Site icon Blog für den Onlinehandel

Markteinführung in etablierten Märkten – Fehlermuster im E-Commerce wiederholen sich

Immer wieder versuchen Unternehmen vorrangig über monetäre Anreize Produkte und Services in bereits gesättigte Märkte mit starkem Wettbewerb zu etablieren. Dabei kann anhand der Beispiele Mpass, Yapital, Meinpaket und nun Masterpass ein bemerkenswert stabiles Muster an Fehlern bei Marketingaktivitäten im Zuge von Markteinführungen mittels Rabatten festgestellt werden. Insbesondere vor der fehlenden Nachhaltigkeit der Marketing-Maßnahmen muss gewarnt werden.

Auf Mpass folgt Yapital folgt Masterpass – Wo ist der Mehrwert im gesättigten E-Commerce-Markt?

Der Vertrieb von Produkten in gesättigten Märkten ist wohl einer der schwierigsten. Disruptives Potential und nachhaltiger Mehrwert für die Kunden sind hier mehr oder minder die Voraussetzung, um die Chance einer erfolgreichen Markteinführung zu gewährleisten. Bei der Betrachtung vorhandene Leistungsversprechen in der Praxis, z.B. von Masterpass, stellt man fest, dass ähnlich wie Yapital und Mpass kein in der Praxis spürbarer Mehrwert gegenüber den etablierten Wettbewerbern, wie z.B. Paypal geschaffen wird.

Marketingausgaben sind stets auf die schnelle Übernahme von Marktanteilen ausgerichtet. In den seltensten Fällen ist diese jedoch nachhaltig, was die weiteren Abschnitte zeigen.

Gutscheine im E-Commerce zur Markteinführung von Services ohne Mehrwert nicht nachhaltig

Sowohl Mpass als auch Yapital nutzten zur Neukundengewinnung den Checkout von Onlineshops und Marktplätzen wie Rakuten, in dem ein prozentualer oder absoluter Rabattbetrag an die Zahlung mit der eigenen Zahlungs-Service gekoppelt wurde. Dies hat jedoch den Effekt, dass in erster Linie schnäppchenbewusste Käufer angelockt wurden und nicht etwas bereits registrierte Kunden, die zufällig im Check-Out auf die neue Zahlungsart aufmerksam wurden und den aufwändigen Registrierungsprozess durchlaufen hatten.

Ohne aus den Fehlern und Folgen von Mpass und Yapital gelernt zu haben, arbeitet aktuell Masterpass nach einem ganz ähnlichen Modell mit dem Elektronikversender Notebooksbilliger.de zusammen. Nach einem ähnlichen Muster wird man auch hier beobachten können, dass sobald die marketingfinanzierte Ersparnis im aufwändigeren Checkout-Prozess seitens der Käufer wegfällt, der Nutzen und die bequeme Abwicklung für die Kunden wieder unmittelbar in den Vordergrund rückt. Ohne gewichtige USPs oder mit zeitaufwändigeren Zahlungsabläufen im Vergleich zum Wettbewerb im Checkout bricht die Verwendung neuer Payment-Anbieter jedoch unmittelbar nach Einstellung der Anfangsrabatte ein, was bei Mpass und Yapital beobachtet werden konnte.

Markteinführung von Payment-Lösungen – Zusätzliche Einnahmequelle für Onlineshops

Als Marktbeobachter stellt man sich konsequenter weise die Frage, warum die Anpreisung von neuen Paymentanbietern mittels Rabatten durch die Onlineshops noch propagiert wird, zumal die auftretenden Effekte durchaus bekannt sind. Die Markteinführung von neuen Payment-Anbietern wird Onlineshop-seitig v.a. deshalb begrüßt, weil die Marketingbudgets der Zahlungsanbieter schlicht zu einer – für die Onlineshop – kostenfreien Traffic und v.a. Umsatzsteigerung und Steigerung der Conversion Rate führen.

In E-Commerce-Bereichen wie dem gesättigten Markt des Onlinepayments bleibt dabei die Nachhaltigkeit der Markteinführung auf der Strecke. Erschwert werden Markteinführungen wie nun Masterpass zusätzlich durch die Weitergabe von Paymentkosten an die Kunden bei der Payment-Wahl im Check-Out Prozess, die bei vielen großen Shops wie Notebooksbilliger oder Cyberport mittlerweile Standard ist.

Wo liegt der Mehrwert und Nutzenzugewinn von Masterpass im Check-Out?

Beim Payment im E-Commerce haben sich in Deutschland mit Paypal oder auch Sofortüberweisung bereits einige Anbieter fest etabliert. Facebook Payment und Apple Pay werden hingegen in der Kategorie Mobile und P2P aufgrund Ihrer Gatekeeper Stellung und der starken Marktverbreitung ihrer Kernprodukte die Mehrheit der Marktanteile erreichen.

Anstatt daher eine verlorene Schlacht zu schlagen, wie dies bei Mpass, Yapital und einer zu erwartenden großen Anzahl an weiteren Lösungen am Markt der Fall sein wird, sollte sich Masterpass eher mit der langfristigen Strategien bzgl. der konkreter werdenden Bedrohung durch Bitcoin und dem Thema P2P Payment, Versicherung und P2P Kreditvergabe auseinandersetzten, um einen USP oder Nutzenzugewinn für die Kunden zu generieren.

Payment wird auch im E-Commerce zunehmend zum Service degradiert, wie dies auch im Podcast Paymentandbanking von Jochen Siegert und André Bajorat deutlich erklärt wird.

Der KPI “Customer Lifetime Value”

Was zu den obigen Beobachtungen hinzu kommt ist die Tatsache, dass, meiner Meinung nach oft ungerechtfertigt, die Kennzahl „Customer Lifetime Value“ durch verschiedene Unternehmen getrieben wird. Macht dieser KPI bei Innovativen und de facto monopolistisch agierenden Unternehmen, wie z.B. HelloFresh sehr viel Sinn, so ist er bei Einschätzungen im beschriebenen Payment-Szenario bei gesättigten Märkten absolut fehl am Platze.

Denn gerade die, durch die Gutschein-basierte Art der Markteinführung gewonnenen Endkunden sind sehr preissensibel. Eine erste abgeschlossene Transaktion mit eingerichtetem Kundenkonto hat dadurch in diesen Fällen monetär absolut keinen Wert.

Man kann sogar die These aufstellen, das selbst die vergleichsweise geringe „10,- EUR Freundschaftswerbungs“-Aktion von Paypal für den Dienst Paypal.me unter dem Aspekt des CLV nicht zielführend bewertet werden kann, da sich im Umfeld von Facebook, Whatsapp, WeChat, usw. das Angebotsspektrum an P2P-Zahlungs-Lösungen mit unterschiedlichen USPs sehr kurz-zyklisch verändert und sich Paypal nicht vielmehr auf das B2C-Geschäft konzentrieren sollte.

Der Extremfall Meinpaket/ Allyouneed

Die Markt-Einführung des Marktplatz-Portals Allyouneed.com (früher Meinpaket) von DHL stellt, bezogen auf die aufgewendeten Beträge je Kunden sicherlich einen Extremfall der nicht nachhaltigen Markteinführung mittels Gutscheinen in einem gesättigten Markt dar. Das dies ohne die genaue Innensicht und Zahlenbetrachtungen postuliert werden kann, zeigen die folgenden Beispiele. Über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren wurden Kunden nicht mit absoluten, sondern mit prozentuellen Gutscheinen in Höhe von bis zu 18% bei einer maximalen Bestellbetrag von 2.000,- geworben.

Dies führte dazu, dass die „Customer Acquisition Costs“ starkt variierten und sich pro Kunde auf bis zu 2000 x 16% = 360,- beliefen. Da die Gutscheine nicht auf Neukunden beschränkt waren, liegen die tatsächlichen Customer Acquisition Costs jedoch weit über den Werbe-Kosten des ersten Kunden-Einkaufs. Statt einer Fokussierung auf UPSs (z.B. geringere Händlerprovisionen, Marktplatzmodell ohne eigenen Verkauf, Serviceleistungen, etc.) wurde die nicht nachhaltige Differenzierung über den Preis vorangetrieben.

Dies ist keine Aussage über den langfristigen Erfolg oder Misserfolg von Allyouneed. Es wird jedoch abschließend bemängelt dass E-Commerce Unternehmen immer noch zu große Anteile an Marketingbudgets unreflektiert in nicht nachhaltige Gutschein-Aktionen steuern, ohne aus Fehlern anderer Akteure zu lernen.

Bildquelle: Ramdlon CC0 pixabay

Exit mobile version