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Die neue Verbraucherrichtlinie im Fernabsatz: Was Onlinehändler zu den neuen Regelungen zum Widerrufsrecht wissen müssen

Im Wege der Umsetzung der Europäischen Verbraucherrechterichtline 2011/83/EU (VRRL) in nationales Recht ergeben sich künftig gravierende Änderungen für Händler in Bezug auf die Regelungen des Widerrufsrechts. Am 14.06.2013 verabschiedete der Bundestag den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der VRRL. Die Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) treten am 13.06.2014 in Kraft. Das sind die wichtigsten Änderungen, die sich für Onlinehändler ergeben:

– Europaweites, einheitliches Widerrufsrecht

Die VRRL führt dazu, dass es künftig ein europaweit einheitliches Widerrufsrecht geben wird. Dies hat zur Folge, dass die deutschen Vorschriften zum Fernabsatzwiderrufsrecht erheblich umgestaltet werden mussten.
In den Rechtsordnungen der nationalen Länder bestehen derzeit wichtig Unterschiede hinsichtlich der Widerrufsfrist, was den grenzüberschreitenden Onlinehandel schwierig gestaltete. Während z.B. in Deutschland die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt, beläuft sie sich in Österreich auf 7 Werktage, in Griechenland auf 10 Tage und in Malta und Slowenien auf 15 Tage.

Nach der neuen Richtlinie gilt künftig nur noch eine europaweit einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen.

– Ausübung des Widerrufsrechts nur noch durch eindeutige Erklärung

Bislang können Verbraucher ihr Widerrufsrecht schriftlich oder durch Rücksendung der Sache selbst ausüben. Anerkannt ist auch, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht durch schlüssiges Handeln, etwa durch Nichtannahme der Lieferung des Unternehmers ausüben kann. Das wird sich ändern, denn künftig ist eine eindeutige Erklärung des Verbrauchers erforderlich. Der neue § 355 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB bestimmt nun, dass der Widerruf durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer erfolgen muss. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Die bloße Rücksendung der Ware an den Unternehmer reicht damit künftig nicht mehr aus, das Widerrufsrecht wirksam auszuüben. Damit werden die vorgenannten Unklarheiten vermieden.

Künftig muss der Unternehmer dem Verbraucher dazu jedoch ein Widerrufsformular, welches durch ein Muster-Widerrufsformular vorgegeben ist, an die Hand geben. Dieses Formular kann der Verbraucher zur Erklärung seines Widerrufs ausfüllen und an den Unternehmer schicken. Der Unternehmer kann dem Verbraucher auch ermöglichen, sein Widerrufsrecht über ein auf der Internetseite des Unternehmers eingerichtetes Formular auszuüben. Räumt er diese Möglichkeit ein, hat der Unternehmer den Zugang des Widerrufs dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per Email) zu bestätigen.

Der Verbraucher muss sich zur Erklärung seines Widerrufs aber nicht zwingend dieses Formulars bedienen, sondern er kann auch formlos schreiben.

– Erklärung des Widerrufs nicht mehr in Textform erforderlich

Nach geltendem Recht muss der Verbraucher nach §§ 355 Abs. 1 S. 2, 126b BGB die Textform wahren, will er sein Widerrufsrecht durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer ausüben. Er muss also den Widerruf per Mail, Brief oder Fax erklären. Dieses Formerfordernis für die Erklärung des Widerrufs besteht künftig nicht mehr. So soll es künftig möglich sein, dass der Verbraucher telefonisch widerruft.
Künftig sieht die Musterwiderrufsbelehrung daher ausdrücklich die Aufnahme einer Telefonnummer des Unternehmers vor, eben weil die wirksame Erklärung des Widerrufs nicht mehr an die Einhaltung der Textform geknüpft ist, sondern künftig vielmehr auch (fern)mündlich erfolgen kann.

– Anspruch auf Erstattung der Hinsendekosten nur noch bezüglich der Kosten des Standardversands

Nach derzeitiger Rechtsprechung sind Unternehmer verpflichtet, widerrufenden Verbrauchern die Hinsendekosten, also die Kosten für die Lieferung der Ware vom Unternehmer zum Verbraucher, zu erstatten. Eine diesbezügliche eindeutige gesetzliche Regelung fehlte aber bislang. Diese Pflicht des Unternehmers schreibt künftig der neue § 357 Abs. 2 BGB eindeutig fest. Danach muss der Unternehmer auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt allerdings nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat (Mehrkosten für Expresslieferung, Nachnahme usw.).

– Rücksendekosten trägt Verbraucher

Beim Widerrufsrecht ist es nach derzeitigem Stand der Rechtslage so, dass der Unternehmer die regelmäßigen Rücksendekosten trägt. Er kann diese Kosten jedoch zumindest bei einem Warenwert bis zu 40,00 EUR dem Käufer auferlegen, wenn er eine entsprechende Vereinbarung in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnimmt. Beim Rückgaberecht trägt der Unternehmer immer die Rücksendekosten.

Nach neuem Recht trägt der Verbraucher immer die Rücksendekosten, und zwar unabhängig vom Preis der zurückzusendenden Sache. Die 40-EUR-Klausel wird es also nicht mehr geben.

– kein Rückgaberecht mehr

Nach geltendem Recht können Unternehmer Verbrauchern anstatt dem Widerrufsrecht das Rückgaberecht gewähren. Beim Rückgaberecht kann sich der Kunde nur durch fristgerechte Rücksendung der Ware selbst wieder vom Kaufvertrag lösen. Nach der künftigen Regelung ist das Rückgaberecht nicht mehr vorgesehen. Es wird also nur noch eine Widerrufsbelehrung geben. In der Folge besteht für Händler nicht mehr die Gefahr, die Voraussetzungen und Bedingungen dieser beiden Rechtsinstitute zu vermischen.

– Neue Ausnahmen vom Widerrufsrecht, Download

Im Zuge der Richtlinienumsetzung werden die Ausnahmen vom gesetzlichen Widerrufsrecht ausgeweitet. Diese Ausnahmen finden sich in dem neuen § 312g Abs. 2 BGB. Danach gelten die bisherigen Ausnahmen vom Widerrufsrecht auch weiterhin. Neu hinzu kommen aber weitere Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei Verträgen

Neu geregelt ist in § 356 Abs. 5 BGB, dass bei digitalen Inhalten (Downloads) ein Widerrufsrecht zwar besteht, dieses aber unter bestimmten Voraussetzungen erlischt. Das ist der Fall, wenn 1. der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags (also dem Übersenden der Datei) begonnen hat, 2. Der Verbraucher zuvor ausdrücklich zugestimmt hat und 3. der Verbraucher zur Kenntnis genommen hat, dass er sein Widerrufsrecht durch die Ausführung verliert.

– Rückabwicklung des widerrufenen Vertrages

Nach derzeitigem Recht muss der Händler den Kaufpreis innerhalb von 30 Tagen nach Zugang des Widerrufs zurückzahlen. Diese Regelung widersprach den Interessen des Händlers, der vor Rückzahlung des Kaufpreises natürlich den Zustand der Ware begutachten wollte, um ggf. Wertersatz für Beschädigungen usw. einzubehalten.

Nach der Neuregelung muss der Unternehmer den Kaufpreis sogar innerhalb von 14 Tagen ab Widerruf zurückerstatten. Allerdings hat der Händler ein ausdrückliches Zurückbehaltungsrecht „bis er die Waren wieder zurückerhalten hat bzw. der Verbraucher einen Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist.“ Damit kann der Händler von Gesetzes wegen die Rückzahlung zurückhalten, bis die Ware wieder bei ihm eingegangen ist.

Der Verbraucher ist dafür verpflichtet, „die Waren ohne unnötige Verzögerung und in jedem Fall binnen 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Gewerbetreibenden seinen Entschluss mitteilt, den Vertrag zu widerrufen, an den Gewerbetreibenden oder eine von diesem zur Entgegennahme ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben.“

– Neuerungen beim Wertersatz

Tiefgreifende Änderungen zum Wertersatz wird es nicht geben. Heute hat der Verbraucher Wertersatz für eine Verschlechterung oder Nutzung der Sache zu leisten, soweit sie auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ hinausgeht, wenn er zuvor bei Vertragsschluss darüber belehrt wurde. Nach neuer Rechtslage ist vorgesehen, dass der Verbraucher Wertersatz für „einen Wertverlust der Ware“ zu leisten hat, der „auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war“. Voraussetzung ist allerdings, dass der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde. In der Retourenabwicklung wird es daher nach der neuen Gesetzeslage kaum praktische Auswirkungen auf den Wertersatz geben.

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