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Andere Länder – andere Pflichten: Rechtsprechung für Onlinehandel in Frankreich Teil 2

Im ersten Teil der Artikelserie haben wir die wichtigsten Rechtsfragen zu den Themen AGB-Vereinbarungen, Fernabsatzverträgen, Widerrufsrecht, Gewährleistungs- und Produktrecht im französischen Onlinerecht hinsichtlich ihrer Unterschiede zum deutschen Recht betrachtet.

Für den Onlinehändler sind darüberhinaus Informationen zum französischen Preisrecht und Vorschriften bezüglich Impressum/Datenschutz obligatorisch. Einen Ausblick zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/83/EU und die damit einhergehenden Änderungen finden Sie am Ende dieses Artikels.

Das französische Preisrecht

Zur Preisangabe gelten in Frankreich wie in Deutschland die Regelungen der EU-Richtlinien 97/7/EG, 2000/31/EC, die Informationen zum Preis müssen bereits im Onlineshop des Onlinehändlers gegeben werden. In Frankreich ist gemäß L 113-3, L 121-18 Code de la Consommation der Preis in Euro und als Endpreis (einschl. der MwSt) anzugeben (Artikel 1, Arrêté du 3.12.1987). Generell ist zu entscheiden, ob beim innergemeinschaftlichen Handel die französische oder deutsche Mehrwertsteuer ausschlaggebend ist. Im Fall der innergemeinschaftlichen Lieferung an erwerbsteuerpflichtige Abnehmer entscheidet die sog. Erwerbsschwelle, ob die deutsche oder die französische Mehrwertsteuer zur Anwendung kommt. Hierzu sollte der deutsche Onlinehändler, der Waren nach Frankreich liefert, den Rat seines Steuerberaters einholen.

Die Versandkosten müssen nicht im Endpreis als Preisbestandteil angegeben werden, sind aber im Preisfeld im Onlineshop vollständig ersichtlich für jedes Produkt je nach Gebiet oder Land der Auslieferung auszuweisen. Üblicherweise sollten die Versandkosten in Frankreich nach Auslieferung in „France Metropolitaine“ und “DOM/TOM“ beziffert werden, einen speziellen Inseltarif auszuweisen ist empfehlenswert (Arrêté du 03.12.1987).

In Deutschland gelten bestimmte Vorschriften zur Angabe des Grundpreises bei bestimmten Artikeln, in Frankreich hingegen keine allgemeine Preisangabenverordnung. Dennoch gelten Sonderregeln für bestimmte Erzeugnisse in Fertigpackungen bei Verkauf an Verbraucher: ein Grundpreis in Kilogramm, Hektogramm, Liter, Deziliter, Meter, Quadratmeter, Kubikmeter muss vor allem für Nahrungsmittel, Hygieneprodukte und Haushaltspflegemittel ausgewiesen werden (Arrêté vom 16.11.1999).

Bei besonderen Preisgestaltungen wie Schluss- und Ausverkauf und Preisrabatten gelten in Frankreich strenge Regeln (L. 310-3 Code de commerce/L.121-1 Code de la consommation, Arrêté du 31.12. 2008). Empfehlung: die Angabe Schlussverkauf oder Ausverkauf ist sehr sorgfältig nach Maßgabe des Artikels zu nutzen, da der Schluss-und Ausverkauf nur zweimal jährlich zu bestimmten Zeiten möglich ist, und die vorgesehene Ware bereits vor dem Aktionszeitraum zum Verkauf angeboten worden sein muss.

Bei Preisrabatten ist die Angabe des reduzierten Preises und des Vergleichspreises verpflichtend, das mit Preisrabatt beworbene Produkt muss verfügbar sein und Beginn und Ende der Aktion müssen genannt werden bzw. ein Zusatz „jusqu’à épuisement des stocks“ (Lieferung solange Vorrat reicht). Ist die Ware nicht mehr verfügbar, muss die Werbeaktion beendet werden. Die Preisreduktion darf nicht missbräuchlich im Sinne des Wettbewerbrechts eingesetzt werden bspw. um einen Wettbewerber auszuhebeln.

Laut Arrêté du 31.12.2008 muss der Vergleichspreis der niedrigste Preis sein, der in den letzten 30 Tagen vor der Aktion auf der gleichen Webseite für das Produkt gegolten hat. Ebenso kann der unverbindliche Herstellerpreis „prix conseillé“ angegeben werden, wenn nachgewiesen wird, dass ein solcher tatsächlich besteht, oder das Jahr angegeben wird, in dem er gegolten hat.

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Verstößt der deutsche Onlinehändler, der Handel in Frankreich betreibt, gegen französisches Preisrecht, so wird dies als Wettbewerbsverstoß angesehen und unterliegt französischem Recht und der Zuständigkeit französischer Gerichte (vgl. Artikel 1 zur Anwendung des maßgebenden Rechts und zuständigen Gerichts). Es gilt die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 vom 11. Juli 2007 (Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, „Rom II“). Bei Wettbewerbsverstößen, die sich auf den französischen Markt auswirken, gilt gemäß Artikel 6 Abs. 1 Rom II französisches Recht.

Artikel 6 Absatz 1 Rom II
(2) Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist das Recht des 
Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtig werden.

Das zuständige Gericht wird gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel I bei unerlaubten Handlungen (so auch bei Wettbewerbsverstößen) festgesetzt, wo das schädigende Ereignis eintritt.

Art 5 Nr. 3 Brüssel I
Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:
(3) wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht;

Als Sanktionen können Bußgelder verhängt werden oder strafrechtliche Ahndung eintreten (L.121-1 Code de la consommation, Artikel 442-2 Code de commerce). Im Einzelfall kann sich die französische Wettbewerbsbehörde (autorité de la concurrence) einschalten, eine Einstellung der Werbeaktion bei Preisrabatten angeordnet werden.

Vorschriften zum Impressum

Nach Art. 6, Art 14, loi pour la confiance dans l’économie numérique, „LCEN“ ist die Angabe des Impressums auf der Webseite in einer ohne Schwierigkeiten einsehbaren Weise für den deutschen Onlinehändler mit Niederlassung in Frankreich für die Abwicklung seines Handles in Frankreich verpflichtend.
Die Anforderungen zum Impressum in Frankreich gehen weit über die Deutschland hinaus, müssen folgende Pflichtangaben erfüllen (Art 6 III-1 LCEN, Art 111-2, Art L 121-2, Art L121-18 Code de la Consommation, Art 19 LCEN) und darüberhinaus der französischen Datenschutzbehörde gemeldet werden:

– Name
– Rechtsform (z.B. Société anonyme=AG, SARL=GmbH, SAS=vereinfachte AG)
– Postalische Adresse
– Telefon, Fax, E-Mail Adresse
– Gesellschaftskapital
– Identifikationsnummer des Betriebes. In Frankreich ist jedes Unternehmen mit einer Identifikationsnummer registriert (numéro de SIREN)
– Identifikationsnummer für eine im Handelsregister eingetragene Einzelperson: In Frankreich ist jede im Handelsregister eingetragene Einzelperson mit der Identifikationsnummer RCS registriert
– Identifikationsnummer für eine im Handwerkskammerregister eingetragene Person: In Frankreich wird die RM-Identifikationsnummer an Personen vergeben, die in den Handwerkskammerregistern eingetragen sind
– Verantwortlicher für die Gestaltung des Internetauftritts (directeur de la publication)
– Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer
– Informationen zum Website Verwalter (hebergeur)

Deutsche Onlinehändler, die keine Niederlassung in Frankreich haben und Waren von Deutschland direkt nach Frankreich vertreiben, können ihr Impressum hingegen nach deutschem Recht angeben und sind von den französischen Impressumsvorschriften als Teil der registrierungspflichtigen Angaben gegenüber der französischen Datenschutzbehörde entbunden. Dies wurde ausdrücklich in den Merkblättern der französischen Datenschutzbehörde CNIL festgestellt. Es müssen lediglich die Angaben nach deutschen Vorschriften des Telemediengesetzes eingehalten werden. Weitere Informationen zum Telemediengesetz finden Sie hier.

Vorschriften zum Datenschutz

Auch beim Datenschutz unterliegt der Onlinehändler mit Niederlassung in Frankreich den französischen Bestimmungen und ist verpflichtet, eine Datenschutzerklärung bei der französischen Datenschutzbehörde (Commission nationale de l’informatique et des libertés, „CNIL“) mit Informationen u.a. zum Impressum, Zahlungsverkehr, wirtschaftlicher und finanzieller Lage und Archivierung von Kundendaten abzugeben.

Die Ernennung eines Datenschutzbeauftragten im Unternehmen (Correspondant Informatique et Libertés „CIL“), als Ansprechpartner gegenüber der Datenschutzbehörde CNIL wird von eben dieser empfohlen, unter Berücksichtigung der Größe der Niederlassung (Betriebe bis 50 Mitarbeitern ist die Ernennung eines externen Datenschutzbeauftragten freigestellt, Betriebe über 50 Mitarbeitern sind angehalten, den Beauftragten aus dem eigenen Unternehmen zu stellen). Der Datenschutzbeauftragte muss über die notwendige Qualifikation für seine Aufgabe verfügen „Le correspondant est une personne bénéficiant des qualifications requises pour exercer ses missions“ (Artikel 22, Loi n. 78-17 du 6 janvier 1978 relative à l’informatique, aux fichiers et aux libertés). Dies beinhaltet die Verantwortung für die Datenverarbeitung und –archivierung im Unternehmen, IT-Kenntnisse und nachweisbare Kenntnisse des einschlägigen französischen Datenschutzrechts, oder Erwerb dieser in Weiterbildungsseminaren der französischen Datenschutzbehörde.

Die pflichtwidrige Nichtregistrierung kann nach (Article 226-24 Code pénal, Article 45-47, Loi no. 78-17 du 6 janvier 1978 relative à l’informatique, aux fichiers et aux libertés) mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe und bis zu 300.000 € Geldstrafe geahndet werden. Auch kann die Niederlassung zusätzlich zwangsweise geschlossen oder konfisziert werden (Article 131-21 Code pénal).

Vergleichbar mit den Vorschriften zum französischen Impressum gilt für den deutschen Onlinehändler, der seinen Handel von Deutschland aus betreibt, deutsches Datenschutzrecht. Er muss sich nicht bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL registrieren, auch dies wurde in den Merkblättern der CNIL ausdrücklich festgestellt.

Ausblick: Änderung der Rechtslage in Frankreich nach Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/83/EU

Die Richtlinie wird ab dem 14. Juni 2014 angewendet. Während in Deutschland die EU-Verbraucherrichtlinie bereits in nationales Recht umgesetzt ist, soll dies in Frankreich bis Ende Dezember 2013 erfolgen. Zudem wurde im Mai 2013 in Frankreich in der Assemblée Nationale ein Gesetzesentwurf (Projet de loi sur la consommation, http://www.senat.fr/dossier-legislatif/pjl12-725.html) eingebracht, der weit über die bloße Umsetzung dieser EU-Richtlinie hinausgeht, am 3. Juli 2013 durch die Assemblée Nationale verabschiedet und am 14. Juli 2013 zur Lesung an den Senat weitergeleitet. Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes ist Ende 2013 zu rechnen. Bei französischen Wirtschaftsverbänden und insbesondere beim Verband der französischen Onlinehändler („Fédération e-commerce et vente à distance, FEVAD“) ist der Gesetzesentwurf heftig umstritten.

Nachfolgend die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs:

– Einführung des Instruments der Sammelklage zugunsten der Verbraucher,
– Möglichkeit der Kündigung von Versicherungsverträgen nach einem Jahr Laufzeit,
– Ausweitung des Schutzes von Produkten nach ihrem Ursprungsort (identités géopraphiques protegées) auf alle handgefertigten Produkte (nicht nur handgefertigte Lebensmittel),
– Aufstellung eines nationales Registers von Verbraucherkrediten,
– Verstärkung der Rechte der Überwachungsbehörden,
– Stärkung der Rechte des Verbrauchers bei Vergabe von Verbraucherkrediten,
– Verlängerung der Widerspruchsfrist (entsprechend EU-Richtlinie),
– Einführung eines neues Logo „Fait maison“ in der Gastronomie

Eine ausführlichere Betrachtung der wichtigsten Punkte finden Sie hier.

Selbst wenn der deutsche Onlinehändler seine Waren ohne Niederlassung in Frankreich vertreibt, sollte er sich gewissenhaft mit den neuem Gesetzesentwurf auseinandersetzen – der französische Verbraucher kann sich im Zweifelsfall auf die Verbraucherschutzvorschriften in seinem Land berufen und sein Recht und die Zuständigkeit seiner Gerichte beanspruchen.

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