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Abmahnung erhalten – was tun?

Aktuell schwebt ja, wieder das Schwert der Abmahngefahr über Shop-Betreiber, siehe auch unseren Artikel Erste Abmahnung wegen Google Base.

Grund genug für Sven Steinacker von Tradoria GmbH für deren Händler das Thema umfassend zu recherchieren (Quellenangabe unten) und Wege aufzeigen, wie mit einer erhaltenen Abmahnung umzugehen ist bzw. wie damit umgegangen werden kann und welche Möglichkeiten bestehen. Mit freundlicher Genehmigung dürfen wir dessen Erkenntnisse hier veröffentlichen.

Die Abmahnung

In Zeiten von Massenabmahnungen im Internet, ist die Abmahnung mittlerweile sehr in Verruf geraten, denn noch nie war es so „einfach“ Urheber- und Markenrechte zu verletzen, wie heute im Internet. Und auch das Auffinden solcher Rechtsverletzungen ist erheblich leichter geworden.

Dabei ist die Abmahnung grundsätzlich ein legitimes und auch sinnvolles Mittel, einen Unterlassungsanspruch wegen einer Rechtsverletzung außergerichtlich durchzusetzen. Denn durch die Abmahnung soll dem Rechtsverletzer die Möglichkeit gegeben werden, die beanstandete Handlung künftig zu unterlassen, ohne das hierzu ein Gerichtsverfahren angestrengt werden muss.

Eine Abmahnung ist meist gleich aufgebaut und enthält

– den Vorwurf des Rechtsverstoßes
(dieser muss so deutlich sein, das der Abgemahnte die vorgeworfene Verletzungshandlung in tat-sächlicher Hinsicht nachvollziehen kann)

– die (strafbewehrte) Unterlassungserklärung
(der Abgemahnte soll versprechen, im Falle eines gleichartigen weiteren Verstoßes eine Vertragsstrafe zu zahlen – i.d.R. sind die Vertragsstrafen so hoch, dass mit ihnen im Streitfall die Zuständigkeit des Landgerichts erreicht wird, also mind. 5.001,- EUR)

– eine Aufforderung die Unterlassungserklärung zu unterschreiben

– eine (meist sehr kurze) Fristsetzung
(Stunden oder wenige Tage werden i.d.R. unzulässig sein und die Frist verlängert sich dann auf eine angemessene Zeit, meist 1 Woche)

– eine gerichtliche Androhung bei erfolglosem Fristablauf
(wegen § 93 ZPO, da sonst der Abmahnende die Kosten zu tragen hätte, wenn der Abgemahnte keinen Anlass zur Klage gegeben hat)

– ggf. eine Aufforderung zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten des Abmahnenden

– ggf. Vollmacht des Rechtsanwalts
(streitig, wohl nicht zwingend erforderlich)

Zu beachten gilt, dass eine Abmahnung keinem Formerfordernis unterliegt, so dass auch telefonische oder Abmahnungen per E-Mail grundsätzlich wirksam sind!

Abmahnung erhalten – Was ist zu tun?

Nachdem Sie eine Abmahnung erhalten haben, ist es wichtig das Eingangsdatum und die Art der Zustellung zu notieren. Wichtig ist auch, die in der Abmahnung gesetzte Frist zu notieren und zu beachten!

Die Reaktionsmöglichkeiten

Eine Studie von Trusted Shops hat ergeben, dass Widerstand gegen Abmahnungen sich häufig auszahlt, weil Gegenstandswerte zu hoch angesetzt werden, die Unterlassungserklärungen zu weit formuliert sind oder es beim Gegner auch etwas zu beanstanden gibt. In jedem Fall sollte aber innerhalb der gesetzten Frist reagiert werden.

Folgende Optionen stehen zur Verfügung:

  1. Abgabe der Unterlassungserklärung
    Besteht der geltend gemachte Anspruch, sollte die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben werden, um ein gerichtliches Verfahren mit entsprechenden Kosten zu vermeiden. Zugleich ist natürlich der Rechtsverstoß abzustellen, da ansonsten direkt die Vertragsstrafe fällig würde!
    Aber beachten Sie: Diese strafbewehrte Unterlassungserklärung gilt, wenn sie erst einmal abgegeben wurde. Es ist eine vertragliche Vereinbarung, deren Wirksamkeit nicht von der Berechtigung der ursprünglichen Abmahnung abhängt!

    Daher ist es (fast) immer ratsam eine sog. modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben, denn wird mit der geforderten Unterlassungserklärung eine zu weitgehende Verpflichtung formuliert, ist die Gefahr groß, einen erneuten Verstoß zu begehen, ohne dabei den vorherigen zu wiederholen.

    Bei der abgewandelten (modifizierten) Unterlassungserklärung besteht allerdings auch die Gefahr, dass diese dem Abmahnenden nicht genügt und er versucht, gerichtlich seine Fassung durchzusetzen. Hier gilt es abzuwägen, welches Vorgehen mehr Vorteile birgt. Auch die Höhe der Strafbewehrung kann Grund für eine Modifikation sein, denn diese darf nicht außer Verhältnis zu dem geltend gemachten Verstoß sein. Allerdings wird bereits bei einer Verletzung der Impressumspflicht eine Vertragsstrafe von 5.100,- EUR durchaus als angemessen angesehen.

  2. Abgabe der Unterlassungserklärung mit Zusatz
    Will man einem teuren Verfahren aus dem Weg gehen, ist es eine Möglichkeit die Unterlassungserklärung mit dem Zusatz "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" bzw. "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aber rechtsverbindlich" zu unterschreiben und dann gerichtlich nur noch um die Kosten der Abmahnung streiten. Der Erklärende bringt damit zum Ausdruck, dass er die Folgen der Unterlassungserklärung als für sich bindend ansieht, eine Verpflichtung zur Unterlassung jedoch nicht anerkennt. Der Abgemahnte kann sich dann immer noch mit Erfolgsaussicht gegen die Kosten der Abmahnung zur Wehr setzen. Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens ist dann deutlich reduziert, wenn es nur noch um den Kostenerstattungsanspruch des Anwalts geht. Im Rahmen dieses Verfahrens wird dann auch über die Berechtigung der Abmahnung entschieden.

    Allerdings sollte hierzu vorher immer ein Rechtsanwalt befragt werden.

  3. Gegenabmahnung bei berechtigter Abmahnung
    Sie können auch einen Gegenangriff starten, indem Sie den Gegner auch abmahnen, denn häufig macht der Konkurrent auch nicht alles richtig. In bestimmten Fällen kann dann ein Vergleich erwirkt werden, der meist in einem gegenseitigen Verzicht der Rechtspositionen und Kosten besteht. Hierbei ist zu beachten, dass dann natürlich Kosten für den eigenen Anwalt entstehen und von Ihnen zu tragen sind.
  4. Negative Feststellungsklage bei unberechtigter Abmahnung
    Ist die Abmahnung unberechtigt, kann man selber gerichtlich in die Offensive gehen und mit einer negativen Feststellungsklage feststellen lassen, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht. Um selber Kostennachteile im gerichtlichen Verfahren zu verhindern, sollte allerdings der Abgemahnte den Abmahnenden vor Klageerhebung auf seine Auffassung hinweisen und ihn unter Fristsetzung auffordern, den in der Abmahnung geäußerten Vorwurf nicht mehr weiter aufrechtzuerhalten.
  5. Schutzschrift hinterlegen
    Will man nicht selbst Klage erheben, besteht die Gefahr, dass der Abmahnende nun seinerseits vor Gericht zieht. Für den Fall, dass dieser eine einstweilige Verfügung beantragt, sollte man eine sog. Schutzschrift bei dem Gericht hinterlegen, das der Abmahnende voraussichtlich wählen wird. In der Regel wird bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren nämlich nur der Abmahnende vom Gericht gehört und die Entscheidung nur auf dessen Schilderung des Sachverhalts gestützt. Eine Schutzschrift muss das Gericht jedoch beachten und es wird in der Regel dann auch nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Höhe einer Abmahnung

Verbände und Wettbewerbsvereine sind dazu berechtigt eine Pauschale in Höhe von ca. 200,- € geltend zu machen.
Bei einer Abmahnung von einem Anwalt oder Mitbewerber bestimmen sich die Kosten nach dem Gegenstandswert. Dieser wird vom Gericht nach freiem Ermessen geschätzt und richtet sich nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit.
So liegt der Gegenstandswert in einfach gelagerten Fällen in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten zwischen 10.000,- und 25.000,-, meist jedoch weit darüber.

Domainstreitigkeiten liegen bei ca. 25.000,- und bei markenrechtlichen Angelegenheiten liegt der Gegenstandswert meist weit über 50.000,-.
Es kommt aber auch häufig vor, dass die Gegenstandswerte von dem Abmahnenden zu hoch angesetzt werden und die Gerichte korrigieren teilweise auch (deutlich) den Gegenstandswert nach unten.

Die Kosten setzen sich dann nach einer Gebührentabelle zusammen.Dies sieht dann wie folgt aus:

Gegenstandswert Anwaltskosten* Beispiele

900,- EUR 120,67 EUR fehlerhafte AGB-Klauseln, nur OLG Düsseldorf
3.000,- EUR 316,18 EUR fehlerhafte Widerrufsbelehrung, OLG Celle
4.000,- EUR 402,82 EUR fehlerhafte Widerrufsbelehrung, LG Münster
5.000,- EUR 489,45 EUR Verstoß gegen PangV, OLG Hamburg, Kammergericht Berlin
10.000,- EUR 756,09 EUR einfacher Wettbewerbsverstoß
15.000,- EUR 876,73 EUR einstw. Verfügungsverfahren bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung, OLG Stuttgart
25.000,- EUR 1.057,69 EUR allg. Domainstreitigkeiten
50.000,- EUR 1.600,57 EUR leichter Markenrechtsverstoß
100.000,- EUR 2.065,03 EUR Markenrechtsverstoß

(* es handelt sich hier um die außergerichtlichen Anwaltskosten abhängig vom Gegenstandswert in durchschnittlichen Fällen. Diese setzen sich aus der Geschäftsgebühr (1,3 fach) Nr. 2300 VV RVG, der Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG und der Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG zusammen.)

Aber Vorsicht bei Verstößen gegen das UWG – durch die neue Rechtslage verschwindet die Bagatelle fast vollständig. Am 30.12.2008 ist das neue UWG in Kraft getreten. Zuvor gab es in § 3 UWG a.F. die Voraussetzung für einen Wettbewerbsverstoß, dass dieser geeignet sein muss, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Zwar gibt es auch im neuen UWG eine "Spürbarkeitsgrenze", diese spielt aber so gut wie keine Rolle mehr. Denn alle im UWG genannten Tatbestände (sog. Schwarze Liste) werden per Gesetz zu spürbaren Beeinträchtigungen erhoben. Den Gerichten ist es daher verwehrt, Verstöße, die explizit im UWG erwähnt werden, als Bagatelle einzustufen.

Muss ich die Kosten tragen?

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Abmahnende gem. §§ 670, 677, 683 BGB Anspruch auf Ersatz seiner Anwaltskosten aus dem sog. Rechtsinstitut der „Geschäftsführung ohne Auftrag“, wenn
– die Abmahnung berechtigt ist und
– die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich war (dies ist bei Wettbewerbsverstößen eigentlich immer der Fall)

Fazit
Sollten Sie eine Abmahnung bekommen, so beachten Sie die Frist und werden Sie innerhalb dieser tätig.Nehmen Sie sich einen (spezialisierten) Anwalt und besprechen Sie das weitere Vorgehen.

Kurz und knapp:

(Quellen: Checkliste der IT-Recht Kanzlei von Max-Lion Keller; Vorsicht Falle: Die häufigsten Rechtsfehler in Websites von Trusted Shops, Carsten Föhlisch; Abmahnung – Unterlassungserklärung: FAQ der Kanzlei Härting, Fabian Reinholz)

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