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EU hat beschlossen: Verbraucherrechte, die auch Händler freuen

Selten bietet die EU-Gesetzgebung solch eine Steilvorlage für einen freudigen Bericht. Diesmal aber können sich (deutsche) Händler wirklich freuen: über die vom EU-Parlament verabschiedeten neuen Regelungen zu den Verbrauerrechten.

Gegenüber der Vorlage (wir berichteten) hat sich noch in einigen Teilen ein wenig verändert. Dies sind die wichtigsten Neuerungen, auf die sich Händler nun vorbereiten können*:

Lieferbeschränkungen und Zahlarten: Onlinehändler sind NICHT verpflichtet, überallhin zu liefern. ALlerdings muss vor dem Beginn des Bestellvorganges über eventuelle Lieferbeschränkungen sowie die verfügbaren Zahlarten aufgeklärt werden. Also diese Informationen am besten deutlich auf allen Shopseiten anzeigen. Beim Payment dürfen Händler den Kunden bei der Verwendung bestimmter Zahlarten Gebühren auferlegen, diese dürfen allerdings niemals höher sein, als die Kosten, die dem Händler bei der Verwendung dieser Zahlart auch tatsächlich entstehen.

Insgesamt sind die Informationspflichten für Händler genau beschrieben, unter anderem auch bezüglich der Preisangaben. Da deutsche Händler ja bereits mit umfangreichen Informationspflichten leben, stellt die EU-Entschließung hier keine Verschlechterung dar – und über die EU-Regelung hinausgehende nationale Regelungen werden explizit verboten!

Bei Fernabsatzverträgen, die über „Datenträger“ erfolgen, auf denen für die Informationen nur begrenzter Raum zur Verfügung steht, sieht die Entschließung auch mögliche Beschränkungen der Informationspflichten auf festgelegte Kerninformationen vor.

Beim letzendlichen Auslösen der Bestellung muss der Kunde nicht nur über die anfallenden Kosten informiert werden – er muss explizit bestätigen, dass er weiß, dass seine Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung einhergeht:

Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut leserlich ausschließlich mit den Worten „Bestellung mit Zahlungsverpflichtung“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Gewerbetreibenden verbunden ist.

Bei telefonischen Verträgen dürfen die Mitgliedsstaaten Regelungen erlassen, die eine schriftliche Bestellbestätigung durch den Endkunden verlangen.

Das Recht zum Widerruf ist vereinheitlicht, die Frist beträgt 14 Tage ab Erhalt der Ware, bei mehrteiligen Lieferungen ab Erhalt des letzten Teils der Lieferung, bei Dienstleistungsverträgen ab Abschluss des Dienstleistungsvertrages. Bei unzureichender Aufklärung des Endkunden über sein Widerrufsrecht „läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab“. Wobei diese Frist sich auf 14 Tage nach Erteilung der nötigen Informationen durch den Händler abkürzt, wenn diese Informationen vom Händler später ’nachgeschoben‘ werden. Dies ist eine deutliche Besserstellung der deutschen Händler gegenüber der momentanen Situation, wo in bestimmten Fällen theoretisch auch „unendliche Widerrufsfristen“ entstehen können.

Der Verbraucher soll den Widerruf konkret erklären, beispielsweise mittels eines entsprechenden (EU-einheitlichen) Formulares, er kann jedoch auch selbst formulieren, solange dabei der Widerruf eindeutig erklärt wird. Händlern ist es freigestellt, den Kunden die Erklärung des Widerrufes mittels eines entsprechenden elektronischen Formulares im Shop zu ermöglichen, dann muss der Eingang dieses Widerrufes dem Kunden gegenüber dokumentiert werden.

Im Falle eines Widerrufes muss der Händler alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat – inkl. der Lieferkosten – „ohne unnötige Verzögerungen und spätestens binnen 14 Tagen“ nach Erhalt des Widerufes rückerstatten – und zwar unter Nutzung des für die ursprüngliche Zahlung genutzten Zahlungsmittels, außer, es wurde mit dem Verbraucher etwas anderes vereinbart und es fallen keinerlei Kosten für den Verbraucher an.

Die Zahlung zurückhalten darf der Händler allerdings, bis er wieder im Besitz der Waren ist (oder der Kunde diese nachweislich abgesendet hat). Nicht ersetzen muss der Händler Lieferkosten, die zusätzlich angefallen sind, weil der Kunde auf einer besonderen (teureren) Art der Lieferung bestanden hatte.

Die Kosten der Rücksendung muss der Kunde tragen. Händler können die Kosten aber dem Kunden erlassen. Hierdurch wird endlich die doppelte Kostenlast der Händler aufgehoben, die bisher die deutschen Händler gegenüber ihrem europäischem Wettbewerb schlechter gestellt hatte. Auch eine 40-Euro-Regelung hat nicht Einzug in den EU-Entschluss gefunden.

Der Verbraucher trägt die Rücksendekosten generell nur dann, wenn er über sein Widerrufsrecht korrekt informiert worden war. Eine genaue Bezifferung der anfallenden Rücksendekosten durch den Händler bereits bei Vertragsschluss – wie im Entwurf noch gefordert – ist in der Entschließung nicht mehr vorgesehen! Bei Waren, die üblicherweise nicht per Post versendet werden können, sieht die EU-Entschließung vor, dass diese auf Kosten des Händlers von diesem abgeholt werden.

Endkunden haften für einen Wertverlust, jedoch nur, wenn dieser durch einen Umgang mit der Ware entstanden ist, der für die „Feststellung der Art, Beschaffenheit und Funktionstüchtigkeit der Waren nicht notwendig“ ist. Eine genauere Beschreibung von etwaigen Sorgfaltspflichten der Kunden hat nicht Einzug in die Entschließung gehalten. Dafür sieht die Regelung aber die Ausnahme vom Widerrufsrecht auch vor, wenn

versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde;

Wie genau diese Versiegelung dabei auszusehen hat, ob beispielsweise ein Klebeetikett über einer Pappschachtel ausreichen würde, bleibt offen.

Insgesamt beinhalten die Regelungen damit für deutsche Händler an vielen Stellen durchaus eine Besserstellung, wenn sich auch erst zeigen wird, inwieweit Änderungen zuungunsten der Kunden am Markt auch tatsächlich durchgesetzt werden können. Denn die bequeme und kostenfreie Rücksendemöglichkeit war bislang nicht nur eine Last für die Händler, sondern gleichzeitig auch ein Argument für viele Kunden, online zu kaufen.

Vermutlich werden viele große Onlinehändler daher auf freiwilliger Basis die kostenlose Rücksendung als Serviceleistung beibehalten. Daher ist es fraglich, ob in Deutschland die vorgesehene Übertragung der Rücksendekosten auf den Kunden tatsächlich flächendeckend realisiert werden wird.

Den Wortlaut des Beschlusses, inkl. Vorlage zur Widerrufsbelehrung und Vorlageformulars zur Ausübung des Widerrufs finden Sie hier.

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

*Die Entschließung muss noch den EU-Rat passieren, dies wird aber als reine Formalie angesehen. Zudem ist die Regelung für die Mitgliedsländer verpflichtend, es ist ihnen nur freigestellt, diese bei Verbraucherverträgen unter 50 Euro Gegenwert nicht einzuführen. Händlern dagegen steht es durchaus frei, den Verrauchern gegenüber den Regelungen verbesserte Konditionen anzubieten.

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