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Der Jahresrückblick 2018 für Online-Händler

Ein weiteres spannendes E-Commerce-Jahr geht heute zu Ende – ein Jahr voller Triumphe, Überraschungen, Fusionen und Pleiten. 2018 haben wir uns mit der DSGVO herumgeschlagen, über die Fabel-Umsätze von Amazon und vor allem von Alibaba gestaunt, uns an ebays Aufholjagd erfreut und von Dawanda Abschied genommen. Zooplus ist zum Unicorn aufgestiegen, Kaufhof und Karstadt haben fusioniert, Lesara musste Insolvenz anmelden. Die Politik hat versucht, dem massenhaften Umsatzsteuerbetrug auf international tätigen Online-Marktplätzen Einhalt zu gebieten; ob sich die Bermühungen gelohnt haben, werden wir erst 2019 beurteilen können. Unser Rückblick auf ein großes E-Commerce-Jahr – in jeder Hinsicht.

 

Große Erwartungen

Das ganze Jahr über war der massenhafte Umsatzsteuerbetrug auf dem deutschen Amazon Marketplace vornehmlich durch chinesische Händler DAS Aufreger-Thema der Branche. Die Forderungen an die Politik nach einer stärkeren Regulierung wurden immer lauter.

Großbritannien legte schließlich mit einem neuen Finanzgesetz vor, das die Umsatzsteuerpflicht den Plattformbetreibern auferlegt. Bis Mitte September sperrte Amazon UK deshalb über 400 Seller-Konten von Verkäufern, die ohne eingetragene Umsatzsteuernummer verkaufen.

Jetzt geht’s los: Amazon UK prüft angeblich seit dem 5. März aktiv, ob Marktplatzhändler eine britische Umsatzsteuernummer im Seller Central hinterlegt haben. Im November zog Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach und führte ein Gesetz gegen Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel durch den deutschen Bundestag.  Während die einen das Gesetz begrüßten, befürchten die anderen, dass es die Falschen treffen wird.

Ähnlich umstritten ist das Missbrauchsverfahren, das das Bundeskartellamt Ende November gegen Amazon eingeleitet hat. Es geht in dem Verfahren vor allem darum, ob Amazon seine Marktmacht ausnutzt, um kleinere auf Amazon verkaufende Händler in ihren Geschäften zu behindern.

Das Verfahren könnten jahrelang andauern, ob Amazon überhaupt Konsequenzen zu befürchten hat, ist völlig offen. Zudem fußt es auf den falschen Prämissen und kommt um Jahre zu spät, schimpfen Experten. In den Händlerforen wird der Vorstoß des Kartellamts trotzdem gefeiert.

 

Große Töne

Otto hat in diesem Jahr seinen Marktplatz kräftig vorangetrieben. Mit dem im März gelaunchten Partner-Portalen Otto Market und Brand Connect können neue Marken und Händler ihr Angebot auf Otto.de selbst verwalten. Sobald das Portal verfügbar war, trat Otto in der Kommunikation deutlich offensiver als faire Amazon-Alternative für Online-Händler auf.

Vorstandsvorsitzender Alexander Birken machte im Interview mit t3n deutlich: Hier gibt es keine Konkurrenz aus China, die keine Umsatzsteuer abführt – und Otto gibt Händlern feste Garantien für Provisionsvereinbarungen. Das deutsche Handelsunternehmen rannte damit offenbar bei seinen Händler-Kollegen offene Türen ein – und wurde vom Ansturm auf den Marktplatz völlig überrascht.

Aktuell arbeitet Otto die lange Warteliste ab – die offenbar nach Unternehmensgröße sortiert ist. Händler mit weniger als 1.000 Artikel im Sortiment haben derzeit keine Chance, sich auf Otto.de listen zu lassen. Das soll sich 2019 ändern.

An Spryker schieden sich 2017 noch die Geister. Zu laut, zu Wild-West-mäßig im Auftreten und allzu wenig vorzuweisen für die vielen Vorschußlorbeeren, die vor allem das Gründerteam sich gern selbst verlieh, schien das E-Commerce-Framework zu sein, um wirklich Sympathien zu sammeln.

2018 hat sich jedoch wohl einiges getan: Mit dem Rückenwind einer neuen Finanzierungsrunde im Februar im Rücken, bei der das Shoptech-Startup 22 Millionen US-Dollar einsammeln konnte (wodurch seine Bewertung nach Berechnungen von Jochen Krisch auf 90 Millionen US-Dollar stieg), schwenkte Spryker auf einen B2B-Fokus um. Mit dem Neukunden Metro zog junge Unternehmen dann auch gleich einen dicken B2B-Fisch an Land.

Große Verlierer

Der Textil-Discounter Lesara gehörte zu den Gewinnern des Jahres 2017: 150 Millionen Euro Umsatz vermeldete das Berliner Start-up noch im Januar für das Vorjahr. Das waren allerdings, wie das manager magazin anhand von internen Papieren feststellte, nur die Umsatzzahlen vor Retouren. Bereinigt um Retouren fiel der Umsatz nur noch halb so hoch aus. Dennoch sammelte Lesara im Juli noch weitere 30 Millionen Euro in einer Finanzierungsrunde ein – und musste trotzdem nur 5 Monate später Insolvenz anmelden.

Fast noch mehr Staub als die Insolvenz von Lesara wirbelte der Niedergang des aus „Die Höhle der Löwen“ bekannten Modehändlers von Floerke auf. Nach einem mit Star-Investor Frank Thelen nicht abgesprochenen Ausflugs in den Spirituosenhandel, in den auch der berühmt-berüchtigte Christian Lutz Schönberger verwickelt war, geriet Gründer David Schirrmacher in Lieferschwierigkeiten und in der Folge in einen massiven Shitstorm, einige Kunden erstatten Anzeige wegen Betrugs. Im Dezember meldete von Floerke schließlich Insolvenz an.

Mit deutliche weniger Häme und deutlich mehr Anteilnahme verabschiedete die Branche einen langjährigen Teilnehmer aus ihren Reihen: Der DIY-Marktplatz Dawanda schloss im August nach 20 Jahren am Markt seine Tore. Nachrufe und Abgesänge auf ein Geschäftsmodell, das fast jeder irgendwie sympathisch fand, aber bei dem kaum einer einkaufte, bestimmten die Schlagzeilen. Der Spiegel hörte sich unter Dawanda-Verkäufern um und traf vor allem auf Angst vor Etsy. Onlinehändler-News fasste die Alternativen für die heimatlosen Verkäufer zusammen, und die Dawanda-Gründerin Claudia Helming schüttete der Internetworld ihr Herz aus. Letztlich half alles nichts: Dawanda fand ein Ende und die Verkäufer ihren Weg in die Anonymität von Etsy oder Amazon Handmade.

Und der Vollständigkeit halber: Auch Allyouneed.com, der Online-Marktplatz der Deutschen Post, schloss seine Pforten. „Unser primäres Ziel war es von Anfang an, intern E-Commerce-Expertise branchenspezifisch aufzubauen und dieses Know-how unserem logistischen Kerngeschäft zugutekommen zu lassen“, zitierte die Internetworld einen Unternehmenssprecher. „Allerdings wollen wir jetzt unsere Kräfte bündeln und uns auf unser Kerngeschäft fokussieren – und dazu gehört für uns nicht der Betrieb eines Online-Marktplatzes.“ Zum Glück hatte der Markplatz offenbar nicht allzu viele Händler – sonst wäre der Aufschrei, ob der Mitteilung, Teil eines Experiments gewesen zu sein, sicher deutlich lauter gewesen.

 

Große Deals

Anfang des Jahres stritten sich Kaufhof und Karstadt noch um E-Commerce-Experten und Multichannel-Meriten, dann musste sich Kaufhof mit Insolvenzgerüchten herumschlagen. Schließlich kam, was viele Beobachter schon lange erwartet hatten: die Fusion zwischen Deutschlands größten Warenhausketten. Mindestens Filialen stehen deshalb zur Disposition, zahlreiche Mitarbeiter müssen gehen, der Rest wird mit niedrigeren Löhnen auskommen müssen. Das Kartellamt stimmte der Fusion der beiden einstigen Handelsgiganten ohne größere Probleme zu und verwies dabei vor allem auf das Online-Geschäft: In diesem Bereich hätten Karstadt und Kaufhof ausreichend Konkurrenz, weshalb eine Marktdominanz nicht gegeben sei.

 

Im Mai hat Adobe das Shopsoftware-Unternehmen Magento übernommen. Mit einer Übernahme-Summe von 1,68 Milliarden US-Dollar war das einer der größten Deals der letzten Jahre im Shoptech-Bereich. Die Branche war sich in der Bewertung des Milliarden-Deals alles andere als einig. Nach den ersten Monaten der Übernahme zeigte sich langsam, was Adobe für das einst hoch gehypte Start-up plant. 2019 soll nun das Jahr der Integration werden, in dem Adobe-Funktionen tiefer und tiefer in die Shop-Software integriert werden. Wie das aussieht, wird die Version 2.3 der Shopsoftware, die demnächst vorgestellt werden soll, zeigen.

 

Großes Horn

Das nächste deutsche Unicorn heißt Zooplus: Der Tierbedarf-Händler hat laut seinen vorläufigen Zahlen im Geschäftsjahr 2017 1,1 Milliarden Euro brutto umgesetzt. Das entspricht einem Wachstum von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum war allerdings mit massiven Marketing-Maßnahmen erkauft – was sich auch deutlich beim Ergebnis bemerkbar macht, wie neuhandeln betonte.

Über das Jahr hinweg scheint Zooplus seinen Kurs fortgesetzt zu haben. Im Rahmen des Geschäftsberichts zum III. Quartal bestätigte das börsennotierte Unternehmen seine Prognose für ein Umsatzwachstum von 21 bis 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

 

Großer Kampf

Die Konkurrenz zwischen Amazon und eBay hat in diesem Jahr wieder deutlich an Schärfe gewonnen – was für die ganze Branche sicherlich eine gute Nachricht ist. Ebay wilderte mit einigen spannenden Neuheiten deutlich in Amazons Gebieten – am wichtigsten dürfte hier sicherlich die Einführung eines eigenen Fulfillment-Programms als Alternative zu FBA sein. Das wichtigste Argument für ebay Fulfillment: Im Gegensatz zu FBA ist der Service auf Multikanal-Vertrieb ausgelegt – das heißt, aus ebays Lagern kann auch eine Bestellung an Amazon-Kunden ausgeliefert werden, ohne Zusatzkosten. Amazon scheint ebays neuen Elan immerhin so ernst zu nehmen, dass es ebay-Händler strukturiert abzuwerben versucht. Das zumindest wirft die Nummer Zwei der Online-Marktplätze dem Goliath der Branche vor. Amazon würde über international angelegte, koordinierte und illegale Maßnahmen versuchen, eBays beste Händler auf die eigene Seite zu ziehen, so die Anschuldigung, der eine Unterlassungsaufforderung folgte. ->Wortfilter.de

 

Große Panik

Das Schreckgespenst von 2018 hatte 5 Buchstaben: DSGVO. Vor ihrer Einführung am 25. Mai wurden die Auswirkungen der neuen Datenschutzgrundverordnung in allen Einzelheiten diskutiert. 70 Prozent der Top-50 Onlineshops erfüllten die Anforderungen der DSGVO-Verordnung nicht, hieß es im März. 500 volle Jahre an Arbeitsstunden hat Google nach eigenen Angaben in die Vorbereitung auf die DSGVO gesteckt, hieß es im Mai. In letzter Minute wollte sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel die Regeln zur Umsetzung der Verordnung lockern. Manches sei „wirklich eine Überforderung“, wurde sie von der Berliner Zeitung zitiert. Nach 7 Monaten ist die Internet-Welt trotz düsterster Vorhersagen nicht untergegangen und langsam mischt sich in die allgemeine Abscheu vor dem „Bürokratiemonster“ Zustimmung zu dem „überfälligen Großreinemachen“, welches das Gesetz erzwungen habe. Falls Sie’s trotzdem wissen wollen: Hier ist eine Anleitung, wie man die höchstmögliche DSGVO-Strafe zahlt.

 

Großer Aufruhr

Nahezu jedes Medium berichtete im Juni über den Amazon Destroy-Skandal. Die Bild titelte „Amazon VERNICHTET massenhaft NEUE Waren“. Sogar die Politik und Greenpeace gaben Stellungnahmen ab. „Das ist ein riesengroßer Skandal, […]“, so beispielsweise Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Aber was ist denn tatsächlich an dem vermeintlichen Skandal dran? Nicht allzu viel– vermutlich hat man deshalb von dem Sommeraufreger im Restjahr nicht mehr viel gehört.

 

Großes Geld

Mobile Payment ist im weiterhin Bargeld-freundlichen Deutschland in diesem Jahr deutlich vorangekommen.Google Pay und Apple Pay gingen beide hierzulande an den Start.

PayPal änderte zum 31. August 2018 seine Richtlinien. Das bedeutete für Online-Händler vor allem: höhere Transaktionsgebühren. Die Erhöhung fiel durchaus üppig aus, wie die Internetworld schrieb: Bei einem monatlichen Zahlungsvolumen von bis zu 2.000 Euro sind pro Transaktion seitdem 2,49 Prozent fällig. Zuvor waren es lediglich 1,9 Prozent.

 

Große Zahlen

Amazon hat in weniger als einem Jahr eine Million neuer Verkäufer dazugewonnen. Das sind beeindruckende 3.398 neue Händler pro Tag. 40 Prozent der neuen Verkäufer auf den europäischen Amazon-Marktplätzen stammen allerdings aus China – vermutlich nicht die beliebteste Konkurrenz, die sich europäische Verkäufer wünschen. ->Wortfilter.de

31 Milliarden US-Dollar an einem einzigen Tag setzte Alibaba dieses Jahr beim chinesischen Shopping-Event Singles‘ Day um. Noch mehr beeindruckende Zahlen gefällig? Alibaba hat 500 Millionen aktive Nutzer. Alibaba realisierte in den ersten 9 Monaten 2018 einen GMV von 547 Milliarden US-Dollar. Alibaba wird dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent wachsen. Alibaba ist 420 Milliarden US-Dollar wert. Fazit: 2019 könnte das Jahr sein, in dem der westliche Handel erkennt, dass nicht Amazon, sondern Alibaba die größte Gefahr für ihn darstellt. Und dann könnte es schon zu spät sein.

Bildquelle: maximmmmum @ bigstockphoto.com

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