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Ehemals „Froogle“, ehemals „Base“, ehemals gratis: Google führt bezahlte Listings für Shopping ein

„Heute kündigen wir eine neue Initiative zur längerfristigen Verbesserung unseres Shopping-Erlebnisses an — auf dass Käufer (Ihre Kunden) auf einfache Art für ihre Einkäufe recherchieren, verschiedene Produkte in ihren Eigenschaften und Preisen vergleichen und dann direkt den Händler kontaktieren können, um ihren Kauf zu tätigen.“*

Google schafft das kostenfreie Produktlisting ab

Wenn Google so euphorisch Verbesserungen ankündigt, kann dies nur eines heißen: Es wird teurer. Und genau so ist es auch geplant, wie etwas weiter unten sehr offen erklärt wird:

„Als erstes beginnen wir damit, die Google Product Search in den USA in ein ausschließlich kommerzielles Modell zu überführen, das auf Produktlistungs-Anzeigen basiert.“*

Bereits zum Herbst soll diese Umstellung abgeschlossen sein. Einer der Vorteile, den Google sieht: Wenn man eine Kundenbeziehung mit den Händlern habe, werden diese für eine bessere Datenqualität sorgen (womit man vermutlich absolut korrekt liegt: Wer zahlt, achtet noch genauer auf wirksame, hochwertige Daten…). Der Hauptvorteil dürfte aber doch wohl eher in der Monetarisierung des Google Shopping-Bereiches liegen 😉

Das Ranking berechnet sich aus Gebot, Relevanz und…

Wie bei Adwords-Anzeigen (und auch den noch sehr neuen Produkt-Anzeigen) wird das Ranking der bezahlten Listings aus einer Kombination der Faktoren „Relevanz“ und „Gebot“ berechnet werden. Das wird also schon heiter werden, jedenfalls solange so viele Shops weiterhin so wenig Ehrgeiz bei ihren Produktbeschreibungen zeigen wie aktuell (erstaunlicherweise noch immer) üblich.

Gottseidank kümmert sich Google ja schon länger auch um die generelle Qualität der listenden Onlineshops, indem Shopbewertungen gesammelt und ausgewertet werden. Die Zuverlässigkeit der Shops ist für Kunden tatsächlich ein ganz (Kauf-)entscheidendes Kriterium. Entsprechend liegt es Google besonders am Herzen, hier zutreffende Informationen für die Kunden bieten zu können: Gütesiegel gibt es viele, aber selbst kann Google es natürlich am besten, also startet man das eigene Programm:

Google Trusted Stores

Google Trusted Stores ist im Grunde das Trusted Shops-Prinzip:

  1. Google zeichnet Shops, die nachweislich „zuverlässig, pünktlich liefern und exzellenten Kundenservice bieten“ mit seinem Siegel „Google Trusted Stores badge“ aus.
  2. Kunden, die in Google Trusted Stores kaufen, können optional einen (für den Kunden) kostenlosen „Google Käuferschutz“ nutzen.

Allerdings: Googles Trusted Stores-Service bietet auch den Händlern etwas (für ihr Geld):

Google stands behind merchants that have earned the Google Trusted Stores badge with a $1,000 lifetime purchase protection guarantee per shopper.

Das klingt so, als würde Google für die Käufe jedes Kunden mit bis zu 1.000 US-Dollar einstehen – wie es sich in der Realität abspielt, dürfte allerdings das Kleingedruckte regeln. Ganz unverblümt nennt Google aber auch den anderen Zwang Vorteil für Händler zur Teilnahme am Google Trusted Stores Programm: Wer mitmacht, verbessert sein Produktlisting.

Die Folgen

Die Folgen der Umstellung liegen auf der Hand:

Erstens verdient Google mehr Geld. Weil Händler ab sofort für Produktlistings zahlen müssen; Gratis war einmal.

Zweitens wird „Relevanz“ nun auch bei Produkten noch wichtiger werden. Das kann sogar erfreuliche Folgen haben, wenn sich aufwendig-pfiffig gestaltete, umfassend formulierte Produktbeschreibungen zukünftig noch mehr auszahlen sollten.

Drittens werden Trusted Shops und andere Siegel sich auf längere Sicht warm anziehen müssen. Jedenfalls wenn Google den Job gut macht und die Kunden nicht spätestens jetzt ein „Creepy Animal Farm/Big Brother-Gefühl“ beschleicht, aufgrund dessen sie Google dann doch weniger trauen als unabhängigen Services.

Viertens rutschen organische Listings in der Google Suchausgabe weiter nach unten: Weil Google in der Universal Search nun eine Art „Schaufenster“ für bezahlte Produktlistings unterhalb der oberen drei Anzeigen einschiebt dürften die ersten organischen Ergebnisse (fast) in den Scrollbereich der Suchausgabe rutschen. Das heißt: Nutzer werden noch öfter fast nur noch die Anzeigen anklicken und noch weniger die organischen Listings, selbst bei den Sites, die es (dank SEO – also aus Google-Sicht ebenfalls durch ‚geniale, relevante Texte, ein gutes (Link-)Renommee und exzellenter Website-Erlebnisqualität‘) organisch auf Platz 1-3 geschafft haben.

Und schließlich weist Philipp Klöckner in seinem Artikel zur Neuerung darauf hin, dass Google sehr sicher die Verknüpfung seiner vielen Datenquellen, nicht zuletzt mit seinem Bezahldienst Google Checkout, nutzen wird, um herauszufinden, wo „gute Shopping-Erlebnisse“ und wo weniger gute liegen.

Wohin die Reise geht ist klar – und dies hat auch Peter hier bereits öfter skizziert: Google hat die (1) Produkt-Daten und (2) die Käufer-Daten und es verfolgt (3) die Abwicklung. Und verdient ab sofort dann bei 1, 2 und 3. Außerdem hat es die Daten der persönlichen Vorlieben der Kunden und kontrolliert die Produktdarstellung. Damit lässt sich ein super individualisiertes „Empfehlungsmarketing“ zaubern. Und wie groß war noch mal das Potential von gut gemachtem Empfehlungsmarketing? Ach ja richtig…. Zusammen mit der GTS-Gebühr kassiert Google dann bis zu fünf Mal**. Jedes Mal. 😉

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

Nachtrag: Ein guter Artikel dazu von Martin Groß-Albenhausen (bvh) zur Frage „Wohin könnte sich also der Händler wenden, wenn er die PLA vermeiden möchte?“

*eigene Übersetzung, Original:
Today we’re announcing a new initiative to improve our shopping experience over time–so that shoppers (your customers) can easily research purchases, compare different products, their features and prices, and then connect directly with merchants to make their purchase.
First, we are starting to transition Google Product Search in the U.S. to a purely commercial model built on Product Listing Ads.

**Ja ok, unsauber gezählt: durch eine geschickte Empfehlungsarchitektur wird ja nicht direkt kassiert, sondern „nur“ über zusätzlich ausgelöste Käufe. Ich zähle es trotzdem als Einnahmequelle 😉

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