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KW-Commerce Insight: Herausforderungen und Risiken beim China-Import

KW-Commerce, einer der größten Onlinemarktplatzhändler Deutschlands, gewährte kürzlich in einem Webinar umfassenden Einblick in seine Erfahrungen beim Sourcing und Import in und aus China.

Bild: HesselVisser @ pixabay

An mittlerweile über 5 Mio. Kunden in 200 Ländern versendet KW-Commerce jährlich mehr als 25.000 Artikel – Tendenz steigend. Bei den Produkten handelt es sich vor allem um Zubehör für Smartphones und Tablets der Eigenmarken ›kwmobile‹ und ›kalibri‹. Seit Ende 2016 werden unter der Eigenmarke Navaris ebenfalls Produkte aus dem Bereich Home & Living angeboten.

Eines haben die verschiedenen Produktsegmente gemeinsam: Sie alle unterliegen einem schnellen Innovations- und kurzfristigen Verfügbarkeitszyklus. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat KW-Commerce ein Team von 30 Mitarbeitern in China aufgebaut, das u. a. die Bereiche Sourcing und Logistik im Reich der Mitte verantwortet.

In einem höchst informativen Webinar gab Jens Wasel, Mitgründer und Geschäftsführer von KW-Commerce, den Teilnehmern des Amazon-Förderprogramms ›Unternehmer der Zukunft‹ einen tief gehenden Einblick in seine Erfahrung beim Import aus China.

Inhaltlich wurden zwei große Themen behandelt:

Sourcing in China: Herausforderungen und Risiken

Von KW-Commerce werden u. a. Produktmaße und Materialanforderungen, benötigte Zertifikate, ggf. notwendige Materialprüfungen, Lieferzeiten und Zielpreise genauestens vordefiniert.

Vor-Ort-Besichtigungen und ausführliche Lieferanten-Audits runden die Steuerung des Lieferantenauswahlprozesses seitens KW-Commerce ab. Zusätzlich prüfen Qualitätsmanager vor Ort während der Produktion und vor dem Versand die Ware in China.

Dadurch vermeidet man, dass die Ware erst bei Empfang geprüft werden kann und Qualitätsprobleme die Lieferung verzögern. Schließlich können zwischen Aufgabe einer Bestellung und Warenempfang mehrere Wochen vergehen. Bei notwendigen Rücksendungen würde sich so die Verfügbarkeit der Produkte entsprechend lange verschieben.

»Ist man nicht vor Ort präsent, wird vor allem die zweite Lieferung spannend. Beim ersten Mal verläuft vielleicht noch alles reibungslos. Aber in der zweiten Bestellung ist plötzlich die Qualität abweichend oder andere Faktoren entsprechen nicht den Produktanforderungen. Die Vielfalt der Fehlermöglichkeiten ist hierbei grenzenlos. Das ›kostet‹ nicht nur Nerven und Zeit, sondern vor allem auch Geld. Daher raten wir Händlern dringend, die Ware vor Ort zu begutachten. Hierfür stehen z. B. auch unabhängige Qualitätsprüfer/ Dienstleister zur Verfügung, die dies für einen übernehmen können«, so Wasels Erfahrung.

Letztlich empfiehlt sich, bereits vor einem Sourcing aus China abzuwägen, ob aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen ein Sourcing in und aus China sinnvoll ist, man den Markt kennt und versteht, und ob mögliche Risiken betrachtet wurden und handelbar sind.

Logistik in China: Risiken, Gefahren und Lösungen

Doch auch beim Import aus China warten etliche Fallstricke auf den Händler. Da einige Lieferanten keine Exportlizenz besitzen, wird der Versand nach Deutschland in vielen Fällen über Transportagenten organisiert. Diese Agenten wiederum nutzen mögliche Grauzonen im Versand aus, die dem Empfänger ›teuer zu stehen kommen‹ können. Zum Beispiel bei Versandkosten können nicht eingeplante Zusatzaufwendungen, wie Hafengebühren im Importland, entstehen, wenn der Lieferant den Transport zusammen mit einem Agenten organisiert und diese Kosten vom Empfänger beglichen werden müssen.

Eine andere gefährliche Praxis kann darin bestehen, dem Kunden günstige Frachtraten, dann allerdings das Sendungsvolumen künstlich aufzublähen, indem der Agent nur Länge, Breite und Höhe eines jeden Versandkartons bspw. um jeweils einen Zentimeter erhöht. Dies genügt, um die Gesamtkosten für den Empfänger deutlich steigen zu lassen.

Es gibt jedoch noch weitaus mehr Fallen, wie Wasel zu berichten weiß:

»Man muss bedenken, dass chinesische Lieferanten mit gültiger Exportlizenz bei der Ausfuhr ihrer Waren die Umsatzsteuer vom Staat zurückbekommen. Sie können so günstigere Verkaufspreise anbieten, da sie keine Umsatzsteuer aufschlagen müssen. Leider aber nutzen einige Lieferanten diese Unwissenheit des Kunden aus und berechnen diesem dennoch die Umsatzsteuer.«

Ist die Ware nun endlich in Deutschland angelangt, sind aber noch längst nicht alle Hürden und Risiken genommen. So kann, laut Wasel, Unerfahrenheit im Zollbereich oftmals empfindliche Bußgelder nach sich ziehen und falsche Zolleinreihungen können zur Einleitung von Bußgeldverfahren, im Einzelfall auch zum Straftatvorwurf führen. Aber auch ein Negativeintrag im Gewerbezentralregister ist möglich.

»Ab gewissen Importschwellen können Zollprüfungen stattfinden. Hier werden Zolleinreihungen, aber auch Herkunfts- und Zahlungsnachweise geprüft. Deklarierte der Lieferant nun einen deutlich niedrigeren Warenwert, als tatsächlich bezahlt wurde, ist dies sehr leicht nachvollziehbar. Auch hier droht also Gefahr«, warnt Wasel.

Da wir in diesem Artikel die vielen wertvollen Empfehlungen und Tipps nur ansatzweise wiedergeben können, haben wir Jens Wasel zusätzlich noch ein paar Fragen gestellt:

Jens, was sind Deine grundsätzlichen Empfehlungen für Importsendungen aus China?

Grundsätzlich gilt zunächst einmal: je größer die Sendungen, desto günstiger die Frachtraten. Es lohnt sich also, große Stückzahlen in einer Lieferung zusammenzufassen. Absolut essenziell ist außerdem eine Qualitätsprüfung vor der Ausfuhr: Hat die Ware das Produktionsland erst einmal verlassen, tut man sich viel schwerer mit Qualitätsbeanstandungen. Damit die Ware dann in Deutschland gut ankommt, ist es für Importeure unerlässlich, Kompetenzen in Sachen Verzollung zu erwerben; hier gibt es nämlich so einige Fallstricke, über die man leicht stolpern kann.

Unserer Erfahrung nach fährt man am besten mit einem Komplettversand aus einer Hand. Idealerweise findet man einen vertrauenswürdigen Transportdienstleister, der die zu importierende Ware vom Exporthafen des Produktionslandes oder, noch besser, ab Werk des Lieferanten übernimmt, und sich dann um die durchgehende Prozesskette bis zur Einfuhr nach Deutschland kümmert.

Wie soll das ein Händler, der gerade erst mit dem Direktimport beginnt, alles bewältigen bzw. vorgehen?

Am besten beauftragt er einen Logistikdienstleister, der die erwähnten Kompetenzen wie Komplettversand, Qualitätsprüfung, Verzollung, etc. mitbringt. Außerdem ist es sehr hilfreich, wenn der Dienstleister darüber hinaus Erfahrungen mit den Gegebenheiten in China vorweisen kann. Das spart dem Importeur viel Zeit, die er in andere Themen investieren kann.

Fällt die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister aus irgendwelchen Gründen aus, sollte sich der Händler darüber klar sein, wann er seine Ware am Empfangsort haben möchte. Davon hängt die Wahl des Transportwegs (Express, Luftfracht, Zugfracht, Seefracht) ab. Anschließend empfiehlt sich ein Preisvergleich zwischen mehreren deutschsprachigen Anbietern.

Als Incoterm (Internationale Handelsklauseln für Außenhandelsgeschäfte, Anm. d. Redaktion) wird die Klausel ›Free on Bord‹ empfohlen – das bedeutet, dass der Verkäufer die Ware an Bord des vom Käufer benannten Schiffs im benannten Verschiffungshafen liefert. Damit ist der Versender für alle Schritte bis zur Ausfuhr verantwortlich. Alle anderen Dienstleistungen werden durch den eigenen Transportdienstleister abgedeckt.

Nun habt Ihr mit KW-Logistics ja selbst einen Dienstleister für den Versand aus Asien. Welche Unterstützung bietet Ihr an?

KW-Logistics übernimmt sämtliche Logistikdienstleistungen entlang der Supply Chain vom Lieferanten bis hin zur Zustellung. Das heißt, wir holen die Ware vom Lieferanten ab, prüfen Mengen und Qualität, erstellen alle relevanten Rechnungs- und Zolldokumente, kümmern uns um Zolldeklaration und -abwicklung und wickeln den Transport der Ware an jeden gewünschten Empfangsort weltweit ab, auch an Amazon-Versandzentren.

Auch andere Services, wie Labeling oder Repacking, gehören dazu. Außerdem bearbeiten wir die Sendungen unserer Logistikkunden in unserem eigenen Warehouse in China. Probleme können so noch vor der Ausfuhr gelöst werden, was natürlich Ärger und Kosten spart.

Zudem können wir hier einzelne Sendungen zusammenfassen, um durch die Konsolidierung Kosten zu sparen – oder umgekehrt zusammengefasste Sendungen aufteilen und auf unterschiedlichen Transportwegen losschicken, um die Waren schneller nach Deutschland zu kriegen.

Last but not least, bieten wir unseren Logistikkunden einen deutschsprachigen Ansprechpartner in China, was natürlich vieles vereinfacht.

Welche Vorteile bieten sich dem Händler dabei?

Wir können ihre Frachtkosten um bis zu 75 Prozent reduzieren. Außerdem sparen wir Zeit und Nerven, weil wir dem Händler die Dinge abnehmen, die nicht zu seinem eigentlichen Kerngeschäft gehören, zum Beispiel die Kommunikation mit Zoll oder Spediteur oder die Qualitätsprüfung der Ware. So bleibt mehr Zeit für das eigentliche Handeln.

Habt Ihr bei KW-Logistics, seitens der Händler, mit Bedenken zu kämpfen? Schließlich seid Ihr vor allem ja auch selbst Händler.

Die Frage ist uns natürlich nicht neu: Als Logistikdienstleister hätten wir vereinfachten Zugriff auf die Lieferantenkontaktdaten der Händler und könnten diese so theoretisch selbst nutzen, so die Befürchtung einiger Händler. Unsere Antwort darauf: KW-Logistics ist von KW-Commerce vollständig getrennt. Es gibt keine Absprachen zwischen KW-Logistics und dem Sourcing von KW-Commerce. Wir geben die Kontaktdaten zu den Lieferanten unserer Kunden nicht weiter. Dies ist nicht unser Stil und bringt uns unserem Ziel, nämlich einer langfristigen, vertrauensvollen Zusammenarbeit mit unseren Kunden, nicht näher.

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