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Heimliche Abschaffung der Preisparität bei Amazon

Bislang hat Amazon – trotz aller Widerstände – an seiner Forderung der „Preisparität“ festgehalten. Danach durften Händler ihre Produkte über Amazon nur zum gleichen Preis wie – oder sogar günstiger als – über alle anderen (nicht stationären) Kanäle verkaufen. Wegen der Kosten, die für Händler beim Vertrieb über Amazon anfallen, bedeutete dies, dass Händler ihren Vertrieb über Amazon sozusagen „subventionieren“ mussten. Es hieß also: Lebe mit geringerem Erlös oder lass es.

Nun scheint Amazon diese Forderung stillschweigend gekippt zu haben.

In den Bedingungen unter Seller-Central Europe nennt der Passus „S-4. Parität mit Ihren Vertriebskanälen“ als Bedingungen nur noch eine identische Qualität des Kundenservices (ohne Service bezüglich Payment, den ja Amazon übernimmt) sowie die Qualität der Produktdarstellungen – nicht mehr aufgeführt wird hier nun der Verkaufspreis.

Während die allgemein zugänglichen Hilfeseiten durchaus noch die Preisparität nennen, sehen die Vertragsbedingungen für Verkäufer tatsächlich diese also NICHT mehr vor. Dass dies so stimmt, wurde einem Händler vom Amazon-Support in Bratislava auf Nachfrage explizit bestätigt, schreibt Amazon-Experte Axel Gronen auf Wortfilter. Auch die Internet World Business berichtet vom Kippen der Preispartät bei Amazon.

Spekuliert werden darf, ob sich Amazon durch die Ermittlungen des Bundeskartellamtes zu diesem Schritt gezwungen sah. Dieses urteilt nicht auf der Basis, ob sich einzelne Händler durch die Regelung benachteiligt sehen. Im Sinne des Kartellrechtes geht es der Behörde vielmehr darum, ob Amazon durch dieses Vorgehen den freien Markt beeinträchtigt: Können Händler günstigere Konditionen auf anderen Marktplätzen nicht an die Kunden weitergeben, so könne es „für alternative, insbesondere für neu hinzu tretende Internet-Marktplätze schwierig sein, neben Amazon eine hohe Reichweite zu erlangen“, schrieb das Kartellamt bereits im Februar in einer Pressemitteilung zum Verfahren.

Zur Zeit ruht auch noch ein Verfahren vor dem Kölner Landgericht. Das Gericht hatte entschieden die Weiterverhandlung zu verschieben, bis die Stellungnahme des Kartellamtes vorliegt.

Händler dürfen sich freuen, in ihrer Preisgestaltung – und damit einer der zentralen händlerischen Kernkompetenzen – wieder frei zu sein, auch wsenn sie über Amazon vertreiben (möchten). Ob sie allerdings angesichts der in vielen Produktbereichen hohen Wettbewerbssituation auf der Plattform tatsächlich höhere Preise durchsetzen können, steht auf einem anderen Blatt. Manche Händler rechnen den Amazon-Gebühren eh die Ersparnisse beim Payment (z.B. durch Wegfall von Bonitierungs- und Zahlungsabwickungskosten) und Marketing gegen und haben daher nach eigener Aussage keine Probleme mit geringeren Verkaufspreisen auf dem Marktplatz. Das Gros der Marktplatz-Händler dürfte aber den Fall der Preisparität bejubeln.

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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