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Schwarze Löcher im FBA-Lager: Wie Marketplace-Händler von Amazon Erstattungen für verschwundene FBA-Produkte einfordern

Immer wieder kommt es vor, dass Produkte in Amazon FBA-Lagern verlegt, beschädigt oder versehentlich entsorgt werden. Den betroffenen Händlern steht in solchen Fällen eine Entschädigung von Amazon zu. Doch was viele nicht wissen: Die Beweislast liegt aktuell bei den Händlern. Nur wer seine eigenen Produktbestände gut im Blick hat, kann Unregelmäßigkeiten finden und eine Erstattung von Amazon anfordern –die sich schnell auf mehrere Tausend Euro pro Jahr summieren kann. 

Wenn man in den Facebook-Händlergruppen regelmäßig mitliest, kann man den Eindruck bekommen, die chaotische Lagerhaltung in Amazons FBA-Lagern sei an manchen Tagen chaotischer als an anderen. Denn da geschehen mitunter merkwürdige Dinge: Wurden von einem Händler 10 Produkte ans FBA-Lager angeliefert, werden dort am nächsten Tag nur noch fünf gelistet, obwohl noch kein Artikel verkauft wurde.

Andere Produkte scheinen von einer Woche zur anderen ihre Größe zu ändern – zumindest passen die von Amazon berechneten Lagergebühren nicht zu den Abmessungen der angelieferten Waren. In anderen Fällen finden sich auf der Lagerrechnung eines Händlers plötzlich Produkte, die er nie an Amazon geliefert hat – und für die er trotzdem Lagergebühren bezahlen soll.

„Wir haben die letzten sechs Monate ausgewertet und bisher etwa 700 Einheiten ermittelt, bei denen falsche Gebühren berechnet wurden“, berichtete kürzlich ein Händler in der Multichannel-Rockstars-Gruppe.

Pro Einheit erstattete Amazon dem Händler laut dessen Aussage zwischen 2,38 und 3,00 Euro – nachdem er für jede falsch berechnete Einheit einen Fall eröffnet hatte. 

„Auch bei Amazon arbeiten nur Menschen“, sagt Igor Branopolski von der Sellerlogic GmbH, die im letzten Herbst das Analyse-Tool „Lost & Found“ auf den Markt brachte, mit dem Händler fehlerhaft verarbeitete FBA-Transaktionen aufspüren können. „Es liegt in der Natur der Sache, dass auch dort Fehler passieren. Diese Fehler dürfen aber nicht unentdeckt bleiben, da sie den Händler bares Geld kosten.“

Aufgrund der schieren Masse an Produkten, die in den FBA-Lagern im Umlauf sind, werden deutlich häufiger als die meisten Händler vermuten Artikel verlegt, beschädigt oder versehentlich entsorgt. Auch falsch oder gar nicht eingebuchte Retouren führen zu fehlerhaften Artikelbeständen; und manchmal ist die Gebührenberechnung auf Basis der Artikelmaße schlichtweg fehlerhaft. 

Rechtslage ist eindeutig – Amazon erstattet auf Anfrage meist binnen 24 Stunden

In solchen Fällen muss Amazon dem Händler den entstandenen Schaden erstatten. Doch damit das passiert, muss der betroffene Seller zunächst einmal wissen, dass an der FBA-Abrechnung etwas nicht stimmt – und die Erstattung beantragen. „Der Händler hat einen Rechtsanspruch auf Rückerstattung – es handelt sich ja um seine Ware, die Amazon lediglich verwaltet“, so Branopolski. „Da die Rechtslage eindeutig ist, erstattet Amazon in der Regel die Kosten auf Anfrage.“

In den meisten Fällen reagiert Amazon sofort: Händler berichten davon, dass die Erstattung teilweise schon eine Stunde nach der Eröffnung eines Falls auf ihrem Seller-Konto eintraf. 90 Prozent der von Sellerlogic Lost & Found verwalteten Rückerstattungsforderungen wurden von Amazon binnen 24 Stunden überwiesen. „Das hängt allerdings vom jeweiligen Fall ab“, warnt Branopolski. „Rückfragen seitens Amazon können den Prozess deutlich verlangsamen.“

Aktuell dürfen Rückerstattungen für bis zu 18 Monate rückwirkend eingefordert werden; und über so einen Zeitraum können sich durchaus interessante Summen ansammeln: „In einer internen Erhebung im April haben wir festgestellt, dass wir für unsere Kunden im Schnitt nicht beanspruchte FBA-Erstattungen in Höhe von 6.251,71 Euro pro Jahr und Kunde gefunden haben“, berichtet der Sellerlogics-Mann. Zinsen auf die angeforderten Rückerstattung können aktuell übrigens bei Amazon nicht eingefordert werden; doch ob diese Praxis, ebenso wie die 18-Monats-Frist, einer rechtlichen Prüfung standhielte – speziell im Licht der kürzlich vom Bundeskartellamt durchgesetzten Änderungen der Amazon-AGB– ist durchaus fraglich. 

Detektiv im eigenen Lager

Wer von Amazon sein Recht einfordern will, muss seinen Produktbestand gut im Griff haben: Händler sollten in regelmäßigen Abständen sämtliche bei Amazon hinterlegten Produktmaße auf ihre Richtigkeit prüfen; dabei hilft ein Bericht zu den FBA-Lagerkosten im Seller Central. Zudem sollten mithilfe des Transaktionsberichts die tatsächlich abgerechneten FBA-Gebühren mit den zu erwartenden Gebühren abgeglichen werden.

Auch Warenanlieferungen an die FBA-Lager sowie Retoureneingänge sollten regelmäßig auf die eingebuchten Stückzahlen hin überprüft werden.

Das Seller Central informiert zudem auch über Produkte, die Amazon als beschädigt gemeldet hat – hier muss immer wieder überprüft werden, ob die Erstattung von Amazon bereits überwiesen wurde oder nicht.

Wer diese Wühlarbeit in den eigenen Lagerbeständen vermeiden will, der kann die Suche nach möglichen Fällen für eine Rückerstattung auch einem Tool überlassen, beispielsweise Sellerlogic Lost & Found, Amalytix, AMZrefund, AMZsuite oder RefundsManager.

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