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Kostenloser Versand zieht bei Kunden am meisten

Hauke Timmermann weist im Shopbetreiber-Blog auf einen Getelastic-Artikel von Linda Bustos hin (und übersetzt diesen). Darin unternimmt Bustos Erklärungsversuche dafür, warum Kunden auf freien Versand (irrational) stärker ansprechen als auf Preisnachlässe.

Denn regelmäßig belegen Studien, dass Käufer sehr stark auf Versandkostenfreiheit reagieren, diese regelrecht einfordern. Laut Busos hat Prof. David Bell von der Wharton School sogar beobachtet, dass Kunden für ein versandkostenfreies Angebot, das ihnen $6,99 Ersparnis brachte, um $10,- verbilligte Angebote stehen ließen.

Dieses irrationale Kundenverhalten erklärt sich Busos mit der "Lust am Gewinnen": Käufer vergleichen online die Preise und suchen sich das beste Schnäppchen raus. So fühlen sie sich als "Gewinner" – die dann dazukommenden Versandkosten reduzierten dieses "Gewinngefühl", vermutet sie.

Eine andere Erklärung setzt bei der gefühlten "Unbeliebtheit" von Preis-Nachlässen an: Dr. Flint McGlaughlin glaubt, dass Kunden mit Preisreduzierungen auch eine "Herabsetzung" des jeweiligen Produktes assoziieren. Nach dem Motto: "Dann ist es wohl weniger Wert, als angenommen".

iBusiness nahm den Artikel zum Anlass, "Versandhausberater" Martin Groß-Albenhausen nach seiner Erklärung für das Phänomen zu fragen. Groß-Albenhausen ist generell eher ein Gegner des Erlasses von Versandkosten. Dies erläuterte er bereits vor einiger Zeit bei uns. Immerhin sind Versandhandelskunden ja auch seit Jahrzehnten daran gewöhnt, Versandkosten zu zahlen. Zudem ist der Versand – und das ist ja nicht nur das Porto, sondern das gesamte Handling, Material und mittlerweile auch dessen Entsorgung – ein empfindlicher Kostenfaktor. Dennoch sieht auch Groß-Albenhausen begrenzte Werbeaktionen mit Versandkostenfreiheit als sinnvoll an.

Gegenüber iBusiness vermutet er den Grund für die Unwilligkeit von Kunden, Versandlosten zu zahlen, darin, dass diese wie eine Art Strafzoll empfunden werden:

"Allgemein könnte sein, dass die Menschen den Preis nicht als Strafe empfinden, aber die Versandkosten schon. Die Entscheidung treffen sie für die Ware zum genannten Preis, die Versandkosten werden hingenommen – aber wenn die wegfallen, erscheint das Angebot wettbewerbsfähiger"

Ich könnte mir auch vorstellen, dass es Kunden schlicht als "besonders kundenfreundlicher Akt" erscheint, wenn ein Händler "gratis versendet". Während Preisnachlässe und generelle Discounts von Kunden (nicht zu Unrecht) als "Kundenfang-Mittel" angesehen werden, wird vom Gratisversand eher auf eine besondere Kundenorientierung des Händlers geschlossen. Dann würden Preisnachlässe zwar die "Gewinnlust" von Käufern kitzeln, aber auch immer ein leichtes Misstrauen dem Händler gegenüber schüren: Der ist wohl sehr gewieft, vielleicht gewinne ich doch weniger als ich denke? Hinter gratis versendenen Shops vermuten Käufer dann eher gradlinige Händler mit hohem Servicelevel.

Busos übrigens gibt konkrete Tipps, wie man die Affinität der eigenen Kunden bezüglich Versandkostenfreiheit austesten kann – und was man tun kann, wenn man auf dieses Geld nicht verzichten kann:

If the preference for free shipping is stronger than other incentives for your customers, you may consider switching your email and affiliate promotions accordingly (hint, run a split test to find out).

Wenn Ihre Kunden den Gratisversand stärker bevorzugen, als andere Vergünstigungen, sollten Sie überlegen, Ihre E-Mail- und Affiliatewerbung entsprechend umzustellen (Tipp: Fahren Sie A/B-Test, um dies herauszufinden)

If you’re not able to offer free shipping, one tactic to be careful with is showing a bundled price that includes shipping. A 1998 study by Morwitz, Greenleaf and Johnson tested “$82.90 including shipping and handling” against “$69.95 plus $12.95 shipping and handling”.

Wenn Sie keinen Gratisversand anbieten können, ist eine Taktik, Bundling-Preise anzubieten. In einer Studie in 1998 testenten Morwitz, Greenleaf und Johnson “$82.90 inklusive Porto und Verpackung” gegen “$69.95 zuzüglich $12.95 Porto und Verpackung”.

Das Ergebnis dieser Untersuchung: Die Kunden griffen eher zum Angebot mit separaten Versandkosten, offenbar, weil sie bei den angegebenen Gesamtkosten den Versand nicht gedanklich herauslösten. So erschien das Produkt für sie teurer. Allerdings: 2005 ergab eine Studie das Gegenteil…

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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