht man die eBay-Zahlen, dann mit den „wortfilterschen“ 3,48 Mrd. Amazon Marketplace-Umsatz, passt wiederum die Aussage vieler Händler nicht so recht dazu. Diese berichten, mehr oder weniger unisono, dass sie über Amazon, gegenüber eBay, teilweise ein Vielfaches an Umsatz erzielen würden.

Es bleibt also spannend und nur bedingt transparent.

Update: Martin Gross-Albenhausen, weist in seinem Kommentar zu diesem Artikel noch einmal explizit darauf hin, wie der bvh den mutmaßlichen Amazon GMV ermittelte. Vielen Dank für die Ergänzung!:

Wir kommen sozusagen von einem Endbetrag und rechnen “top down”: Wir wissen, für wie viel Milliarden Euro Deutsche bei Amazon gekauft haben. Wir fragen nach dem Ort des letzten Kaufs (vergangene 7 Tage), bestellte Warenart und der Bestellsumme dieses Kaufs. Ich denke, bei einer Stichprobe von 40.000 überschneidungsfreien Befragungen übers Jahr (wir fragen keine Person zwei Mal) dürfte der statistische Fehler relativ klein ausfallen.

Wir haben in jedem Fall eine klare Differenz zwischen dem, was Amazon als Umsatz ausweist, und dem, was die Kunden draußen uns als Zahl nennen. Wenn ich davon ausgehe, dass es um netto irgendwo um die 18 Mrd. Euro Amazon-Warenumsatz geht (denn nur den erfassen wir ja), dann müssen wir einfach diese Differenz aufklären.

Es bleiben in jedem Fall 10-11 Mrd. Euro übrig, eher mehr. Jede Milliarde, die Amazon mit FBA, AWS und Provisionen in seinen 7,57 Mrd. Euro drin hat, kann man auf die 10-11 Mrd. draufschlagen.

Wie gesagt, es bleibt spannend und nur bedingt transparent.

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