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OLG Köln: Aus für die notarielle Unterwerfungserklärung?

Gastartikel: Noch bevor sie sich als Alternative zur strafbewehrten Unterlassungserklärung etablieren konnte, dürfte die notarielle Unterwerfungserklärung vor dem Aus stehen. Denn das OLG Köln hat entschieden, dass sie alleine nicht die Wiederholungsgefahr des Wettbewerbsverstoßes beseitigt.

Wer eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhält, steht vor der Frage, was tun? Ist sie berechtigt, liegt die beanstandete Verletzung einer gesetzlichen Bestimmung also vor, muss der Abgemahnte handeln. Als erstes sollte er den Verstoß abstellen, um weitere Abmahnungen zu vermeiden. Dann muss er sicherstellen, dass der Verstoß künftig nicht erneut begangen wird. Rechtlich bedeutet dies, die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Das ist erforderlich, um weitere Ansprüche des Abmahners zu verhindern.

Strafbewehrte Unterlassungserklärung

Für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr hat der abgemahnte Unternehmer verschiedene Möglichkeiten. Die gängigste dürfte die Abgabe einer sog. „strafbewehrten Unterlassungserklärung“ sein. Sie stellt einen Vertrag zwischen Abmahner und Abgemahntem dar, mit dem sich Letzterer verpflichtet, den gerügten Verstoß künftig zu unterlassen. Sollte er diese Pflicht verletzen, hat er eine Vertragsstrafe an den Abmahner zu zahlen.

Vertragsstrafe als Finanzielle Unterstützung der Konkurrenz

Derartige Unterlassungserklärungen können aber weitreichende Folgen haben. Wer die Rechtsverletzung weiterhin begeht, muss die – vereinbarte oder noch festzulegende – Vertragsstrafe an den Abmahner zahlen. Da Abmahnungen vielfach von Mitbewerbern ausgesprochen werden, leistet man auf diese Weise der Konkurrenz finanzielle Unterstützung.

Unterlassungserklärung bleibt ein Leben lang bestehen

Gravierender dürfte aber der Umstand sein, dass ein Unterlassungsvertrag die Parteien dauerhaft bindet, selbst wenn sich die Rechtslage ändert. Kommt es also zu Gesetzesänderungen oder Urteilen, die dazu führen, dass das einst rechtswidrige Verhalten zulässig oder sogar verpflichtend wird (aktuelles Beispiel ist die Angabe der Telefonnummer innerhalb der Widerrufsbelehrung), muss der Vertrag unverzüglich gekündigt werden, damit der betroffene Händler nicht in den Teufelskreis von Vertragsstrafe und Abmahnung gerät.

Unterlassungserklärung gilt auch gegen die objektive Rechtslage

Der Abgemahnte ist übrigens auch dann zur Zahlung der Vertragsstrafe verpflichtet, wenn sich das gerügte Verhalten als rechtskonform herausstellt. Denn die Unterlassungserklärung gilt laut OLG Brandenburg (Urteil vom 29.04.2014; AZ: 6 U 10/13) auch entgegen der objektive Rechtslage. Die Abgabe einer entsprechenden Erklärung sollte also gut überlegt sein. Die von der Gegenseite vorformulierte Unterlassungserklärung sollte mindestens anwaltlich überprüft, wenn nicht sogar um- oder ganz neu formuliert werden, bevor sie unterschrieben wird.

Notarielle Unterwerfungserklärung als Alternative?

Um den Folgen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu entgehen, sind einige Betroffene dazu übergegangen, stattdessen eine notarielle Unterwerfungserklärung abzugeben. Der Unterschied besteht zunächst darin, dass diese kein Vertragsstrafeversprechen enthält. Begeht der Abgemahnte die gerügte Rechtsverletzung erneut, wird ein Ordnungsgeld fällig. Dadurch wird der Staat, nicht aber die Konkurrenz finanziell unterstützt.

Zudem wird der Inhalt vom Abgemahnten selbst bestimmt, der dazu fachkundige – nämlich notarielle – Beratung bekommt. Der Nachteil dieser Variante sind die hohen Kosten. Zunächst muss der Notar für seine Beurkundung bezahlt werden. Je nach Inhalt der Vereinbarung können weitere Gebühren dazu kommen.

OLG Köln: notarielle Unterwerfungserklärung beseitigt nicht die Wiederholungsgefahr

Mit Urteil vom 10.04.2015 könnte das OLG Köln (AZ 6 U 149/14) diese Alternative für die Abgemahnten noch unattraktiver gemacht haben. Die Richter haben nämlich entschieden, dass für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr – die für den Wegfall des Unterlassungsanspruchs auf Seiten des Abmahners erforderlich ist – die Abgabe der notariellen Unterwerfungserklärung nicht ausreicht. Erst wenn neben dieser auch der sog. Androhungsbeschluss zugestellt wurde, entfällt sie.

Zuwiderhandlungen dürfen nicht sanktionslos bleiben

Damit gegen den Abgemahnten ein Ordnungsgeld verhängt werden kann, muss ihm dieses erst angedroht werden – mit dem Androhungsbeschluss. Fehlt er, sind keine Sanktionen wegen erneuter Rechtsverletzungen möglich. Deshalb muss der Abgemahnte für die Zeit bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses weitere Sicherungsmaßnahmen ergreifen, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Das OLG schlägt dafür eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vor, die ihre Wirkung verliert, sobald der Androhungsbeschluss zugestellt wurde.

Für den Betroffenen würde das – zusätzlich zu den hohen Kosten der notariellen Beurkundung – weiteren Aufwand und das Risiko bedeuten, doch noch zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Abmahner verpflichtet zu werden. Dass dieser Weg künftig verstärkt eingeschlagen wird, ist deshalb zweifelhaft.

Richterspruch statt Abgabe von Erklärungen

Will der Abgemahnte weder die strafbewehrte Unterlassungserklärung noch die notarielle Unterwerfungserklärung abgeben, bliebe zum Ausschluss der Wiederholungsgefahr nur noch ein richterliches Verbot. Auch wenn es in den anwaltlichen Schreiben stets angedroht wird, steht in keinem Fall fest, dass der Abmahner ein Gerichtsverfahren tatsächlich einleitet. Möglicherweise scheut er das Risiko, etwa weil die Rechtslage noch nicht eindeutig geklärt ist.

Aber selbst wenn es zur Verhandlung kommt, besteht für den Abgemahnten die Möglichkeit, dass die Klage abgewiesen, bzw. die beantragte einstweilige Verfügung nicht erlassen wird. Er müsste dann weder die Abmahn- noch die Gerichtskosten zahlen. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, würde bei Zuwiderhandlungen ein Ordnungsgeld verhängt werden, dass in die Staatskasse fließt und nicht in die Taschen der Konkurrenz. Die Folgen wären also mit denen der notariellen Unterwerfungserklärung vergleichbar.

Fazit

Dass sich die notarielle Unterwerfungserklärung als teure und – spätestens nach dem Urteil des OLG Köln – umständliche Reaktionsmöglichkeit auf Abmahnungen künftig durchsetzen wird, kann angezweifelt werden. Dennoch sollten Abmahnschreiben auf keinen Fall einfach ignoriert werden.

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