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Neue Abmahnquelle: Erste gerichtliche Verfügung wegen Fehlern beim Hinweis auf OS-Plattform

Schlagabtausch

Offensichtlich wurden bereits die ersten Abmahnungen wegen Fehlern beim Hinweis auf die sog. „OS-Plattform“ ausgesprochen. Mittlerweile ist eine erste gerichtliche Entscheidung in diesem Zusammenhang ergangen. Das LG Bochum hat gegen einen Online-Händler, auf dessen Webseite ein rechtskonformer Hinweis auf das Portal der EU-Kommission fehlte, eine einstweilige Verfügung erlassen.

Seit dem 09.01.2016 sind Shop-Betreiber verpflichtet, auf die von der EU-Kommission erstellte Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) hinzuweisen. Dabei handelt es sich um eine weitere Informationspflicht, die alle Händler betrifft, die Kauf- oder Dienstleistungsverträge online anbieten. Nichtbeachtung oder Fehler können wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zur Folge haben.

Fehlender Hinweis auf OS-Plattform wettbewerbswidrig

Offensichtlich ist die Abmahnindustrie bereits aktiv geworden. Denn am 09.02.2016, also einen Monat, nachdem die europäische ODR-Verordnung (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten; VERORDNUNG (EU) Nr. 524/2013), die die neue Informationspflicht festschreibt, in Kraft getreten ist, hat das Landgericht (LG) Bochum eine einstweilige Verfügung gegen einen Shop-Betreiber erlassen, auf dessen Webseite ein entsprechender Hinweis fehlte (AZ: I-14 O 21/16).

Pflichtverstoß trotz fehlender Funktionstüchtigkeit der OS-Plattform?

Laut Medienberichten wird der Betroffene verpflichtet, es zu unterlassen, Waren im Internet anzubieten, ohne Verbrauchern Informationen zur OS-Plattform zur Verfügung zu stellen. Zu beachten ist, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung das Portal der EU-Kommission noch gar nicht einsatzbereit war. Einzig die Interbetadresse wurde kurz vor dem 09.01.2016 bekannt gegeben, damit Webshops entsprechend angepasst werden konnten. Genutzt werden kann die OS-Plattform jedoch erst seit dem 15.02.2016. Das jedoch nicht bei Streitigkeiten mit deutschen Händlern.

Weiterhin keine Nutzbarkeit bei Streit mit deutschen Händlern

Denn in Deutschland stehen noch keine Schlichtungsstellen zur Verfügung, die über das europäische Portal mit der Beilegung von Streitigkeiten beauftragt werden könnten.

Die OS-Plattform ist lediglich eine Anlaufstelle, die Anfragen, die dort eingereicht werden, an die zuständige Streitschlichtungsstelle im jeweiligen Mitgliedstaat weiterleitet. Existieren dort jedoch keine Schlichtungsstellen, kann die OS-Plattform auch nicht genutzt werden. Obwohl der Händler in seinem Webshop also über die Funktion und die Erreichbarkeit der OS-Plattform informiert, hat der Verbraucher davon gar nichts, wenn eine Online-Streitbeilegung überhaupt nicht möglich ist.

Noch keine Schlichtungsstellen in Deutschland

Mit Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) am 26.02.2015, können entsprechende Schlichtungsstellen in Deutschland nun eingeführt werden. Wann diese zur Verfügung stehen, wann also Streitigkeiten auch mit deutschen Händlern über die OS-Plattform beigelegt werden können, bleibt abzuwarten. An der grundsätzlichen Pflicht, auf das Portal hinzuweisen, ändert das jedoch tatsächlich nichts. Fraglich ist allenfalls, ob die fehlenden Angaben zu diesem Zeitpunkt tatsächlich einen relevanten Wettbewerbsverstoß darstellen.

So sieht es offensichtlich das LG Bochum.

Rechtsmissbrauch?

Man kann nur hoffen, dass der Adressat der einstweiligen Verfügung sich gegen die Entscheidung aus Bochum wehrt, vor allem auch mit dem Argument des Rechtsmissbrauchs. Selbst wenn nämlich die Frist von einem Monat seit Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Vorgaben, die derjenige, der gerichtlich gegen den säumigen Händler vorgegangen ist, hat verstreichen lassen, bevor er den Erlass der einstweiligen Verfügung beantragt hat, vielleicht noch als angemessen angesehen werden kann, könnte zumindest der Umstand, dass die OS-Plattform zum Zeitpunkt der gerichtlichen Verfügung noch überhaupt nicht einsatzbereit war, ein anderes Licht auf das Vorgehen werfen.

Zudem wäre auch zu klären, wann die – vor Inanspruchnahme der Gerichte – erforderliche wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausgesprochen wurde.

Ebenfalls gut zu wissen:

Am 26.02.2016 ist das VSBG in Kraft getreten. Dieses Gesetz legt nicht nur die näheren Einzelheiten für die Streitschlichtungsstellen in Deutschland fest, sondern bestimmt zudem neue Pflichten – auch – für Online-Händler. So sind seit dem Tag des Inkrafttretens beispielsweise AGB-Klauseln unwirksam, die die Einleitung eines Gerichtsverfahrens bei Streitigkeiten von der vorherigen Durchführung eines Schlichtungsversuchs abhängig machen. Ab dem 01.02.2017 müssen Shop-Betreiber zudem weitere Informationspflichten erfüllen.

Zusammengefasst:

Online-Händlern drohen Abmahnungen, wenn sie in ihrem Webshop nicht auf die europäische OS-Plattform hinweisen.

Seit dem 26.01.2016 ist das VSBG in Kraft und bringt neue Pflichten u.a. für den E-Commerce. Seit diesem Tag sind bestimmte AGB-Klauseln unwirksam. Ab Februar 2017 gelten weitere Informationspflichten im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern.

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