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Neue Widerrufsbelehrung beschert Händlern eine lange Nacht

Dass zum in gut zwei Wochen zum 11. Juni ein neues Widerufsrecht in Kraft tritt, dürfte mittlerweile bekannt sein. Dass es keine Übergangsfrist gibt, auch. Dies beschert Onlinehändlern eine lange Nacht, denn die Widerufsbelehrungen müssen zum Datumswechsel umgestellt werden: Vorher wäre die neue Version abmahnfähig, später ist es die alte. Doch wie soll dies gehen, wenn man nicht nur die entspechenden Belehrungen in eigenen Shop, sondern auch bei ebay und amazon anpassen muss?

Vorteile der neuen Regelung

Zunächst einmal: Generell ist es zu begrüßen, dass die Widerufsbelehrung nun Gesetzeskraft hat, Interpretationen und Rum-Deutelungen an der Vorlage sollten damit wirksam ein Riegel vorgeschoben sein. Ebenfalls erfreulich: Bei ebay wird nun eine Widerrufsfrist von 14 Tagen möglich sowie auch der Wertersatz. Ebenfalls möglich wird es, auch bei ebay alternativ ein Rückgaberecht einzuräumen, was bisher unmöglich war. Und schließlich könnte das neue Gesetz das Hantieren mit unterschiedlichen Belehrungen für Shopo und ebay etc. beenden, weil jetzt nur noch eine einheitliche Widerrufsbelehrung benötigt wird. So schreibt RA Rolf Becker in seinem ECC-Rechtstipp:

Wir sind der Meinung, dass man jetzt auch bei eBay die gleich Belehrung mit den gleichen Fristen und Wertersatzbelehrungen verwenden kann wie im Internetshop.

Alte Belehrung sofort abmahnfähig?

Problematisch dagegen ist, dass es keine Übergangsfrist gibt, ein „Stehenlassen“ der alten Version – auch wenn diese die Kunden im Falle ebay-Kauf  sogar besser stellt – sofort abmahnfähig ist. Der Grund dafür: In der alten Version wird darauf verwiesen, dass die genannte Frist ein Recht der Kunden nach BGB sei. Tatsächlich ist dies ab dem 11.6.2010 dann jedoch nicht mehr der Fall. Zwar könnten Händler den Kunden längere Fristen einräumen, dann aber nur auf freiwilliger Basis, die Belehrung „nach BGB“ aber täuschte etwas anderes vor. Daniel Huber, Autor bei der IT-Rechts-Kanzlei erläutert auf Anfrage:

Man muss hiervon unterscheiden, wenn Verkäufer ihren Kunden aus Kulanz eine längere „Widerrufsfrist“ zugestehen (wollen). Dann wäre es auch besser, nicht von einem Widerrufs-, sondern vielleicht eher von einem vertraglichen Rücktrittsrecht zu sprechen. Ein solches Recht können Verkäufer ihren Kunden selbstverständlich einräumen, aber dann müssen sie den Kunden gegenüber klar machen, dass sie das freiwillig und aus Kulanz und nicht von Gesetzes wegen tun. Über das gesetzliche Widerrufsrecht müssten solche Verkäufer dennoch ganz normal und korrekt informieren.

Insofern ist eine alte Widerrufsbelehrung ab dem 11.6.2010 prinzipiell sofort abmahnfähig. Es hilft also nichts, die Umstellung muss zur Fristsetzung erfolgen.

Technische Probleme

Die eigene Shoptechnik sollte jeder Händler gut im Griff haben und die Umstellung von Belehrung im Web sowie in den Mailvorlagen insofern kein Problem darstellen. Anders sieht es bei den Marktplätzen aus: Erfahrungsgemäß werden beispielsweise die ebay-Server schon einmal laaangsam, wenn richtig viel geändert werden muss.

Immerhin hat ebay rechtzeitig eine Stapelbearbeitungsfunktion eingeführt, die aber sicherlich aus guten Gründen noch als „beta“ bezeichnet wird. Allzusehr verlassen sollte man sich also nicht darauf, dass dies in der Umstellungs-Nacht auch wirklich zuverlässig funktioniert. Was bleibt, haben Händler im ebay-Forum diskutiert: Die sicherste Version ist, alle Verkäufe/Auktionen rechtzeitig zum 10.06.2010 auslaufen zu lassen und neue erst am 11.06.2010 zu starten – mit der neuen Widerrufsbelehrung dann, versteht sich!

Neu eingestellte Artikel erhalten dann automatisch die ordentlich in den Einstellungen neu hinterlegte Widerrufsbelehrung. Bei laufenden Artikeln aber muss (z.B. über die Stapelbearbeitungs-Funktion) eingegriffen werden. Damit dies ohne ein teures Wiedereinstellen der Artikel geht, rät ‚bluebear2050‘ (bei Shop-Angeboten) folgendermaßen vorzugehen:

Schritt 1 ist, die neue WRB in den Einstellungen (Einstellungen für gew. VK – Rechtliche Hinweise) zu *hinterlegen.

Schritt 2: Du markierst deine zu überarbeitenden Gebote, klickst auf Bearbeiten, dann auf gebündelt bearbeiten und wählst in der letzten Zeile (Häkchen setzen) „Rechtliche Hinweise – WRB“ aus.

Schritt 3: Du klickst auf „Andern“ und das System übernimmt die neue, hinterlegte WRB.

Und Amazon?

Bei Amazon verhält es sich ähnlich: Auch hier muss die Widerrufsbelehrung zum Stichtag angepasst werden und auch dabei sind die Händler auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass die Amazon-Technik funktioniert.

Ein weiteres Hindernis ist der vom Gesetzgeber geforderte zeitnahe Versand der Belehrungen. Hier bleibt es den Händlern nicht erspart, selbst sicherzustellen bzw. zu überwachen, dass nach einem Kauf/einer Auktion die Mails mit der neuen Widerufsbelehrung wirklich zeitnah an die Kunden gesendet werden.

Droht ab dem 11.06.2010 tatsächlich eine Abmahnwelle?

Dies zu prognostizieren käme einem Blick in die Glaskugel gleich. Allerdings gibt Daniel Huber zu bedenken:

Falls Mitbewerber, die schnell und gerne abmahnen, die Chance ergreifen wollen, dass manch andere Verkäufer aufgrund der technischen Umstellung nicht schnell genug ihre Widerrufsbelehrungen umstellen konnten, so kann im Einzelfall ein missbräuchliches Abmahnen gegeben sein. Dies hätte zur Folge, dass die Abmahnenden mit ihrer Abmahnung keinen Erfolg hätten.

Man kann nur hoffen, dass die Gerichte dies dann ähnlich sehen werden – es bedarf jedoch dem Einsatz der Händler, die Voraussetzungen dafür zu erbringen: Nämlich alles in ihrer Macht stehende dafür zu tun, dass die Umstellung fristgerecht erfolgt!

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

PS: Da war doch noch was? Genau – das EuGH-Urteil! Deshalb wird auch die vorliegende Neuordnung demnächst wohl wieder geändert werden, um sie der EU-Rechtsprechung anzupassen…

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