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Strategische Neuausrichtung bei Rakuten

Rakuten-Händler die bei diesem Titel der Pressemitteilung erschrecken, können erst einmal wieder aufatmen. Die strategische Neuausrichtung bedeutet nicht, dass Rakuten jetzt selbst unter die Händler geht und fortan selbst Ware verkauft. Dennoch wird sich bei Rakuten einiges ändern.

Fernab der heute veröffentlichten Pressemitteilung, versuche ich diese Änderungen mal zusammenzufassen.

Bisher wird Rakutens Marktplatz von Kunden ja eher als Ansammlung verschiedenster Online-Shops wahrgenommen. Mittels diverser shopübergreifender Funktionalitäten soll sich dieses Bild ändern und die Produkte der 6.000 Rakuten-Shops quasi zu einem Angebot aus einer Hand verschmelzen bzw. wahrgenommen werden.

Zu diesem Zweck wird sich gemäß Pressemitteilung etliches ändern. Während einige der genannten Punkte, wie das zentrale Kundenkonto oder die Merkliste nicht wirklich große Auswirkungen haben wird und es die zentrale Bestellhotline, vermutlich schon immer gab, gibt es zumindest zwei Punkte die der näheren Betrachtung bedürfen.

Die Suche: Neben der lokalen Suche im jeweiligen Shop können Kunden ebenfalls shopübergreifend in allen 11 Millionen Produkten aller 6.000 Rakuten Shops suchen.

Ein konsequenter Schritt, aus Sicht Rakutens. So steht der Kunde im Mittelgrund. Bedeutet, dass der Kunden nicht nur auf dem Marktplatz über alle Shops suchen kann, sondern künftig auch wenn ein Rakuten-Händler seinen eigenen Shop (bei Rakuten) zB. über Online-Marketing bewirbt. Obwohl der Kunde dann erst einmal im beworbenen Händler-Shop landet, könnte er über diese zentrale Suche letztlich bei einem ganz anderen Händler kaufen.

Auch wenn es Rakuten als Gesamtkonstrukt sicherlich hilft den Kunden im „System“ zu halten und so wiederum global betrachtet die Konversionsrate deutlich nach oben hieven könnte, ist es für Händler dennoch ein zweischneidiges Schwert.

Die Pessimisten unter den Händlern könnten argumentieren, dass sie – sollten sie ihren eigenen Online-Shop (Rakuten Mietshop) bewerben – Marketing für andere betreiben. Nämlich dann, wenn er über die zentrale Suche künftig abspringt.

Die Optimisten unter den Händlern sagen möglicherweise, dies sei doch egal. Denn wenn ein Kunde die zentrale Suche, statt der lokalen Shop-Suche, nutzt ist er eh weg, da er offensichtlich im eigenen Shop nicht gefunden hat was er sucht.

Und bevor er, wie sonst, seinen Shop auch verlässt dann aber bei Google weitersucht soll er wenigstens bei einem Rakuten-Kollegen kaufen. Andererseits, profitiert er auf diesem Weg auch einmal von anderen Rakuten-Shops. Und am Ende gleicht sich eh immer alles aus.

Im Zuge der Einführung der zahlreichen neuen Features wurde auch eine Anpassung des
Gebührenmodells nötig, welches den angeschlossenen Händlern bereits heute gemeinsam mit den
neuen Funktionen in einer Sonderausgabe der Händlerzeitschrift Rakuten DREAM vorgestellt wurde.

An die Stelle des aktuellen sehr komplizierten Kostenmodells mit unterschiedlichen Vermittlungsprovisionen für Shop (1%) und Marktplatz (2-7%) plus einer umsatzabhängigen Servicegebühr (0,25 – 1,00 €) plus einer Paymentgebühr (3%), tritt eine andere aber ebenso komplizierte Kalkulation.

Fortan entfällt die unterschiedliche Vermittlungsprovision und wird sortimentsabhängig auf 5 – 9% vereinheitlicht. Egal ob es sich um einen eigenen Onlineshop-Kunden handelt oder dieser über den Marktplatz kam. Die Paymentgebühr entfällt genauso wie die Servicegebühr.

Erst einmal also definitiv einfacher zu kalkulieren. Dafür kommen jedoch noch möglicherweise zusätzliche Vermittlungsprovisionen auf die Händler zu:

Geschickter Schachzug oder Zufall – ein genauer Kostenvergleich zwischen der beiden Gebührenmodellen ist nicht möglich.

So kann es in manchen Fällen, insbesondere bei über den Marktplatz vermittelten Orders, für den Händler wohl teilweise deutlich günstiger werden. Vor allem bei den Sortimenten die nun neu reduziert sind. War früher nur Elektronik reduziert, sind es jetzt auch beispielsweise Haushaltsgeräte oder Reifen & Felgen.

In welchen Fällen es teurer wird, lässt sich ob der Komplexität beider Gebührenmodelle auf dem ersten Blick nicht hieb- und stichfest nachvollziehen. Wie es scheint, dürfte dies jedoch bei Umsätzen die über den eigenen (Rakuten-)Onlineshop zustande kommen, öfters der Fall sein. Für aktive Rakuten-Händler sollte die Bewertung anhand ihrer eigenen Zahlen sicherlich ein leichtes sein. Über entsprechende Kommentare freue ich mich.

Persönliche Einschätzung: Ein mutiger Schritt, der nur konsequent ist aber auch nach hinten gehen könnte. Ich gehe jedoch davon aus, dass er sich mittelfristig als richtig – auch für die Händler – herausstellen wird. Auch wenn der Beweis in der Praxis ja noch aussteht, gehe ich davon aus dass die „Neuausrichtung“ Rakuten (und somit auch deren Händlern) ihrem Ziel Amazon abzulösen zumindest näher bringen wird.

Erst einmal könnte es für die Rakuten-Mitarbeiter dennoch heissen: „Ohren anlegen und durch“. Je nachdem, wie die bestehenden Rakuten-Händler reagieren.

Denn abzuwarten bleibt tatsächlich, wie diejenigen Rakuten-Händler abschneiden werden, die bisher in ihrem eigenen Online-Shop für Traffic gesorgt haben. Und nun befürchten müssen, Besucher wegen der neu eingeführten zentralen Suche zu verlieren. Auch hier kann nur die Praxis verbindlich zeigen, wie es sich tatsächlich entwickelt.

BTW: Das Thema Rakuten Superpunkte kann ich ja immer noch nicht wirklich einschätzen. Bringt das nun etwas oder bringt es nichts? Laut Rakutens CEO Beate Rank sei das Superpunkte-Programm sehr erfolgreich und man wolle demnächst auch einmal Zahlen dazu veröffentlichen. Würde mich trotzdem freuen, wenn auch hier ein Rakuten-Händler von seinen Erfahrungen berichtet.

Nachtrag: Erste Händler-Meinungen sind im Sellerforum zu finden.

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