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Marktplatz-Monats-Mashup März 2020 – Corona-Chaos bei Amazon

Die Corona-Krise hat den deutschen Handel weiterhin fest im Griff. Doch im März hat sich ein Wandel bemerkbar gemacht: Überwog zu Beginn des Monats noch Chaos und Schockstarre, entstanden Mitte und Ende März erste Lösungsansätze, die auf einen Umgang mit der Krise abzielten. Neben Verbänden und Händler-Verbundgruppen taten sich hier auch die Online-Marktplätze hervor und präsentierten einen Strauß an Sonderkonditionen und Angeboten für von Covid-19 lahmgelegte Händler. Bei Amazon herrschte dagegen im März ein ziemliches Durcheinander: Widersprüchliche Aussagen, eine mangelhafte Kommunikation und ein sehr ärgerlicher Pricing-Bug setzte den ohnehin schon Corona-gebeutelten Händlern kräftig zu. Erst seit der letzten Märzwoche scheint der E-Commerce-Riese eine Strategie für den Umgang mit seinen Marktplatz-Partnern in der Krise gefunden zu haben.

Das Thema des Monats

Amazon FBA-Händler haben einen harten Monat hinter sich. Zuerst stoppte Amazon in Italien und Frankreich den Versand von nicht wesentlichen Produkten. Dann priorisierte der Marktplatz auch in Deutschland den Versand von sogenannten „Essentials“ – und verhängte gegen andere Produkte in den FBA-Lagern einen Annahmestopp. Als nächstes wurde bekannt, dass es in den FBA-Lagern aufgrund der Hygienebestimmungen kein 2-Mann-Handling mehr gibt – weshalb Produkte und Warenanlieferungen mit einem Gewicht von 15kg und mehr nicht mehr bewegt werden. Außerdem stellte Amazon seine Listings auf Preisvergleichseiten ein. Vor allem auf idealo.de finden sich fast keine Amazon-Angebote mehr – und von dem Trafficverlust sind nicht nur FBA-Händler, deren Waren neuerdings vier Wochen Lieferzeit haben, betroffen, sondern auch FBM-Versender, die in der Krise eigentlich besser verkaufen könnten. Und zuletzt macht den Händlern auch noch ein hartnäckiger Pricing-Bug zu schaffen, der zur ungerechtfertigten Löschung von tausenden von Listings führt

Fast noch schlimmer als die einzelnen Maßnahmen selbst ist für die betroffenen Händler deren mangelhafte Kommunikation seitens Amazons: Die meisten Neuigkeiten erfahren betroffene Händler eher zufällig, meistens durch entsprechende Händlerdiskussionen in den einschlägigen Facebook-Gruppen. Die offiziellen Amazon-Meldungen dazu tauchen im Seller Central oft erst Tage später auf – oder auch gar nicht, wie im Falle des Pricing-Bugs, für den Amazon seinen Händlern immer noch eine Erklärung schuldig ist. „Warum schweigt Amazon?“, fragte deshalb die Internetworld in einem bissigen Kommentar zur schlechten Kommunikationspolitik des Online-Marktplatzes.

Erst seit Ende des Monats scheint bei Amazon etwas mehr Klarheit über den Umgang mit Covid-19 zu herrschen. Seit einer guten Woche werden nicht-essentielle Produkte in den Amazon-Lagern teilweise wieder angenommen – darüber informierte der Marktplatz seine Händler vorab im Seller Central. Zudem konnte sich die Plattform endlich zu einem einigermaßen klaren Statement zum Umgang mit Corona-bedingten Performance-Einbrüchen auf Seller-Seite durchringen: „Angesichts der Auswirkungen von Covid-19 auf viele unserer Verkäufer haben wir Schritte unternommen, um die Effekte dieser Krise auf die Gesundheit Ihres Amazon-Accounts abzumildern, in dem wir unsere Richtlinien bezüglich der Versand-orientierten Performance-Metriken lockern.“ Besonders Corona-bedingte Versandverzögerungen oder stornierte Bestellungen würden bei der Bewertung der Account-Gesundheit berücksichtigt werden. FBA-Händler, deren nicht-essentielle Produkte aktuell verlängerte Lieferzeiten haben, will Amazon zudem entschädigen: In Deutschland, den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und der Tschechischen Republik erlässt Amazon den Händlern unter anderem die FBA-Gebühren für zwei Wochen.

Händler im Gespräch

eBays größter Autoteilehändler ATP Autoteile hat beim Amtsgericht Weiden in der Oberpfalz Insolvenz angemeldet, berichtet Wortfilter. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen IN 65/20 geführt. Zuletzt beschäftigte das Unternehmen knapp 500 Mitarbeiter und erzielte einen Jahresumsatz von deutlich über 100 Millionen Euro. Im Jahr 2012-2014 errichtete ATP Autoteile noch ein sehr großes Logistikzentrum. Mit fast Millionen Bewertungen zählt die Firma zu den weltweit größten eBay Account.

Der schwedische Möbelhändler Ikea hat auf dem Online-Marktplatz von Alibaba, Tmall, einen Flagshipstore eröffnet, berichtet alizila.com. Damit verkauft Ikea seine Produkte zum ersten Mal dauerhaft auf einer Drittanbieter-Plattform. Zwar testete das Unternehmen vor einiger Zeit in einem Pilottest den Verkauf seiner Möbel über Amazon in den USA. Doch letztendlich entschied sich der Möbelhändler gegen eine langfristige Präsenz auf dem Marktplatz. ->Internetworld

Marktplatz-News aus Deutschland

Viele Marktplatz-Betreiber locken Händler in der Corona-Krise mit Sonderkonditionen. Das macht Sinn. Denn im Idealfall profitieren alle Beteiligten jetzt von neuen Kooperationen. So werden Marktplätze für Kunden attraktiver, wenn sie neue Sortimente anbieten. Und Händler erreichen online neue Kunden, wenn vor Ort die Ladengeschäfte zu bleiben müssen. neuhandeln.de zeigt in einer umfassenden Tabelle, wer welche Specials bietet.

In Zeiten der Corona-Krise will eBay seine bestehenden Verkaufspartner sowie stationäre Händler unterstützen und hat dafür ein Soforthilfeprogramm gestartet. Das soll zum einen Online-Händler auf eBay entlasten und unterstützen. Zum anderen sollen lokale Händler mit sinkenden Umsätzen und Geschäftsschließungen Zugang zum Online-Handel über eBay erhalten. Damit sollen sie zusätzliche Umsätze erzielen und Einbrüche im lokalen Geschäft auffangen zu können. Besonders lobenswert: eBay garantiert im Rahmen des Hilfsprogramms seinen Händlern Account-Sicherheit bis 20. Juni. Erst dann wird der Service-Status des Accounts neu geprüft. 

Die Anbindung an den Marktplatz Otto.de war in der Vergangenheit zeit- und nervenaufreibend. Nun verspricht der Hamburger Plattformanbieter Besserung. Ein Launch der Listings soll nun mithilfe einer automatisierten Anbindung anstatt Wochen nur noch zwei Stunden dauern. Zudem können Marktplatzpartner ab sofort nicht nur Komplementärsortimente auf Otto.de verkaufen, sondern auch Produkte, die auf der Plattform bereits gehandelt werden. Aktuell handeln 500 Partner auf Otto Market, bis Ende des Jahres sollen mindestens 1.000 dazukommen, sagt Robert Schlichter, Leiter Partnermanagement bei Otto im Gespräch mit Wortfilter. ->Wortfilter

Als erster deutscher Onlinemarktplatz kooperiert eBay mit der Multichannel-Commerce-Plattform Shopify. Die Partnerschaft ermöglicht es Shopify-Händlern, ihre Produkte direkt von ihrem Konto aus bei eBay einzustellen und zu verkaufen. Durch die Integration können Shopify-Händler außerdem ihre Produkte, inklusive Bestandsinformationen wie Produkttitel und -beschreibungen, Artikelspezifikationen, Preis und Verfügbarkeiten, mit ihrem eBay-Shop synchronisieren und automatisch aktualisieren. ->Wortfilter

Neues von eBay Fulfillment: In einem Update, das eBay Anfang März an seine Händler verschickte, gab der Marktplatz Neuigkeiten zu seinem Fulfillment-Service bekannt. Aktuell nutzen 200 eBay-Händler den Amazon FBA-Konkurrenten, 300 weitere Händler befinden sich derzeit im Onboarding bzw. auf der Warteliste. eBay führt zusätzlich zur gewichtsbasierten Abrechnung eine Volumen-basierte Abrechnung ein. Im Zuge dessen steigen allerdings die Lagergebühren. Statt wie bisher 25 Euro pro Kubikmeter fallen ab April dann 29 Euro pro Kubikmeter an Lagerkosten an. Dafür sinkt der Multichannel-Aufschlag kräftig.

Der japanische Marktplatzriese Rakuten ist seit fast zehn Jahren im deutschen Markt tätig, kämpft aber weiterhin damit zu Amazon und eBay aufzuschließen. Ein Prämienprogramm und engere Kontakte zu deutschen Händlern sollen der Plattform jetzt mehr Schwung verleihen. Der aktuelle Stand laut Managing Director Guido Schulz: „Wir haben derzeit 4,5 Millionen registrierte Nutzer, das entspricht einem Anstieg von fast 40 Prozent, seit wir unseren Club Rakuten im Sommer 2019 gelauncht haben. Derzeit verkaufen über 5.500 Händler auf Rakuten.de, wir arbeiten stetig daran unser Portfolio zu erweitern.“ ->Internetworld

Regionale Online-Branchenbücher und schnell hochgezogene Local-Commerce-Marktplätze schießen im Rahmen der Corona-Krise wie Pilze aus dem Boden, der Hashtag #supportyourlocal hat Hochkonjunktur. Doch wie nachhaltig ist die neue Lust am Lokalen, fragt sich die Internetworld. Eine der etabliertesten Plattformen, auf die auch die DIHK immer wieder verweist, ist Lozuka.

Sport 2000 hat seine E-Commerce-Plattform sport2000.com früher gelauncht als ursprünglich geplant. So will der Sporthandelsverbund seinen Mitgliedern Einnahmen auch in der Coronakrise ermöglichen. Die Sport-Plattform fungiert als Marktplatz für die Partner-Unternehmen, um ihr Sortiment sichtbar zu machen und den Online-Verkauf auch ohne eigene Shop-Lösung zu ermöglichen. Die Sportfachhändler haben zudem die Möglichkeit, ihr Sortiment mit den Onlineshop-Funktionen auch in die eigene Webseite zu integrieren. Sport2000 nutzt dafür die gleich technische Infrastruktur, die auch hinter der Plattform Schuhe.de von der Schuhhändler-Kooperation ANWR steht. ->Ispo.com

Die Online-Handelsplattform Sportmarken24 bietet angebundenen Einzelhändlern in Zeiten des Coronavirus pragmatische Liquiditätssoforthilfe, berichtet das Handelsjournal: Für zwei Monate verspricht das Unternehmen ein zinsloses Darlehen in Höhe des Auszahlungsbetrags des letzten Monats. 

Aus aller Welt

Der Verkauf auf Amazons sechstem europäischen Marktplatz Amazon.nl hat Anfang März offiziell begonnen. Seit Januar konnten sich bereits aktive Amazon-Seller für den Verkauf auf der neuen Plattform im Rahmen des Pan-EU-Programms registrieren, intern kolportiert wurde ein Start der neuen Plattform von Seiten Amazons lange für die Kalenderwoche acht. Letztlich hat es drei Wochen länger gedauert, dafür steht niederländischen Kunden jetzt ein gut gefüllter Marktplatz mit einem besonders attraktiven Prime-Angebot zur Verfügung. Wer auf Amazon.nl erfolgreich sein will, muss allerdings auf ein hohes Service-Level achten, rät die Amazon-Beratung Jeffcommerce.

CDiscount klingt – sicher nicht unabsichtlich – wie der aktuelle Gegenwurf zu Amazon. Auf CDiscount sind alle Produkte noch bestellbar, verkündet das Unternehmen. Zudem seien alle verfügbaren Mitarbeiter mobilisiert, um die Marktplatzhändler in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. ->Tamebay.com

Sowohl Kunden als auch Händler zeigen ein wachsendes Interesse am österreichischen Online-Marktplatz Shöpping.at. Die Zugriffszahlen und der Umsatz beim Online-Marktplatz der Post AG haben sich seit dem Ausbruch der Corona-Krise vervierfacht, berichtet die „Kleine Zeitung“.

Die zu Walmart gehörige indische Einkaufsplattform Flipkart stellt wegen der aktuellen Krise seinen Betrieb vollständig ein. eBay war noch 2019 Miteigentümer, hat dessen Anteile allerdings komplett an Walmart übertragen. In Indien herrscht ein erbitterter Kampf um Marktanteile zwischen Amazon und Walmart. Alibaba spielt dort eine eher untergeordnete Rolle. Vergleichbar wäre diese Maßnahme, wenn eBay sich komplett in Deutschland abschalten würde, so die Einordnung von Wortfilter.

Kauft Ikea die niederländische eBay-Tochter Marktplaats? Seit einem guten Jahr wird darüber spekuliert, dass der schwedische Möbelhersteller am Aufbau eines eigenen Marktplatzes interessiert sei – und die gut etablierte Classified-Seite steht, wie ebays gesamtes Kleinanzeigen-Geschäft, zum Verkauf. Angeblich hätte Ikea Interesse gezeigt, wisperten Mitte März Branchen-Insider. Bis Mitte des Jahres könnte es dazu Neuigkeiten geben, schreibt Tamebay.

Alles was Recht ist

Fälschungen, die über Online-Marktplätze verkauft werden, sind ein Problem, da der Kunde sich in der Regel im Nachhinein mit ohnehin nicht ganz einwandfreien Anbietern auseinandersetzen muss. Amazon oder Ebay sind in diesem Fall nicht direkt haftbar, als Kunde kann man maximal auf den guten Willen der Marktplätze hoffen. In Europa sind Marktplätze nach einem Urteil des EuGHs „erst ab Kenntnis“ haftbar. In den USA will man dieses Problem nun offenbar verstärkt angehen. In dieser Woche wurde ein Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Marktplätze für Fälschungen haftbar machen soll, die über ihre Plattformen verkauft werden. ->Onlinehändler-News

Marktplatz-Tools

Amazon Controlling: In der aktuellen Krise – aber nicht nur da – lohnt es sich besonders, genau auf die eigenen Zahlen zu schauen. Vor allem Amazon-Seller freuen sich – in normalen Zeiten – immer noch zu sehr über wachsende Umsätze – statt darauf zu achten, was unterm Strich übrigbleibt. Nur wer alle Kosten eines Produkts voll im Griff hat, kann valide bestimmen, welche Artikel echte Bestseller sind – und bei welchen Verkäufen der Seller drauflegt. Der Vorteil von Margen- statt Umsatz-getriebenes Denken zeigt sich besonders deutlich auf Produktebene. Deshalb hier ein konkretes Beispiel für die Möglichkeiten von Controlling am lebenden Objekt. ->shopanbieter.de

Kopf des Monats

Martin Wild ist ab sofort nicht mehr für die auf Consumer Electronics spezialisierte MediaMarkt Saturn-Gruppe tätig, die hinter den Vertriebsmarken MediaMarkt und Saturn steht. So hat der 41-Jährige den Konzern verlassen, um sich beruflich neu zu orientieren und eine neue Herausforderung zu suchen, berichtet neuhandeln. Bei den Ingolstädtern war Wild über neun Jahre tätig. Zunächst hatte er als „Vice President Multichannel“ den deutschen Online-Shop der Marke Saturn verantwortet, der im Herbst 2011 an den Start gegangen war. 

Marktplatz-Fund des Monats

Der Plattform-Hype greift im deutschsprachigen E-Commerce um sich: 173 Online-Marktplätze gibt es in der DACH-Region, 92 davon sind erst in den letzten fünf Jahren entstanden, zeigt eine aktuelle Studie von ecom consulting. Allein im letzten Jahr öffneten so prominente Namen wie Otto, Douglas, Galeria Karstadt Kaufhof, H&M oder Conrad ihre Tore für Drittanbieter. Zu dieser Welle von einheimischen Playern kommt der Trend der Internationalisierung: ­Immer mehr ausländische Marktplätze wie La Redoute, Fruugo oder Joom entdecken den deutschen Markt als lukrative Gelegenheit für sich und eröffnen deutsche Dependancen. Ist diese Vielfalt zielführend, fragt sich die Internetworld.

Kurioses

Eine smarte Lösung für stationäre Händler gegen den Corona-Blues? Die Kooperation mit einem bestehenden Online-Händler im Zuge einer Mini-Plattform. Ein etablierter Münchner Spielwarenhändler zeigt, wie es geht: Statt im Lockdown Trübsal zu blasen, schloss er sich mit dem Online-Spielwarenhändler Tiny-Boon.com zusammen und schaffte es so, sein Oster-Sortiment in kürzester Zeit online verfügbar zu machen. Auch MyBudapester, ein Retailer für Designermarken ruft aktuell stationäre Händler aktiv dazu auf, in der Krise mit ihm gemeinsame Sache zu machen. So sieht wahre Krisensolidarität zwischen On- und Offline-Handel aus!

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