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Rückblick: die wichtigsten Urteile und Gesetze im November 2015

Viele Gesetze sind sehr abstrakt und theoretisch. Um sie in die Praxis umzusetzen, müssen sie von den Gerichten oft erst interpretiert werden. So auch einige Regelungen zum neuen Widerrufsrecht samt den dazugehörigen Informationspflichten. Im November wurden zwei spannende und für Online-Händler relevante Urteile gefällt. Lesen Sie in unserem Monatsrückblick, welche weiteren Neuigkeiten es aus dem IT-Recht gab.

Kostenpflichtige Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung

Auch wenn die Möglichkeit von kaum einem Verbraucher genutzt wird – per Gesetz hat er die Möglichkeit eines telefonischen Widerrufs. Durch die aktuelle Rechtsprechung müssen Händler in ihrer Widerrufsbelehrung sogar eine Telefonnummer nennen, unter der der Unternehmer erreichbar ist. Alle Online-Händler sollten ihre Widerrufsbelehrung mittlerweile um diese Angabe ergänzt haben. Andernfalls droht sogar eine Abmahnung.

Aber auch die Angabe der Telefonnummer kann Händler in die Bredouille bringen – wenn es sich um eine kostenpflichtige Nummer handelt. Zumindest die Wettbewerbszentrale ist der Auffassung, eine für einen Widerruf bereitgestellte kostenpflichtige Nummer sei nicht zulässig. Das gesetzliche Widerrufsrecht könnte durch die anfallenden Kosten beeinträchtigt werden.

Das mit der Klärung angerufene Landgericht Hamburg hat entschieden, dass die Nutzung einer 01805er-Nummer in der Widerrufsbelehrung zulässig ist (Urteil vom 03.11.2015, Az.: 312 O 21/15). Auch wenn Kosten anfallen, werde der Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechtes abgehalten.

Rechtsanwaltskosten auch in einfachen Fällen gerechtfertigt

Kommt es zu einem Streit zwischen Verbraucher und Händler, gehen viele Betroffene voreilig zu einem Rechtsanwalt. Die Frage, ob dessen Beauftragung überhaupt notwendig gewesen wäre, kommt spätestens mit der Anwaltsrechnung auf.

Ein Schadensfall, bei dem die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig war, soll bereits dann vorliegen, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung in Zahlungsverzug gerät (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2015, Az.: IX ZR 280/14). Auch in einfach gelagerten Fällen darf sich der Gläubiger einen Rechtsanwalt suchen. Die Folge ist, dass die Rechtsanwaltskosten vom Schuldner zu erstatten sind.

UVP-Werbung: Aktualität muss gewährleistet sein

Streichpreise können für den Kunden ein sehr verlockendes Angebot sein. So suggerieren die teilweise enormen Preisnachlässe ein echtes Schnäppchen. Auch die Gegenüberstellung mit einer UVP fällt in diese Kategorie. Stimmt die Angabe, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Hat die angegebene UVP aber tatsächlich nie bestanden oder ist nicht mehr aktuell, täuscht der Händler seine Kunden und verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil. Scheinbar tauchen derartige unzulässige Werbeaussagen immer wieder auf. Die Wettbewerbszentrale weist daher aktuell noch einmal darauf hin, dass eine falsche UVP-Werbung unzulässig und abmahngefährdet ist.

Virtuelles Hausrecht im Internet

Ausbleibende Zahlungen, nörgelnde Kunden oder übermäßig hohe Retouren… Dies sind nur einige Gründe, warum Händler mit einem Kunden manchmal „nichts mehr zu tun haben wollen“. Der Ausschluss dieser Kunden ist jedoch nicht in jedem Shopsystem ohne weiteres möglich. Die zahlreichen Umgehungsmöglichkeiten sind ebenfalls groß. Ein virtuelles Hausverbot ist nach Meinung des Landgerichts Ulm auch gar nicht notwendig. Online-Händler sollten stattdessen lieber auf eine sinnvolle Vertragsgestaltung setzen und ihre AGB fit für derartige Fälle machen.

Was bedeutet dies in der Praxis? Die AGB werden so gefasst, dass eine Bestellung keinen Vertrag mehr auslöst. Erst durch eine Bestätigungsmail des Kunden wird der Vertrag geschlossen. In der Praxis sollen Online-Händler Bestellungen unliebsamer Person einfach nicht annehmen oder diese jedenfalls nicht ausführen. Dass Online-Händler hierzu weder Zeit, noch technische Mittel haben, scheinen die Richter nicht bedacht zu haben.

E-Zigaretten: Bundeskabinett beschließt neuen Gesetzesentwurf zum Verkauf

Der Verkauf von Tabakwaren an Kinder und Jugendliche ist schon seit Jahren fester Bestandteil des Jugendschutzes. Bislang hat man diese gesetzlichen Regelungen jedoch noch nicht auf neue Produkte wie E-Zigaretten oder E-Shishas ausgeweitet. Auch fehlten spezielle Regelungen für den Online-Handel mit diesen Produkten.

Auf langjähriges Drängen von Jugendschützern soll nun endlich Rechtssicherheit geschaffen werden. Das Bundeskabinett hat im November einen neuen Gesetzentwurf zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gesundheitlichen Gefahren beschlossen. Mit dem neuen Gesetz sollen endlich auch Regelungen zu deren Abgabe im Online-Handel eingeführt werden.

AGB-Recht: Weiterverkauf nur inklusive Gewährleistungsansprüchen

Online-Händler haften gegenüber dem Käufer für die Mangelfreiheit der verkauften Produkte. Wird das gekaufte Produkt weiterverkauft oder verschenkt, hat der Dritte im Falle eines Defekts jedoch keine Ansprüche gegenüber dem Verkäufer, sondern nur der ursprüngliche Käufer (d.h. „Erstkäufer“). Das Gewährleistungsrecht muss erst an den Dritten „übertragen“ werden. Online-Händler dürfen diese Abtretung in ihren AGB auch nicht ausschließen, weil dies den Erstkäufer unangemessen benachteiligen würde.

„Versandkosten auf Anfrage“ auch nach neuem Recht wettbewerbswidrig

Wer Letztverbrauchern Waren anbietet, hat anzugeben, ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen. Fallen solche Kosten an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können.

Mag die Angabe der Fracht-, Liefer- oder Versandkosten innerhalb Deutschlands oder dem europäischen Raum vielleicht noch zu beziffern sein, ist dies für das nicht europäische Ausland jedoch kaum händelbar. Besonders Speditionskosten werden täglich aktualisiert. Für Online-Händler führt dies dazu, dass die Angaben im Online-Shop laufend aktualisiert werden müssten. In vielen Shops mit weltweitem Versand findet man daher bei der Suche nach Versandkosten Aussagen wie „Versandkosten auf Anfrage“ oder „andere Länder auf Anfrage“. Es sei nicht ersichtlich, dass nicht jedenfalls für die Länder der Europäischen Union jeweils die Höhe der Versandkosten ohne unzumutbaren Aufwand angegeben werden kann (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 02.10.2015, Az.: 5 W 196/15).

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