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Verpackungsverordnung: Die Antworten auf Ihre Fragen

Letzte Woche konnten Sie hier sowie in unserem "Frage des Monats"-Formular Ihre Fragen zur 5. Novelle der Verpackungsverordnung stellen. Heute nun beantwortet Frau Norma Stangl (Forschgrün/Reasybid), seit 10 Jahren unabhängige Beraterin zur Verpackungsverordnung, die Fragen.

Vorab ein wichtiger Hinweis: Alle Fragen wurden nach nach bestem Wissen und sorgfältigen Recherchen beantwortet. Die Antworten stellen jedoch K E I N E Rechtsberatung dar!

Unsere Leser und Leserinnen haben interessante Fragen gestellt, von denen manche auch beträchtliche Kreativität belegen. Zudem zeigt sich, dass es unzählige spezielle Einzelfälle gibt, die nach individuellen Lösungen verlangen.

Ingo Wiedenbach

Sehr geehrte Frau Stangl,

als Kleinstunternehmer (200 Pakete im 1. Jahr) versenden wir unsere Ware hauptsächlich in der Versandverpackung unserer Lieferanten.

Wie kann ich feststellen, ob diese Verpackung bereits registriert ist? Welche Unterlagen muss ich vom Lieferanten verlangen?

Mit freundlichen Grüßen, Ingo Weidenbach

Stangl: Beteiligungspflichtig an einem Dualen System ist derjenige, der die mit Ware befüllte Verkaufsverpackung, die typischerweise beim privaten Endverbraucher anfällt, erstmals in Verkehrs bringt, also in der Regel der Hersteller.

Wenn wie im geschilderten Fall die Verpackung des Herstellers als Versandverpackung ohne weitere Versandkartonagen genutzt wird, sollte Sie die Beteiligungspflicht nicht treffen.

Sie sollten sich aber bei Ihrem Lieferanten erkundigen, ob dieser die Verpackung verordnungskonform angemeldet hat. Dazu würde zum Beispiel ein formloses Schreiben reichen, indem Ihnen der Lieferant die Teilnahme der Verpackungen an einem Dualen System bestätigt. Ggf. noch mit Kundennummer bei diesem System und evtl. auch eine Kopie der VE.

Dies sollte vor allem in Ihrem Interesse sein, denn ein Ordnungswidrigkeitstatbestand ist auch die Abgabe von Verpackungen an den Endverbraucher, die nicht an einem Dualen System teilnehmen.


Dirk Bösche

Hallo Frau Stangl,

wie stellt sich die Situation (=Rechtslage) dar, wenn der (Online-)Händler einen Fulfillment-Service eines Distributors nutzt (auch "Dropshipping"). Bei diesem Service wird die Ware direkt vom Distributor an den Endkunden geschickt im Auftrag und im Namen und auf Rechnung des Händlers… Der Distributor übernimmt dabei auch die (Versand-) Verpackung und die Aufgabe beim Versender (z.B. DHL, UPS).

Ich bin der Meinung, dass sich der Händler dann nicht registrieren muss, wenn der Distributor eine Erklärung abgeben kann, das sämtliche Verpackungen bei einem dualen System bereits registriert sind(?)

Wie muss so eine Erklärung des Distributors aussehen? Kann eine Behörde dennoch eine VE von diesem Online-Händler verlangen?

Stangl: Verpflichteter aus der Verpackungsverordnung ist derjenige, der mit Ware befüllte Verkaufsverpackungen erstmals in Verkehr bringt.

In dem geschilderten Fall wird der Distributor nur im Namen des Online-Händlers tätig und ist damit nicht Adressat der obigen Pflicht.

Es gibt aber in der VerpackV die Möglichkeit, ein solches Konstrukt zu nutzen: Der Online-Händler könnte den Distributor beauftragen, für ihn tätig zu werden. Er würde dann wie beim Versand auch schon im Namen des Auftraggebers tätig und könnte die Verpackungen im Namen des Auftraggebers bei einem Dualen System anmelden.

Die Verantwortlichkeit des Online-Händlers verändert sich dadurch aber nicht – das heißt, die VE müsste weiterhin der Online-Händler selbst erbringen, denn die Pflicht zur Abgabe derselben folgt der Beteiligungspflicht.

Für ein solches Konstrukt müssen zwischen Distributor und Händler bestimmte vertragliche Regelungen existieren; außerdem muss der Distributor bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um derart tätig werden zu können.

Eine detailliertere Ausführung würde hier zu weit führen; gerne berate ich aber dazu persönlich.


Ingrid Lindlbauer

hallo frau stangl,

als wie sieht das mit unternehmen im ausland aus? muss ein österreichischer versandhändler, der nach BRD liefert, ebenfalls an der dt. verpackungsverordnung teilnehmen oder reicht eine registrierung in österreich bei der ARA?

falls ja, bräuchte der unternehmer dann zusätzlich einen steuerberater in deutschland, um die VE zu erstellen?

Stangl: Unternehmen, die aus dem Ausland nach Deutschland versenden, unterliegen mit diesen Verpackungen der Verordnung in D.

Es gibt zwischen den einzelnen Grüne Punkt-Systemen im EU-Ausland keinen Ausgleich, so dass die Anmeldung bei der ARA nicht für Deutschland ausreicht; hier würde ggf. doppelt bezahlt, wenn diese Verpackungen auch bei der ARA angemeldet sind.

Die VE ist von einem Steuerberater, WP oder unabhängigen Sachverständigen zu bescheinigen und bei der IHK mit einer elektronischen Signatur nach § 2 Signaturgesetz (des deutschen !) zu versehen. Wenn Ihr Steuerberater eine solche hat, sollte es hier kein Problem geben.


Thomas Kurzer

Sehr geehrte Frau Stangel,

ist es zulässig, das Verpackungsmaterial mit einem Pfand zu belegen. Z.B. mit einer Pfandgebühr von 1,50 € und mit einem Aufkleber versehen. "Diese Versandverpackung ist Eigentum der Firma ….". So geht das Versandmaterial nicht in den Besitz des Kunden über, sondern verbleibt im Besitz der Firma. Es ist also eine Verwertung durch den Kunden erforderlich und somit auch keine Registrierung nötig. Ob der Kunde sich nun daran hält und sich die Mühe macht, für den Pfandwert von 1,50 das Material zurück zu senden, ist eher unwahrscheinlich.

Rechtlich scheint die Sache doch legal zu sein, oder? Man kann auf diese Weise doch sicher das ganze etwas umgehen.
Was meinen Sie.

Mit freundlichem Gruß, Thomas Kurzer

Stangl: Verkaufsverpackungen sind "Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim Endverbraucher anfallen". Hier sind also 3 Kriterien zu beachten:

1) Verpackung muss vorliegen
2) Verkaufseinheit – also mit Ware befüllte Verpackung
3) Anfall beim Endverbraucher: "Anfall beim Endverbraucher bedeutet, dass die Verpackung durch den Vertreiber dem Endverbraucher übergeben wird, dieser sie annimmt und nicht mehr weiter veräußert."(1)

Dies trifft zunächst auf das genannte Beispiel zu und damit gelten die Rücknahmepflichten aus der Verpackungsverordnung.

Wichtig hierzu als Zitat § 6 Abs 1 S. 3 : "Verkaufsverpackungen (…) dürfen an Endverbraucher nur abgeben werden, wenn sich die Hersteller und Vertreiber mit diesen Verpackungen an einem (..) Systemen nach Absatz 3 (Duales System) beteiligen." Dies ist ein Anschlusszwang!!!!

Über die Art der Übergabe an den Endverbraucher sagt der Verordnungsgeber nichts.

Durch die Bepfandung würden Sie sich ggf. sogar Mehraufwand einhandeln: Wenn Ihnen der Abnehmer die Verpackung zurück sendet, wäre dies einer Selbstentsorgung gleichzusetzen.

Voraussetzung für diese Art der Selbstentsorgung ist aber, dass Sie sich vorher mit diesen Verpackungen an einem Dualen System beteiligt haben. Ansonsten ist Selbstentsorgung beim Handel nicht mehr verordnungskonform.

Wenn Sie die Verpackungen zurück nehmen und einer Verwertung zuführen, könnten Sie sich die Kosten von "Ihrem" Dualen System erstatten lassen, wenn Sie einen Sachverständigennachweis darüber haben, dass die Verwertung der Verpackungen entsprechend den Anforderungen der VerpackV vorgenommenurde.

Ob sich das ganze für die geringen Kosten bei Kartonagen lohnt, sei dahingestellt.

(1) Kommentare Flanderka zur VerpackV 1. Auflage S. 51, 2. Auflage S. 48


Anonym

Sehr geehrte Frau Stangel,

wer entscheidet, was Verpackungsmaterial ist? Unsere Artikel werden in einer Schutzfolie ausgeliefert. Diese Schutzfolie ist dazu da, um den Artikel nicht beim Versand zu schützen sondern bei der Lagerung (intern und beim Endkunden). Die Schutzfolie ist ein Service an unseren Kunden und wird kostenlos beigelegt.

Muss die Schutzfolie jetzt separat zum Artikel in das Paket gelegt werden, damit sie nicht als Verpackung gilt, oder kann man den Artikel in der Schutzfolie versenden ohne dafür eine Verpackungsgebühr zu zahlen, weil es ja keine Verpackung ist ?

Vielen Dank. Viele Grüsse.

Stangl: Die Verpackungsverordnung enthält Definitionen dazu, was Verpackung ist und definiert unterschiedliche Verpackungstypen.

Definition Verpackung: "Aus beliebigen Materialien hergestellte Produkte zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren (…)". Anhang V der VerpackV geht noch weiter und besagt, das die Verpackungsdefinition auch dann gilt, wenn die Verpackung andere Funktionen erfüllt.

Es stellt sich die Frage, ob die Schutzfolie Verkaufsverpackung ist oder nicht.

Definition Verkaufsverpackung: "Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim Endverbraucher anfallen". Hierzu Kommentar Flanderka "notwendige Voraussetzung für die Einordnung einer Verpackung als Verkaufsverpackung ist somit, dass die Verpackung in direktem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Ware dem Endverbraucher angeboten wird." (1)

Vor diesem Hintergrund würde die Schutzfolie als Verkaufsverpackung gelten; es sei denn, es ist eine Verpackung, die "dazu bestimmt ist, ohne Waren an den Endverbraucher abgegeben zu werden, d.h. ohne eine Ware die Verkaufsstelle verlässt" (2) Als Beispiele hierfür werden von Flanderka leere Geschenkkartons, aber auch leere DVD-Hüllen genannt. Verkaufen Sie die Schutzfolie auch einzeln?

Anhang V VerpackV bietet auch ggf. einen Ausweg "es sei denn, der Gegenstand ist integraler Bestandteil eines Produktes, der zur Umschließung (….) dieses Produktes während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird und alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch und die gemeinsame Entsorgung bestimmt." Als Beispiele genannt: Werkzeugkästen, Käsehüllen.

Ohne die Folie gesehen zu haben, kann ich leider keine absolute Aussage treffen.

(1) Flanderka, Verpackungsverordnung, Kommentar 2. Auflage S. 48
(2) Flanderka, aaO, S. 48


Holger May

Sehr geehrte Frau Stangel,

1. Wenn wir für unsere Aussendungen nur Verpackungsmaterial unserer Zulieferfirmen – auf deren Kartons das RESY-Logo prangt und das Füllmaterial ebenfalls genormt/zugelassen ist – benutzen, ist dann die neue Verpackungsverordnung für uns noch relevant??

2. Wer würde uns bestrafen, bzw. dürfte uns bestrafen, wenn wir uns nicht an die neue Verpackungsverordnung halten würden?? Könnten wir es auch mit Abmahnvereinigungen zu tun bekommen?

Schon jetzt vielen Dank für Ihre Antworten.

Herzliche Grüße, Holger May

Stangl:

1) Resy besagt nur, dass es für die Kartonagen Verwertungskapazitäten gibt. Es hat leider nicht mit den Pflichten für die Rücknahme von Verkaufsverpackungen aus der Verpackungsverordnung zu tun. Diese bestehen weiterhin, ebenso für das Füllmaterial.

2) Kontrollinstanzen für die Einhaltung der Pflichten aus der VerpackV sind die Landesumweltbehörden. Wenn sie diese Pflichten nicht einhalten, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden kann.

Abmahnanwälte können hier meiner Meinung nach nicht tätig werden, wohl aber den Wettbewerbsverstoß, den Sie begehen, anmahnen. Denn wenn Sie sich nicht an einem Dualen System beteiligen, haben Sie einen Kostenvorteil Ihren Wettbewerbern gegenüber. Die "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" ist da schon öfter aktiv geworden.

(Von der Möglichkeit der Information der Landesumweltbehörden über den Fall mal ganz angesehen…….)


Marc Porwik

Guten Tag Frau Stangl!

Uns liegen folgende gleichlautende Aussagen der IHK Aachen (Kurzinformation/Merkblatt kh_2242) und der Handelskammer Hamburg vor.

Zitat: "Werden bereits verpackte oder unverpackte Waren im Handel in ‚Versandverpackungen‘ verpackt, gelten diese i.S. der Verpackungsverordnung als sogenannte ‚Serviceverpackungen‘. Hierzu sieht der Gesetzgeber vor, dass der Vertreiber also in diesem Fall der Internet- oder Versandhändler, vom Lieferanten oder Hersteller der Serviceverpackungen verlangen kann, dass dieser die Lizenzierung der Verpackungen anstelle des Händlers als eigene Pflicht übernimmt." Zitat Ende

Ist diese Aussage richtig? Falls ja, wie können wir diese gesetzliche Vorgabe beim Lieferanten/Hersteller der Verpackungen durchsetzen?

Viele Grüße, Marc Porwik

Stangl: Nach meinen Informationen ist dies eine Fehlinformation seitens der IHKs, die diese aus dem BMU erhalten haben.

Serviceverpackungen sind wie folgt definiert: "Verkaufsverpackungen im Sinne der Verordnung sind auch Verpackungen des Handels, der Gastronomie und anderer Dienstleister, die die Übergabe von Waren an den Endverbraucher ermöglichen oder unterstützen (…)"

Anhang V führt hierzu weiter aus: "Gegenstände, die dafür konzipiert sind und bestimmt sind, in der Verkaufsstelle gefüllt zu werden (…)" Beispielhaft aufgelistet sind hierzu Tragetaschen, Einwegteller, Frischhaltefolie, Frühstücksbeutel,….

In den Jahren seit Bestehen der VerpackV wurden diese Verpackungen immer nur als solche Verpackungen verstanden, die in der Verkaufsstelle befüllt werden und von "Angesicht zu Angesicht" übergeben werden.

Die Sonderregelungen sollten vor allem kleinen Betrieben des Lebensmittelhandwerkes helfen (Bäcker/Metzger).

Sicherlich wäre es gut, wenn dies auch für kleine Versandhändler gelten würde, hierzu gibt es aber derzeit noch keine abschließende Rechtssicherheit.

Wenn dies so wäre, müssten Sievon Ihrem Verpackungshändler nur verlangen, dass er Ihre Pflichten aus der VerpackV übernimmt. Dies sollte dann z.B. in der Liefervereinbarung dokumentiert sein.


Anonym

Sehr geehrte Frau Stangl,

wenn durch die neue VerpackungsVerordnung die Händler [Zitat:]"die regionalen Händler Entsorger für die Abholung und Sortierung des angefallenen Mülls bezahlen", entfallen dann für den Endkunden die Kosten der Müllentsorgung? Oder schafft man mit der neuen Verpackungsverordnung mal wieder ein System wo man doppelt abrechnen kann – nämlich beim Händler und beim Endkunden? Warum soll ich als Endkunde für die Entsorgung bezahlen, wenn der Lieferant bereits die Entsorgung bezahlt hat?

Es fällt ja mit Inkraftsetzung des Gesetzes kein zusätzlicher Müll an, aber es werden zusätzliche Entsorgungskosten abgerechnet.

Kann man als Endverbraucher gerichtlich gegen die Entsorgungskosten vorgehen, wenn diese weiterhin in Rechnung gestellt werden?

Stangl: Das Zitat kann ich nicht ganz nachvollziehen, da mir der Zusammenhang fehlt.

Wenn die Verkaufsverpackungen an einem Dualen System teilnehmen, ist die Entsorgung dieser Verpackungen für den privaten Endverbraucher kostenlos. Die gelbe Tonne kostet nichts, da die Hersteller die Entgelte an die Dualen Systeme zahlen und diese wiederum den Entsorger vor Ort bezahlen.

Dies gilt aber nur für Verkaufsverpackungen egal aus welchem Material; die Entsorgung von Restmüll/Biotonne o.ä. hat damit nichts zu tun und wird weiter von den Kommunen in Rechnung gestellt.

Ist der Händler ein Gewerbebetrieb, dann fallen bei diesem Transport- oder Umverpackungen an; für diese gibt es gesonderte Regelungen zur Rücknahme in der Verpackungsverordnung. Diese Regelungen gelten schon seit Jahren und wurden auch mit der 5. Novelle nicht geändert.

Eine Doppelzahlung sollte damit ausgeschlossen sein.

Eine weiterführende Darstellung ginge hier zu weit, Fragen beantworte ich gerne.

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