Site icon Blog für den Onlinehandel

Bestandsaufnahme B2C Retail in Deutschland – Recapture EHI Retail Omnichannel Days

Beim Omnichannel Days des EHI Retail Instituts, gaben sich Entscheider aus dem B2C Retail zwei Tage lang die Klinke in die Hand und diskutierten gemeinsam ihre Situation und kommende Herausforderungen. Man verfolgte die Vorträge, hörte den Gesprächen zu und erkundigte sich nach operativen wie strategischen Herausforderungen. So entstand ein diverses Bild.

Retail kommt klassisch aus zwei Richtungen. Entweder offline, in Form einer stationären Ladenkette oder Kataloggeschäfts, und online, in Form von Pure Playern des E-Commerce. Beide Fraktionen versuchen das jeweils andere Terrain zu erschließen, tun sich in Deutschland jedoch schwer mit dem Metier des anderen. 

“Unser Problem im Kontext vom Omnichannel ist, dass unsere Mitarbeiter am POS überhaupt kein Interesse daran haben „Ihre“ Kunden in den Onlineshop zu leiten. Denn dann sind Sie ja weg und auch Ihr Umsatz“ – Leiter Privatkundenvertrieb.

Shopping Malls zeigen aufschlussreich, wie ein ums andere Mal versucht wird, mit lokalen Marktplatzinitiativen eine eigene Onlinepräsenz aufzubauen. Die kritischen Komponenten dabei sind die Reichweite der Plattform und die Produktdaten der angeschlossenen Händler. Beides ist schwierig und oftmals gescheitert.

“Wir haben Händler, die binden uns an ihr Master Data Management an und alles ist gut. Bei anderen Händlern liegen diese Daten einfach nicht vor und wir können Fototeam einfach mal so vorbeischicken“ – Leiter Digitalisierung Shopping Mall Betreiber. 

Es scheint so, als ob sich der deutsche B2C Retail in der Entwicklung vom Single- zum Multi-Channel-Anbieter noch schwer tut. Von umfassenden Cross- oder Omni-Channel-Konzepten ganz zu schweigen. EHI Retail Institut hat sich in seiner Studie Omnichannel-Commerce 2019der Omni-Channel-Reife in Deutschland gewidmet. Bemerkenswert ist, dass dies alleinauseiner technologischen Backend-Perspektive geschah: Welche Order-Management-Angebote bietet das Unternehmen?

Noch bemerkenswerter ist, dass Click & Collect als einziges Instrument aktiv genutzt wird. Dies beschreibt auch das Dilemma des Retails. Vorzeigeobjekt ist nach wie vor der Store, aber dieser leidet massiv unter dem Liebesentzug des Kunden. Die werden markenagnostischer und weisen eine höhere Wechselbereitschaft auf. Der Store wird nicht mehr frequentiert. Click & Collect wird als Chance gesehen, das zu beheben, obwohl es nur eine Symptombehandlung darstellt. Die Akzeptanz, dass Commoditiy-Produkte online besser, einfacher und schneller zu besorgen sind, will nicht so recht akzeptiert werden. Es schadet ja dem eignen Selbstverständnis. 

Einige – jüngere oder junggebliebene – Anbieter halten allerdings die Fahne hoch. Kai Ehlers von fahrrad.de hat ausgeführt, wie das Unternehmen sich in den Retail kämpft und auf Basis eines eigenen Store-Konzepts Erfahrungen sammelt. Hierbei gibt es eine bemerkenswerte Aussage:

„Store-Konzepte haben bei uns mit dem E-Bike-Trend angefangen. Das sind erklärungsbedürftige Produkte. Deswegen haben wir diesen Produkten den kompletten Raum im POS gewidmet. Es hängt keine Ersatzkette oder Fahrrad-Helm im Store. Das kennt der Kunde und kann es online bestellen“ – Kai Ehlers Director Multichannel.

Im Umkehrschluss drängt sich die Frage für den Retail auf: „Welche Berechtigung haben nichterklärungsbedürftige Produkte am POS?“ Auf diese Frage scheint Retail seit längerer Zeit keine nachhaltige Antwort zu haben.

Unter dem Pseudonym Marian Haller analysiert unser Gastautor vor allem Shopsysteme und –technologien. Dies ist auch sein berufliches Hauptbetätigungsfeld im E-Commerce. Er gilt als ausgesprochener Experte auf diesem Gebiet.

Hier gibt es alle Beiträge von Marian Haller zum Nachlesen.

Bildquelle: HstrongART @ bigstock

Exit mobile version