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Rakuten-CEO Hiroshi Mikitani im Interview

„The Biggest E-Commerce Site You Never Heard Of”, so lautet das berühmte Bonmot von Techcrunch über den japanischen Internet-Konzern Rakuten und in der Tat spricht einiges für diese Sichtweise: Der Marktplatz Rakuten Ichiba ist viermal so groß wie Amazon.co.jp, das Unternehmen beschäftigt mehr als 10.000 Mitarbeiter und zählt mit einer Marktkapitalisierung von rund 15 Mrd. US-Dollar zu den zehn größten Internet-Companies weltweit. In den vergangenen zwei Jahren hat Rakuten zur Expansion angesetzt und unter anderem Buy.com (USA), Priceminister.com (Frankreich), Play.com (UK) sowie das kanadische eBook-Unternehmen Kobo übernommen. Hierzulande wurde Mitte 2011 der Plattformbetreiber Tradoria akquiriert, zu dessen Umfirmierung in Rakuten.de Gründer und Firmenchef Hiroshi Mikitani nun nach Deutschland kam. Lesen Sie unser Interview mit dem Rakuten-CEO:

Wo sehen Sie den Unterschied zwischen Rakuten und den US-Plattformen Amazon und Ebay?

Mikitani: Rakuten Ichiba ist ein Shop-basierter Online-Marktplatz. Im Prinzip kann man hier alles finden, was es zu kaufen gibt. Und wenn Sie etwas nicht bei Rakuten Ichiba finden, dann weil es das wahrscheinlich in Japan gar nicht gibt. Mit seinem Shop-zentrierten Ansatz ist Rakuten Ichiba grundlegend anders wie Amazon. Die Plattform umfasst mehr als 40.000, sehr individuell gestaltete Shops. Ebay hat hier in den letzten Jahren eher eine Strategie eingeschlagen, die Rakuten kopiert. Doch gibt es auch hier große Unterschiede: Die Ebay-Shops sind sich sehr ähnlich, was bei Rakuten nicht der Fall ist. Wir setzen lediglich auf minimale gemeinsame Standards, darüber hinaus können die einzelnen Shops alles ändern.

Führt die hohe Eigenständigkeit der Shops nicht dazu, dass erfolgreiche Anbieter dazu ermuntert werden, sich mit eigenen Shops selbstständig zu machen?

Mikitani: Manche eröffnen in der Tat eigene Shops, doch kommen die meisten schnell wieder zu Rakuten Ichiba zurück. Denn im Vergleich sind für einen selbstständigen Shop die Traffic Acquisition Costs astronomisch. Bei Rakuten sind dagegen die Kosten für Shopbetreiber sehr niedrig und sie erhalten einen guten Kundenservice. Über Rakuten Ichiba zu verkaufen ist ökonomisch viel sinnvoller als einen eigenen Shop zu betreiben.

Rakuten-CEO Hiroshi Mikitani beim Interview am Rande des Händlertreffens "Live! 12" in Bamberg

Rakuten ist bekanntlich auf Expansionskurs. Wo stehen Sie heute mit Ihrer Expansionsstrategie?

Mikitani: Wir planen, uns in 27 OECD-Länder sowie in die BRICS-Länder auszuweiten. Deutschland ist dabei sehr wichtig für uns, da es ein sehr großer Markt ist. E-Commerce wächst hier sehr gut und auch die angebotenen Logistik-Services sind sehr gut.

Nach der Übernahme Mitte 2011 ist Tradoria nun in Rakuten.de umfirmiert. Welche Ziele haben Sie für den deutschen Markt?

Mikitani: Wir wollen die Nr. 1 unter den Internet-Marktplätzen werden. Nicht von heute auf morgen, aber in einem Zeitraum von fünf Jahren können wir das schaffen. Da unser Geschäftsmodell kooperativ ausgerichtet ist, hängt das allerdings davon ab, welche Anbieter wir auf unsere Plattform kriegen. Damit wir unsere Ziele erreichen, brauchen wir auch eine ganze Reihe großer Anbieter. Wenn uns das gelingt, kann Rakuten in Deutschland eine Alternative werden. Rakuten hat ein hohes Commitment für den deutschen Markt. Zudem glauben wir daran, dass von Rakuten auch die lokale Wirtschaft profitieren kann und haben es uns zum Ziel gesetzt, den lokalen Handel zu stärken.

Wie sehen Ihre Pläne für den stationären Handel aus?

Mikitani: Die On-/Offline-Integration ist für uns eine strategische Zielsetzung und deshalb eine sehr knifflige Frage. Amazon hat ja vor kurzem seine Kunden dazu aufgerufen, Barcodes in stationären Geschäften zu fotografieren und ihnen dann einen Discount angeboten, wenn sie online bestellen. So etwas würden wir nie machen. Wenn bei uns jemand einen Barcode in einem Geschäft scannt und dann bei Rakuten kauft, erhält der Händler von uns eine Provision. Wir wollen fair sein und den Einzelhandel nicht ruinieren. Deshalb setzen wir auf ein Modell, das beiden Seiten einen fairen Anteil bietet. Es ist nun einmal so, dass sich die Kunden gerne offline informieren und online kaufen. Wir haben eine Lösung entwickelt, die per GPS identifiziert, in welchem Laden der Kunde sich informiert hat und den lokalen Händlern so zu einer Art Affiliate Partner von Rakuten macht. Wir wollen nicht, dass der lokale Handel Online als Feind betrachtet, vielmehr soll der Händler den Kunden dazu ermuntern einen Barcode einzuscannen.

Wie können bestehende Tradoria-Partner von der Übernahme durch Rakuten profitieren?

Mikitani: Unser Ziel ist es, den internationalen Handel auszubauen und davon können auch die deutschen Händler profitieren. Wir planen, die Händler mit eigenen Logistik-Services zu unterstützen und wollen auch in Deutschland eigene Kapazitäten aufbauen. Rakuten ist eine große Gruppe und unsere Partner können viel voneinander profitieren.

In Japan setzt Rakuten sehr stark auf dem Mobile Commerce. Welches Potenzial sehen Sie für den Einkauf per Smartphone bzw. Tablet in Deutschland?

Mikitani: In Japan ist Mobile Shopping in der Tat schon sehr weit, hier läuft schon mehr als 20 Prozent des E-Commerce über mobile Geräte. Aber das wird bald überall passieren und dann werden auch global Mobile-Anteile von 50 Prozent und mehr Alltag sein. Unser Ziel ist es allerdings, gar nicht so sehr zwischen den verschiedenen Endgeräten zu unterscheiden, sondern eine nahtlose Shopping-Umgebung zu bieten, also gewissermaßen eine Cloud-Umgebung für den E-Commerce.

Mit dem Bezahldienst Edy ist Rakuten in Japan auch im Bereich Mobile Payment aktiv. Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Ansatz in diesem Bereich.

Mikitani: Bei Edy geht es darum, eine NFC-basierte Bezahllösung zusammen mit Partnern im stationären Handel verfügbar zu machen. Die größte Herausforderung für jeden Anbieter ist hier Frage, ob sie in der Lage sind, tausende von Bezahlterminals in den stationären Geschäften zu installieren. Rakuten setzt hier auf das Terminal-Geschäft von Sony. Zudem sind in den Smartphones schon heute meist NFC-Chips installiert. Doch mal schauen wie erfolgreich wir sind, jeder will zur Zeit in das NFC-Geschäft.

Rakuten ist ja nur einer von vielen großen E-Commerce Playern aus Asien. Werden auch Wettbewerber wie Taobao, Alibaba oder Tencent bald nach Europa expandieren?

Mikitani: Ich kann nicht sagen, welche Pläne die anderem beim Thema Expansion haben. Aber viele unserer Wettbewerber haben auf ihren Heimatmärkten noch viel zu tun. Vor allem in China ist das Thema Fälschungen noch ein großes Problem.

Und Alibaba?

Mikitani: Alibaba ist ja vor allem ein B2B-Marktplatz und das ist nicht unser Geschäft. Wir sind klar auf den Endkunden-Handel fokussiert. Deshalb ist Alibaba keine Konkurrenz für uns.

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