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Rakuten CEO steht Rede und Antwort zur strategischen Neuausrichtung

Die Ankündigung der strategischen Neuausrichtung von Rakuten warf unter deren Händlern einige Fragen und Befürchtungen auf. Wir haben diese aufgegriffen, gesammelt, mit unseren eigenen Fragen angereichert und an Beate Rank, CEO von Rakuten Deutschland, weitergereicht. Herausgekommen ist dabei ein sehr ausführliches Interview mit interessanten Einblicken zu Hintergründen, Ausblicken und ersten Zahlen.

Warum die strategische Neuausrichtung?

Beate Rank: In den vergangenen Jahren haben wir eine solide Basis geschaffen, um unsere Ziele zu erreichen. Um nun gemeinsam mit unseren Händlern den nächsten Schritt gehen zu können, ist es notwendig, die Bedürfnisse der Endkunden in den Mittelpunkt zu stellen, den Einkaufsprozess zu verbessern und zu einem Erlebnis zu machen. Als ersten Schritt dazu möchten wir dem Kunden die Produktsuche und den gesamten Bestellprozess so einfach wie möglich machen. Die nun erfolgten Änderungen haben insbesondere drei Ziele:

  1. Den Anteil der wiederkehrenden Käufer deutlich zu erhöhen
  2. Unser erfolgreiches Kundenbindungsprogramm der Rakuten Superpunkte noch stärker zu etablieren
  3. Die Potentiale unserer Händlergemeinschaft noch besser zu nutzen

Kann man die nun erfolgte Neuausrichtung mit der Positionierung Rakutens in Japan vergleichen?

Beate Rank: Tatsächlich ist diese mit der Philosophie und Struktur in Japan und auch mit denen der anderen der internationalen Rakuten Gruppe angehörigen Marktplätze vergleichbar. Sei es nun Priceminister in Großbritannien oder Buy.com in den USA. Denn auch wenn es lokale Unterschiede gibt, die wir selbstverständlich berücksichtigen, um den jeweiligen Bedürfnissen der Kunden vor Ort gerecht zu werden, haben wir alle dieselbe Zielsetzung: Wir stellen den einzelnen Händler und dessen Sortiment in den Fokus, während Rakuten das verbindende Element, quasi eine Klammer, für den Endkunden darstellt.

Dies ist auch insofern wichtig, da in der Internationalisierung für Onlinehändler große Chancen wie auch enorme Herausforderungen liegen. Hier kann und wird Rakuten künftig eine maßgebliche Rolle spielen – bereits jetzt stellen wir die notwendigen Weichen dafür.

Wird Rakuten nicht zu einem Einheitsbrei irgendwo zwischen Amazon und Ebay?

Beate Rank: Keineswegs, denn Rakuten hebt sich ganz deutlich von Amazon und anderen Marktplätzen ab: Die wenigsten der Käufer auf Amazon nehmen überhaupt wahr, dass sie sich auf einem Marktplatz mit verschiedenen Händlern befinden. Sie gehen in der Regel davon aus, direkt bei Amazon gekauft zu haben, ganz egal, welcher Händler nun tatsächlich der Geschäftspartner ist.

Davon abgesehen ist Amazon absolut produkt- und preisorientiert, während Rakuten jetzt noch stärker die Fachhändler in den Mittelpunkt stellt.

Bei eBay ist die weitere Entwicklung noch abzuwarten. Derzeit sind wir in manchen Dingen gar nicht so weit von eBay entfernt. Dennoch praktizieren wir bereits heute einen ganz anderen partnerschaftlichen Ansatz: Das zeigt unser ECC (E-Commerce Consulting)-Team: Diese „Task Force“ unterstützt unsere Händler beratend pro-aktiv wenn sie bei Händlern Handlungs- und insbesondere Optimierungsbedarf sieht oder auf konkrete Anforderung. Außerdem bieten wir natürlich technischen Support und kostenlose Webinare in der Rakuten Akademie.

Lesen Sie auf der nächsten Seite wieso der erzwungene Kunden-Login notwendig ist und welche Vorteile sich daraus ergeben.



Momentan kann – mangels Praxisbeispielen – noch nicht zuverlässig prognostiziert werden, dass alle Händler gleichermaßen von der shopübergreifenden Suche profitieren werden. Was macht Rakuten so zuversichtlich, dass hier tatsächlich eine Win-Win-Situation für alle entsteht?

Beate Rank: Wir haben im Vorfeld viele Diskussionen mit Händlern geführt. Deren größte Befürchtung war nachvollziehbarerweise, dass für den eigenen Onlineshop eingekaufter Traffic mittels der globalen Suche anderen Händlern zugute kommt.

Erste Auswertungen der vergangenen Tage zeigen jedoch, dass Kunden, deren Einstiegsseite eine Produktseite des Händlers ist, meist auch in diesem Onlineshop bleiben. Und gemeinhin leitet der Fachhändler Interessenten ja, beispielsweise über Google AdWord-Anzeigen, direkt zu seinen Produktdetailseiten.

Genutzt wird die shopübergreifende Suche insbesondere von der Kategorie der eher ungezielt Stöbernden, die in einem Onlineshop nicht gefunden haben, wonach sie suchten. Und hier ist die shopübergreifende Suche ein hervorragendes Instrument, um Synergieeffekte unserer Händlergemeinschaft zu nutzen und den Kunden im Netzwerk zu halten.

Es ist davon auszugehen, dass auf diesem Wege letztlich jeder Händler gleichermaßen vom Netzwerk profitiert. Eine Einschätzung, die Du in Deinem Artikel im Übrigen ja teilst.

(Anm. d. Red.): Siehe Artikel https://www.shopanbieter.de/news/archives/6560-strategische-neuausrichtung-bei-rakuten.html

Unbestritten dürfte sein, dass sich ein einheitliches Kundenkonto verbunden mit Login-Zwang grundsätzlich erst einmal negativ auf die Conversionrate auswirkt. Gelingt es, eine Marke bzw. zumindest eine starke Kundenbindung aufzubauen, lässt sich diese Auswirkung jedoch möglicherweise umdrehen.

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um einen Anstieg der Kaufabbrüche entgegenzuwirken, welchen Nutzen erwartet ihr konkret und welche Maßnahmen ergreift ihr, um dies zu erreichen?

Beate Rank: Wir sind uns sicherlich alle einig, dass ein verpflichtendes Kundenkonto zu den wichtigsten Basisinstrumenten zählt, um aus einem Erstkäufer einen wiederkehrenden Käufer und später einen Stammkunden zu machen.

Insgesamt – und das bestätigt der Trend der letzten Tage – gehen wir davon aus, dass sich das verpflichtende Kundenkonto nur geringfügig auf die Conversionrate auswirkt. Denn einerseits ist ein verpflichtendes Kundenkonto im E-Commerce längst ein Standard, der kaum mehr Kunden abschreckt – außerdem bietet es erhebliches Potential der Stammkundengewinnung, wodurch mögliche einzelne Kundenverluste um ein Vielfaches ausgeglichen werden.

So schütten wir in einer aktuellen Aktion für jeden Neukunden 500 Rakuten Superpunkte aus, die er im nächsten Einkauf einlösen kann. Zusätzlich werden wir die Rakuten Superpunkte bereits in diesem Quartal massiv bewerben.

Auch wenn es nach wenigen Tagen noch etwas früh ist, um verbindliche Ergebnisse zu präsentieren, zeigt das für einen Kauf verpflichtende Kundenkonto bislang keine negative Tendenz: Bei einigen Händlern ist sogar ein deutlicher Anstieg der Conversionrate zu verzeichnen.

Anm. d. Red.: 1 Rakuten Superpunkt entspricht dem Gegenwert von 1 Cent.

Apropos Rakuten Superpunkte – bringen die denn wirklich etwas?

Beate Rank: Ja, Superpunkte funktionieren nachweislich bereits jetzt als Instrument zur Kundengewinnung: Alle Aktionen, bei denen wir auf Superpunkte gesetzt haben, wiesen eine deutlich höhere Conversionrate auf. Darüber hinaus kehren die Kunden, die mittels einer solchen Aktion über die Ausschüttung von Superpunkten gewonnen wurden, häufig ins Netzwerk zurück, um eben ihren Rabatt-Vorteil bei einem weiteren Kauf in Anspruch zu nehmen.

Die gezielte und massive Bewerbung der Rakuten Superpunkte wird künftig neben der Promotion des breiten Fachhändler-Netzwerks im Mittelpunkt unserer Marketingmaßnahmen stehen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite wieso sich die URL-Struktur ändert und welche Auswirkungen dies auf die Eigenständigkeit der Rakuten-Händler hat.



Warum wird die URL-Struktur geändert?

Beate Rank: Der Hintergrund dafür ist, dass die Produktdetailseiten des Marktplatzes aufgegeben werden und wir künftig sämtlichen Traffic des Marktplatzes direkt auf die Produktdetailseiten der Händler leiten werden. Dadurch wird der Händler unmittelbar gestärkt, da die Conversion, also der Kauf, nur noch auf seinen Produktdetailseiten stattfinden kann, nicht mehr auf dem Marktplatz.

Der Nachteil dabei ist jedoch, dass Rakuten durch diese Maßnahme von Google künftig möglicherweise als Preissuchmaschine wahrgenommen würde. Zwar sind wir das nicht, dennoch müssten wir negative Auswirkungen und ein entsprechend schlechteres Ranking befürchten.

Um dem entgegenzuwirken ist es notwendig, die URL-Struktur anzupassen. Dem Endkunden selbst wird diese Änderung der URL sicherlich nicht auffallen. Für ihn zählt, was er sieht: Und das ist Produktdetailseite eines individuellen Shops mit kreativer, eigenständiger Produktpräsentation mit persönlicher Note. Darüber hinaus werden Rakuten.de und die Subdomains der Händler mittels dieser notwendigen Maßnahme künftig noch gestärkt werden.

Verliert der Händler dadurch aber nicht seine Eigenständigkeit?

Beate Rank: Nein, vielmehr ergibt sich dadurch ein enormer Mehrwert, den viele unserer Fachhändler auch erkennen: Denn in der Außenwirkung werden sie so als Teil des starken Rakuten-Netzwerkes wahrgenommen und können von vielen Vorteilen wie einer gestärkten Vertrauensbasis, der Sortimentsvielfalt und dem Wiedererkennungseffekt profitieren – und zwar ohne ihre Eigenständigkeit zu verlieren.

Einer unserer Händler hat dies im persönlichen Gespräch mit dem Vertrauensvorschuss verglichen, den ein Händler auf dem Amazon Marketplace bereits heute allein durch die Marke Amazon genießt. Der klare Unterschied ist, dass der Händler, im Gegensatz zu Amazon, bei Rakuten im Mittelpunkt steht und über Rakuten eigene Kunden gewinnen kann. So zahlen sich eigene Marketingmaßnahmen weiterhin für die eigene Kundengewinnung aus. Zudem schützen und fördern wir die Eigenständigkeit der einzelnen Händler, indem wir sie in einem möglichst individuellen Auftreten und einer kreativen, informativen und originellen Produktpräsentation unterstützen. Das gilt sowohl für den eigenen Shop als auch für den Marktplatz: Die Abgabe der Produktdetailseite an den Händler bietet diesem auch größtmögliche Gestaltungsfreiheit.

Was passiert nach der Änderung der URL-Struktur mit Google Adwords-Kampagnen der Händler?

Beate Rank: Da die Kategorie-Ebene von den Anpassungen nicht betroffen sein wird, besteht in diesem Bereich auch keinerlei Handlungsbedarf bezüglich Google Adwords-Kampagnen. Lediglich für die Produktdetailseiten erfolgt eine Änderung der URL-Struktur, wobei wir gewährleisten möchten, dass sämtliche bereits erarbeitete Kampagnen unserer Händler erhalten bleiben. Daher arbeitet ein qualifiziertes Team von Rakuten aktuell in enger Abstimmung mit Google und externen Beratern an einer funktionsfähigen Lösung – alle Ergebnisse teilen wir unseren Händlern natürlich umgehend mit.

Lesen Sie auf der nächsten Seite wieso und in welcher Form sich das Gebührenmodell ändert.



Wieso ändert sich das Gebührenmodell?

Beate Rank: Spätesten mit der Umstellung der URL-Struktur und der Abgabe der Produktdetailseite an die Händler macht unser aktuelles Gebührenmodell, das zwischen Verkäufen auf dem Marktplatz sowie in den Shops differenziert, keinen Sinn mehr. Das neue Verhältnis zwischen Shops und Marktplatz fordert also zwangsläufig auch eine Anpassung des Gebührenmodells, wobei uns vor allem wichtig war, unseren Händlern eine unkomplizierte Kostenkalkulation zu ermöglichen und trotz unserer zahlreichen Zusatzleistungen (Trusted Shops Gütesiegel, fortlaufend gepflegte AGB und Widerrufsbelehrung, Zahlungsausfallgarantie und vieles mehr) unter den Gebühren des Wettbewerbs zu bleiben.

Daher haben wir die Vermittlungs-, Service- und Paymentgebühr in einer sortimentsabhängigen Verkaufsgebühr (5 oder 9 Prozent) zusammengefasst. Des Weiteren gibt es variable Elemente, die nicht bei jedem Verkauf, sondern nur transaktionsorientiert anfallen, um den Fixkostenanteil möglichst gering zu halten: Berücksichtigt wird hierbei, ob die Bestellung über unser Affiliatenetzwerk generiert wurde oder aus dem Ausland erfolgt ist. Neu ist auch die Beteiligung an den Rakuten Superpunkten, die wir als wichtiges Kundenbindungs- und –aktivierungsinstrument weiter etablieren möchten. Geplant ist, neben unseren Superpunkte-Aktionen, angeschlossenen Händlern die Möglichkeit zu geben, diese als eigenes Marketing-Tool einzusetzen und auf bestimmte Produkte oder etwa Anmeldungen zum händlereigenen Newsletter Punkte in individueller Höhe zu vergeben.

Warum gibt es jetzt eine Affilliate-Gebühr?

Beate Rank: Unser Ziel war vor allem, sämtliche Gebühren für den Händler transparenter aufzuschlüsseln. Den größten Teil der Affiliate-Kosten werden ja weiterhin wir tragen. Künftig werden unsere Händler, wenn sie das möchten, jedoch die Möglichkeit haben, ihren Affiliate-Anteil zu erhöhen, um dadurch eine deutlich stärkere Präsenz im Affiliate-Netzwerk zu erreichen.

Warum beträgt die Stornogebühr 3 %?

Beate Rank: Die Stornogebühr kommt lediglich dann zum Tragen, wenn ein Händler die Stornierung zu verantworten hat, also wenn er von sich aus die Bestellung storniert oder dies vor Auslieferung der Ware durch den Kunden geschieht. Dies ist erfahrungsgemäß immer dann der Fall, wenn der Händler die Artikel gar nicht oder erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt als ursprünglich angeboten liefert.

Diese Fälle führten in der Vergangenheit zu großen Verärgerungen seitens der Kunden. Künftig werden wir diesen verärgerten Kunden entgegenkommen und ihnen als Wiedergutmachung 2 Prozent des Warenwerts in Form von Rakuten Superpunkten gutschreiben.

Statt den Kunden also für immer zu verlieren, gewinnen wir auf diese Weise möglicherweise einen Kunden hinzu.

Die meisten Händler befürworten diese Maßnahme übrigens bzw. forderten diese sogar im Vorfeld zur Regulierung von weniger professionell agierenden Händlern auf unserem Marktplatz. Denn macht ein Kunde negative Erfahrungen mit einem der Rakuten Shops, hat dies natürlich negative Auswirkungen auf alle Mitglieder des Netzwerks.

Lesen Sie auf der nächsten Seite was Rakuten CEO Beate Rank von einem Händlerrat hält.


Wir kennen das ja von anderen Marktplätzen. Ab einem gewissen Zeitpunkt haben Händler das Gefühl, dem Gebaren des Marktplatz-Betreibers hilflos ausgeliefert zu sein.

Es entsteht bei vielen der Eindruck, alle Änderungen gingen zulasten der Händler und es ginge nur noch darum, den eigenen Gewinn zu optimieren. Seien diese Vorwürfe nun gerechtfertigt oder nicht, Ihr habt jetzt bereits über 7.000 Händler unter Vertrag und noch große Ambitionen.

Ist es nicht an der Zeit über einen Händlerbeirat nachzudenken, auch da Ihr Eure Händler ja als zentralen Baustein für Euren Erfolg versteht?

Beate Rank: In der Tat, Feedback und Austausch sind uns enorm wichtig. Aktuell verfolgen wir rege Diskussionen und den persönlichen Meinungsaustausch in unserem Rakuten Händlerforum, was wir auch fördern und unterstützen, da wir auf das Feedback unserer Händler angewiesen sind, um uns auf partnerschaftlicher Basis weiterzuentwickeln. Dafür gibt es auch unser jährliches Händlertreffen, die Rakuten EXPO, bei der sich unsere Händler untereinander und mit dem Rakuten Team austauschen können.

Außerdem haben wir über unser ECC-Team einen so guten Draht zu unseren Händlern wie nie zuvor und stimmen uns bei umfassenden Änderungen und kleineren Optimierungen immer mit ausgewählten Händlern ab, um ihren Bedürfnissen bestmöglich gerecht zu werden.

Zudem ist tatsächlich seit Längerem ein Händlerrat in Planung. Nachdem unsere dahingehenden Überlegungen in der Vergangenheit jedoch bereits mehrmals dem Tagesgeschäft zum Opfer fielen, wollten wir dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht nochmals ankündigen. Ein Händlerrat ist jedoch nur die logische Konsequenz unserer Positionierung und passt zu unserem händlerzentrierten, partnerschaftlichen Ansatz.

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