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Es ist soweit: die ersten Abmahnungen seit Umsetzung der VRRL sind da

Wie schon vorhergesagt, hat die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) bereits jetzt zahlreiche Abmahnung zur Folge. Teilweise wird von anwaltlichen Schriftsätzen berichtet, die auf den 13.6.2014, also den Tag der Rechtsänderung datiert sind. Andere Schreiben folgten wenige Tage später. Große Erfolgsaussichten werden ihnen jedoch nicht prognostiziert. Was von den Abmahnungen zu halten ist und wie die Betroffenen mit ihnen umgehen sollten, erfahren Sie hier:

Hatten Online-Händler vor der Rechtsänderung am 13.6.2014 noch Stress wegen der rechtzeitigen Umsetzung der neuen Vorgaben in ihrem Webshop, machen ihnen nun anwaltliche Schreiben das Leben schwer. Denn pünktlich nach Inkrafttreten der neuen Gesetze verschicken Unternehmen Abmahnungen an zahlreiche Händler. Bemängelt wird hauptsächlich die Nutzung einer „veralteten Widerrufsbelehrung“. Aber selbst wenn die Betroffenen ihren Shop tatsächlich nicht fristgerecht umgestellt haben, werden die Abmahnungen von Gerichten höchstwahrscheinlich nicht bestätigt werden. Online-Händler müssen ihren Webshop dennoch dringend auf den aktuellen Stand bringen.

Die ersten Abmahnungen wurden im Auftrag der Werfo Ltd., der Eboxu UG und der CODE.AG GmbH versendet. Für einen Erfolg vor Gericht müssen allerdings verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Erforderlich sind vor allem ein Konkurrenzverhältnis zwischen dem abmahnenden und dem abgemahnten Unternehmen und ein konkreter Rechtsverstoß.

Abmahnung der Werfo Ltd.

Die Abmahnung der Werfo Ltd. dürfte schon am Konkurrenzverhältnis scheitern. Denn im zuständigen englischen Handelsregister ist das Unternehmen als „dissolved“ eigetragen. Ein aufgelöstes Unternehmen existiert nicht länger und kann folglich auch nicht in Wettbewerb zu anderen Händlern treten.

Abmahnung der Eboxu UG

Konkurrenzverhältnis

Ob die Eboxu UG im Wettbewerb zu anderen Online-Händlern steht, sollte ebenfalls genauer unter die Lupe genommen werden. Das Unternehmen ist noch existent, wurde allerdings es erst am 5.6.2014, mithin eine Woche vor der Rechtsänderung gegründet. Das allein sagt zwar über die Absichten der Unternehmensgründung nichts aus, es wirkt aber genauso verdächtig, wie der im Handelsregister eingetragene Geschäftszweck. Dieser wird mit „Vertrieb von Waren aller Art“ angegeben. Wer daran nichts Auffälliges erkennen kann, sollte den anschließend aufgelisteten Katalog genauer betrachten. Dort werden Waren aus nahezu jedem Bereich genannt, was der Firma erlaubt, es auch mit großen Warenhäusern aufzunehmen. Anders gesprochen: die Eboxu UG setzt sich selbst in Konkurrenz zu Online-Händlern aus so ziemlich jedem Sektor. Das erlaubt ihr, entsprechend viele Abmahnungen zu verschicken.

Ein Wettbewerbsverhältnis sollte trotz dieser Umstände nicht einfach verneint werden. Denn der Vorsatz, dass das Unternehmen ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, möglichst viele Shop-Betreiber abmahnen zu können und auf diese Weise die Anwaltsgebühren zu erhalten, dürfte schwer nachzuweisen sein, sofern er überhaupt vorliegt.

Wettbewerbsrechtliches Fehlverhalten der Abgemahnten?

Zum Glück für die Betroffenen bietet das Anwaltsschreiben aber weitere Angriffspunkte. Denn gerügt wird der Verstoß gegen eine Vorschrift der Richtlinie 2011/83/EU (VRRL). Es wird aber weder gesagt, durch welches konkrete Verhalten diese Rechtsverletzung erfolgt, noch ist ein Verstoß gegen Bestimmungen der VRRL durch Shop-Betreiber überhaupt möglich.

Europäische Richtlinien entfalten keine unmittelbare Wirkung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Sie verpflichten die Regierungen lediglich dazu, die Vorgaben in die nationalen Gesetze aufzunehmen (so in Deutschland am 13.6.2014 geschehen). Ein Verstoß ist dann aber nur gegen diese nationalen Bestimmungen möglich, beispielsweise § 312d Abs. 1 BGB neue Fassung (n.F.) in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB n.F.. Die Nichteinhaltung deutscher Gesetze wird den Abgemahnten jedoch nicht vorgeworfen. Folglich fehlt eine konkrete Rechtsverletzung, deren Unterlassen gefordert werden könnte.

Die Abmahnung der Eboxu UG dürfte daher spätestens aus diesem Grund scheitern.

Abmahnung der CODE.AG GmbH

Im Gegensatz zu seinem Kollegen hat der Anwalt der CODE.AG sich in seinen Abmahnschreiben auf eben jene nationalen Regelungen bezogen. Dennoch wird auch dieses Schreiben wahrscheinlich nicht zum Erfolg führen.

Konkurrenz zu Online-Warenhändlern durch Dienstleister?

Auch hier ist zunächst das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses zweifelhaft. Denn laut Eintrag im Handelsregister erbring die CODE.AG GmbH „EDV-Dienstleistungen und EDV-Beratung aller Art“, verkauft demnach keine Waren über das Internet. Damit würde sie nicht im Wettbewerb mit den abgemahnten Online-Händlern stehen. Es hat sich aber herausgestellt, dass das Unternehmen daneben auch mindestens zwei Online-Shops betreibt. Auch wenn einer der Webshops (bluconnect.de) recht unprofessionell wirkt, erscheint der zweit, ein Weinhandel (wein-in-franken.de), zumindest auf den ersten Blick seriös. Da die Abmahnungen gegenüber anderen Weinhändlern erfolgten, könnte ein Konkurrenzverhältnis tatsächlich durchaus vorliegen.

Ist „alt“ immer falsch?

Den abgemahnten Shop-Betreibern wird auch eine konkrete Rechtsverletzung vorgeworfen. Beanstandet wird nämlich, dass in den zur Verfügung gestellten Widerrufsbelehrungen darüber informiert wird, dass der Widerruf seitens des Verbrauchers auch durch Rücksendung der Ware erfolgen kann. Darin sieht der Anwalt einen Verstoß gegen die seit dem 13.6.2014 in Deutschland geltenden Bestimmungen. Damit hat er aber nicht unbedingt Recht. Zwar war die genannte Formulierung vielfach in den Belehrungstexten, wie sie bis zum 13.6.2014 verwendet wurden, zu finden, das heißt aber nicht, dass sie durch die Gesetzesänderung unzulässig geworden ist.

Seit dem Stichtag verpflichtet der Gesetzgeber den Verbraucher, seinen Widerruf gegenüber dem Unternehmer „eindeutig“ zu erklären. Dadurch will er Unsicherheiten bei den Händlern vermeiden. Denn diese mussten sich fragen, welches Recht ein Kunde ausüben will, wenn er den bestellten Artikel einfach kommentarlos zurücksendet. Dadurch konnte der Käufer nach alter Rechtslage einerseits den Widerruf vom Vertrag erklären, andererseits aber auch andere Rechte, wie beispielsweise Gewährleistungsrechte bei bestehenden Mängeln, geltend machen. Der Unternehmer war im Zweifel gezwungen, beim Verbraucher nachzuhaken.

Neue Möglichkeiten

Das soll nach der Änderung nun nicht mehr nötig sein. Denn zumindest der Widerruf muss fortan unmissverständlich erklärt werden. Die bloße Warenrücksendung reicht dafür nicht mehr aus. Bei den gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich allerdings um Mindestvorgaben zum Schutz des Verbrauchers. Von diesen dürfen Händler zu Gunsten ihrer Kunden durchaus abweichen. Online-Shopper sind durch jahrelange Übung an die einfache Handhabung des Widerrufs mittels kommentarloser Rücksendung gewöhnt. Unternehmer, die diese Möglichkeit auch weiterhin anbieten, können sich positiv von der Konkurrenz absetzen. Sie steigern die Kundenzufriedenheit und können auf diese Weise vielleicht sogar neue Kunden gewinnen. Für den Käufer ergibt sich eine weitere, über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Option, seinen Widerruf zu erklären. Eine solche Vereinbarung ist aus diesem Grund rechtlich durchaus zulässig.

Da über die Art und Weise, wie der Widerruf auszuüben ist, belehrt werden muss, ist eine entsprechende Formulierung im Belehrungstext erforderlich. Eine solche Floskel pauschal abzumahnen ist folglich wenig erfolgversprechend. Erst wenn der betroffene Händler die kommentarlose Warenrücksendung gerade nicht als Widerrufserklärung akzeptiert, handelt er unlauter und kann aufgefordert werden, ein solches Verhalten zu unterlassen. Dieser Vorwurf ist in den Anwaltsschreiben aber nicht enthalten.

Daher dürfte auch die Abmahnung er CODE.AG vor Gericht keine Chance haben.

Rechtsmissbrauch durch frühzeitige Abmahnung

Bei den genannten Abmahnungen muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass sie bereits am Tag der Gesetzesänderung oder zumindest wenige Tage danach erfolgt sind. Auch wenn eine Übergangsfrist für die Umsetzung der neuen Regelungen gesetzlich nicht vorgesehen war, muss dennoch berücksichtigt werden, dass die Aktualisierung eines Webshops nicht einfach auf Knopfdruck erfolgen kann. Schon aus technischer Sicht kann es zu Verzögerungen kommen. Man muss sich nur die Situation auf Online-Marktplätzen wie eBay oder Amazon vorstellen. Die Betreiber waren gezwungen, die Umstellung für unzählige Händler durchzuführen. Das dauert! Manchmal eben auch ein paar Tage.

Wer dann aber frühzeitig abmahnt, muss sich nicht wundern, wenn ihm Rechtsmissbrauch vorgeworfen wird. Denn derart zeitige Aufforderungen, doch bitte die aktuelle (seit wenigen Stunden oder Tagen geltende) Rechtslage einzuhalten, zielen wohl nicht ausschließlich auf die Wiederherstellung eines fairen Wettbewerbs. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass dadurch lediglich die Anwaltsgebühren erzielt werden sollten. Ein solches Verhalten wird vom Gesetz als rechtsmissbräuchlich angesehen. Entsprechende Abmahnungen werden daher wohl als unberechtigt eingestuft und haben vor Gericht keine Chance.

Fazit

Wie schon vorhergesagt wird es durch die Verbraucherrechte-Richtlinie wieder zu einer Zeit voller Abmahnungen und Gerichtsentscheidungen kommen. Beides ist teuer und nervenaufreibend. Aber nur so können die Unklarheiten und Unsicherheiten, die mit gesetzlichen Neuregelungen immer einhergehen, geklärt werden.

Wer nicht zu einem „Opfer“ dieser Entwicklung werden will, sollte schleunigst die neuen Vorgaben in seinen Webshop einfügen. Eine einfache Lösung dafür bietet Protected Shops. Wir erstellen nicht nur sämtliche im Online-Warenhandel erforderlichen „Rechtstexte“, wie die Widerrufsbelehrung, die Datenschutzerklärung, Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vieles mehr, wir halten diese auch auf dem aktuellsten Stand. Kommt es dennoch zu einer Abmahnung wegen unserer Dokumente, übernehmen wir darüber hinaus die Kosten.

Mehr erfahren Sie unter www.protectedshops.de

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