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Preisauszeichnung für Kleinunternehmer

Vor einigen Wochen erhielt ich einen Anruf einer Kleinunternehmerin, die Tipps zur Gestaltung ihres Onlineshops erbat. Sie wollte ihre Preise – nach dem Rat ihrer zuständigen IHK! – so auszeichnen: "235,- Euro inkl. 0% USt.*" Das Sternchen war nicht verlinkt, am Fuß der Webseiten fand sich jeweils der Satz "*Aufgrund des Kleinunternehmerstatus gemäß §19 UStG erhebe ich keine Umsatzsteuer und weise diese daher auch nicht aus."

Kurz zuvor erst hatte sich Tradoria mit der Preisauszeichnung in Onlineshops von Kleinunternehmern beschäftigen müssen – und war zu einer anderen Lösung gekommen. Auch im Sellerforum wurde das Thema diskutiert. Anlass genug also, sich dies einmal genauer anzusehen…

Das "Prinzip Kleinunternehmer"

Schon die Sachlage der Steuererhebung an sich – ganz ohne Preisangabenverordnung – ist bei Kleinunternehmern kompliziert, denn:

Nach §1 UStG unterliegen (die meisten) Umsätze der Umsatzsteuer. Danach müssten auch die Umsätze von Kleinunternehmern umsatzsteuerpflichtig sein. Und tatsächlich spricht der Gesetzgeber auch in der "Kleinunternehmerregelung" in §19 UStG von der "geschuldeten Umsatzsteuer", die der Staat bei Kleinunternehmern nur schlicht "nicht erhebt".

Demnach wäre die Kleinunternehmer-Regelung sozusagen eine Abmachung zwischen Staat und Unternehmer nach dem Motto:

"Ok, Du streichst was ein, was mir (Staat) gehört (nämlich die USt/MwSt), aber ich lass Dir das. Dafür geb‘ ich Dir nicht wieder, was Dir (Unternehmer) eigentlich zusteht (die Vorsteuer) – wir beide haben weniger Arbeit und unterm Strich rechnet es sich dann schon…"

Allerdings darf ein Kleinunternehmer (um die Kunden nicht zu irritieren) keine Angaben zu einer (in Preisen oder Rechnungen) enthaltenen MwSt (=USt) machen. Tut er dieses doch, so entzieht ihm das Finanzamt (bei Kenntnis) i.d.R. den Kleinanlieger-Status und ihm droht eine Nachzahlung der USt für den entsprechenden Zeitraum (u.U. sogar von Beträgen, die er gar nicht auf seinen Rechnungen angesetzt und eingezogen hat).

Kleinunternehmer im (Online-)Handel

Für Händler kann der Kleinunternehmer-Status reizvoll sein, weil er die Preise anders kalkulieren kann und mithin evtl. niedrigere Preise anbieten kann als ein "normal unternehmerischer" Mitbewerber. Manche Unternehmer scheuen zudem den mit der USt verbundenen Aufwand (so sehr, dass sie im Petitionsausschuss eine Erhöhung der Bemessungsgrenze auf "mindestens 25.000-30.000 Euro" fordern). Im Onlinehandel aber gilt nicht nur das UStG, hier gilt auch die Preisangabenverordnung (PAngV). Und auf deren exakte Beachtung drängen diverse ‚engagierte‘ Anwälte, vorzugsweise mit dem Mittel der Abmahnung…

Die PAngV verpflichtet den (an Verbraucher verkaufenden) Händler dazu, anzugeben, dass seine Preise die MwSt. enthalten:

§1 Abs. 2: Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat zusätzlich zu Absatz 1 und § 2 Abs. 2 anzugeben,
1. dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und…

Insofern steht der kleinunternehmerische Onlinehändler vor einer Zwickmühle, wie auch die IT-Recht Kanzlei in einem Artikel herausgearbeitet hat. Auch Tradoria stand bei der Ausgestaltung der Preisanzeige für kleinunternehmerisch betriebene Tradoria-Shop unlängst vor diesem Dilemma.

Eine Lösung?

Die Lösung des Problems scheint durch die Formulierung eines in der PAngV selbst so benannten "Endpreises" zu liegen:

§1 Abs. 1: Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).

So kommt die Fachanwältin für IT-Recht RA Heukrodt-Bauer zu dem Schluss:

Ich halte es für falsch, wenn Kleinunternehmer "0% Mehrwertsteuer" in die Preisauszeichnung aufnehmen. Tatsächlich weisen sie die Mehrwertsteuer nur nicht aus in der Preisauszeichnung und in der Rechnung. Wir sind bei Tradoria dazu übergangen, einfach den Gesetzestext aus § 1 Preisangabenverordnung ("Endpreis") zuverwenden. Da der Händler informieren muss, ob/dass die Mehrwertsteuer im Endpreis enthalten ist, sollte der Hinweis "keine Ausweisung der Mehrwertsteuer nach § 19 UStG" neben jedem Endpreis platziert werden.

Die Preisauszeichnung bei Tradoria lautet im Ganzen damit:
"Endpreis, keine Ausweisung der Mwst. nach § 19 UStG".

Vor Sternchen-Vermerken warnt Heukrodt-Bauer. Weil der MwSt-Hinweis laut PAngV direkt beim Preis gegeben werden muss, wären Sternchen-Konstruktionen – ob mit oder ohne Link – unzulässig. Auch die Münchner IT-Recht Kanzlei rät zu dieser Formulierung direkt an der Preisangabe, allerdings um einen (eigentlich unnötigen) Hinweis zur "Nicht-Erhebung" von USt hinzu: "Der angegebene Preis ist ein Endpreis zzgl. Versandkosten. Gemäß § 19 UStG erheben wir keine Umsatzsteuer und weisen diese folglich auch nicht aus (Kleinunternehmerstatus)“. Abgesehen davon, dass dieser Zusatz die Preisangabe noch verlängert, scheint er auch sachlich falsch zu sein (s.o.).

Irritierende oder irreführende Angabe?

Im Sellerforum wird eine solche Lösung allerdings kontrovers diskutiert. Seller-Forum-Urgestein ‚jessicaxxl‘ äußert Shopanbieter gegenüber zwar, die "Bezeichnung "Endpreis" oder "incl. MwSt" verbunden mit dem Hinweis, daß die Steuer nicht ausgewiesen wird ist korrekt.". Doch im Forum vertretene Händler befürchten, die ungewohnte Angabe "Endpreis" und insbesondere der Hinweis auf den "Kleinunternehmerstatus" könne potentielle Shop-Kunden irritieren.

Die Variante "inkl. MwSt" wiederum ist – neben dem vorgezeichneten Ärger mit dem Finanzamt, dass dann (unabhängig von einer tatsächlichen Netto-Rechnungslegung) evtl. die ausgewiesene MwSt kassieren will – auch aus einem anderen Grund problematisch: Hierdurch könnten gewerbliche Kunden evtl. getäuscht werden, die gedanklich dann bei den Preisen 19/119 abziehen. Dadurch könnte eine solche Angabe als unlautere Werbung angesehen werden (Vorspiegelung günstigerer Preise als es sind), so dass Abmahnungen auf der Basis des §5 Abs. 2 UWG drohen.

Angesichts dieses Abmahn-Risikos bleibt Händlern wohl nur die genannte "Endpreis"-Lösung – und die Hoffnung, dass die Angabe "Kleinunternehmer" nicht das Vertrauen der Kunden (zer)stört. Denn die andere Lösung, die im Sellerforum vorgeschlagen wird, den Verkauf an Gewerbliche Kunden per AGB auszuschließen, um eine Angabe "inkl. MwSt" ohne Gefahr von Seiten UWG zu ermöglichen, ist m. E. nur eine schmale Planke auf wackligem Boden – zumal unklar ist, wie das jeweilige Finanzamt reagiert…

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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