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Abmahnfalle Verpackungsgesetz: Noch nicht bei LUCID registriert?

Kartonstapel

Verpackungen: Im Versandhandel kommt man nicht ohne aus. Das Verpackungsgesetz gibt genaue Vorgaben bezüglich der Lizenzierung der Materialien. Händler müssen sich registrieren, sonst drohen Abmahnungen - oder sogar Schlimmeres!

Gute vier Monate ist das neue Verpackungsgesetz nun alt, ein passender Zeitpunkt, um einmal nachzusehen, wie es an der Abmahnfront bezüglich dieses Themas aussieht. Denn schon im Vorfeld des Gesetzes grassierten Befürchtungen, dass dieses zu neuen Abmahnwellen führen werde.

Wir fragten daher beim Händlerbund nach, wie sich heute die Situation bezüglich Abmahnungen auf der Basis des Verpackungsgesetzes zeigt. Melvin Dreyer gab uns einen Überblick der Lage.

Einfache Recherche dank LUCID

Tatsächlich gibt es nach seinen Angaben zunehmend wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen Verstößen gegen das Verpackungsgesetz. Kein Wunder, denn mit der Veröffentlichung des LUCID Verpackungsregisters kostet es nur einen Klick, um zu recherchieren, ob ein Wettbewerber seiner Pflicht nachgekommen ist, sich zu registrieren. Diese Pflichtverletzung kann im Wettbewerbsverhältnis abgemahnt werden, da es einen unfairen Vorteil darstellt, wenn sich ein Händler „den Aufwand spart“, der mit einer korrekten Registrierung und der Lizenzierung der Abfälle einhergeht.

Eigentlich muss es verwundern, dass es noch immer Online-Händler gibt, die sich nicht registriert haben. Immerhin ging das Verpackungsgesetz und seine Konsequenzen für den Onlinehandel monatelang durch alle (Online-)Kanäle. Vergleicht man jedoch die Zahl der LUCID-Registrierungen mit der geschätzten Zahl Onlineshops in Deutschland, so ergibt tatsächlich sich eine recht hohe Zahl „säumiger“ Händler.

Noch immer sehr viele nichtregistrierte Händler

Melvin Dreyer sieht hierfür mehrere Gründe: Beispielsweise sei die „Schlagzahl“ an rechtlichen Änderungen im Onlinehandel generell sehr hoch. Praktisch ununterbrochen kommen neue und alte Rechtsthemen hoch und Händler müssen sich nicht nur aktiv informieren, sondern auf die jeweils neuen Vorgaben auch reagieren. Das ist laufend viel Arbeit und dabei geht auch leicht einmal etwas unter.

Ein weiterer Grund liegt vermutlich darin, dass im Netz auch öfters Fehlinformationen kursieren und sich dadurch manche Händler fälschlicherweise nicht verpflichtet fühlen, sich zu registrieren.

Missverständnisse zur Registrierungspflicht

So gibt es häufig das Missverständnis, dass Händler glauben, sie unterlägen gar nicht der Registrierungspflicht, beispielsweise

Tatsächlich unterliegen Händler jedoch auch bei diesen Konstellationen i.d.R. der Registrierungs- und auch Lizenzierungspflicht!

Eine Nutzung von gebrauchten Verpackungen würde beispielsweise nur dann von der Lizenzierungs- und Registrierungspflicht befreien, wenn

  1. tatsächlich der komplette Versand ausschließlich über bereits vorher benutzte Verpackungsmaterialien (also auch Klebebänder etc.!) erfolgt und
  2. zudem für jede der einzelnen Verpackungen eindeutig nachgewiesen werden kann, dass diese bei der erstmaligen Nutzung tatsächlich lizenziert worden war und der Erstbenutzer entsprechend registriert ist. Denn seit dem neuen Gesetz liegt die Beweislast nun paktisch beim Händler!

Beide Punkte sind in der Realität praktisch nicht einhaltbar, weswegen auch bei der Nutzung von bereits vorher benutzten Verpackungen die Registrierung erfolgen sollte.

Falle Direktversand

Auch wer meint, dank eines Direktversandes aus dem Ausland (z.B. aus China) an den Kunden bezüglich der Verpackungslizenzierung und LUCID-Registrierung aus dem Schneider zu sein, irrt i.d.R. gewaltig. Denn solange der ausländische Versender nicht eindeutig vertraglich die Pflicht zur Lizenzierung übernommen hat und hier registriert ist, liegt die Aufgabe der Verpackungslizenzierung bei demjenigen, der zum Zeitpunkt des Grenzübertrittes die rechtliche Verantwortung für die Sendung trägt — und dies ist in der Regel eben der Händler und nicht der (im Auftrag) Versendende.

Noch hinzu kommt bei dieser Konstellation übrigens oftmals, dass bei solchem Direktversand nicht nur die Versandverpackung, sondern auch die Produktverpackung zu betrachten ist: Denn diese wird i.d.R. bei einem solchen Direktversand ja erstmalig eingeführt — und unterliegt damit ebenfalls der Lizenzierungspflicht!

Registrierung schnellstens nachholen

Wer physische Verpackungen nutzt und — aus welchen Gründen auch immer — bislang die Registrierung verpasst hat, sollte also schnellstmöglich „seine Hausaufgaben“ machen und die Registrierung nachholen.

Ansonsten läuft er zunehmend Gefahr, abgemahnt zu werden. Denn tatsächlich nehmen die Abmahnungen wegen fehlender LUCID-Registrierung zu.

Dabei wird die fehlende Registrierung als unzulässiger Wettbewerbsvorteil abgemahnt. Und dies ist auch zulässig, so Melvin Dreyer: „An der Abmahnfähigkeit solcher Vergehen als Wettbewerbsverstoß kann eigentlich nicht gezweifelt werden. Zwar wurde bislang nicht höchstrichterlich bestätigt, dass es sich bei der Registrierungspflicht um eine Marktverhaltensregel handelt, so lange gibt es das Gesetz ja noch nicht. Im Hinblick auf die Registrierungspflicht des Elektrogesetzes gibt es hierzu aber entsprechende Urteile, und beide Pflichten lassen sich gut miteinander vergleichen.“

Abmahnungen aus gutem Grund

Generell findet er dies auch sinnvoll. Denn neben dem Fakt, dass sich „Registrierungsverweigerer“ einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Händlern verschaffen, die ihre Pflicht korrekt erledigen, erinnert Melvin Dreyer auch an den Sinn hinter dem Verpackungsgesetz: Schließlich wurde dieses eingeführt, weil die vorherigen Regelungen nicht ausreichten, um die in den Umlauf gebrachten Verpackungsmaterialien ausreichend zu erfassen.

Die genaue Erfassung und Zuordnung der anfallenden Verpackungsmengen ist aber die notwendige Basis dafür, die entstehenden Entsorgungskosten korrekt zu verteilen. Somit haben auch auf dieser Ebene pflichtbewusste Händler einen Nachteil gegenüber nachlässigen Händlern.

Entsprechend ist der Großteil der Abmahnungen, die derzeit zu diesem Thema eingehen, eher nicht solchen Abmahnern zuzuordnen, die Abmahnungen quasi als missbräuchliches Geschäft betreiben, sondern es handelt sich meist um normale Abmahnungen im echten Wettbewerbsverhältnis.

Inhaltlich stellen die Abmahnungen dabei i.d.R. auf die fehlende Registrierung bei LUCID ab. Darauf basierend wird oft unterstellt, dass man damit gegen das Verbot verstoße, systembeteiligungspflichtige Verpackungen im Falle einer nicht vorhandenen Registrierung nicht in den Verkehr bringen zu dürfen. Meist wird dann die Möglichkeit eingeräumt, nachzuweisen, dass man doch registriert sei und die Abmahnung enthält zudem in manchen Fällen ein Auskunftsersuchen, um die Schadenshöhe festlegen zu können. Schließlich hängen die Kosten der Abmahnung vom Gegenstandswert ab.

Streitwert 3.000,- bis 30.000,-

So liegt die Spanne des angesetzten Streitwerts bei den Abmahnungen, die seit Januar bei Händlerbund-Mitgliedern eingegangen sind, zwischen 3.000,- Euro und 30.000,- Euro. Auch die Kostennoten unterscheiden sich entsprechend, zwischen 220,- Euro und über 1.500,- Euro sind bereits vorgekommen. Wobei es hier auch stark davon abhängt, ob die Abmahnung von einem Anwalt oder einem Verband erstellt wurde. Denn Anwälte haben klare Vorgaben bezüglich ihrer Abrechnungen, während Verbände oft kostengünstiger arbeiten (dürfen).

Unterlassungserklärung: nicht ungeprüft unterschreiben!

Wie üblich enthalten die Abmahnungen auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die unterschrieben werden soll. Und auch wenn diese auf den ersten Blick unkritisch erscheinen mag, nach dem Motto, „ich registriere mich ja jetzt, es gibt also keine Wiederholungsgefahr“, rät Melvin Dreyer dringend davon ab, einfach zu unterschreiben:

Eine unterschriebene Unterlassungserklärung ist ein prinzipiell lebenslang geltender Vertrag, aus dem man nicht später irgendwann ‚einfach aussteigen‘ kann. Daher die Unterlassungserklärung immer fachlich prüfen und ggf. abändern lassen, bevor man sie unterschreibt!

Problematisch ist dabei meist zum einen das in der Unterlassungserklärung enthaltene Schuldanerkenntnis, zum anderen gibt es durchaus eine „Wiederholungsgefahr“. Beispielsweise sind Situationen denkbar, dass man als Händler die Registrierung (vorübergehend) beendet, und den Handel wieder aufnimmt, ohne sich erneut zu registrieren. Eine solche Situation könnte dann die in der Unterlassungserklärung vereinbarte Strafe auslösen.

Wie bei jeder Abmahnung empfiehlt sich daher der übliche „Dreiklang“ als Reaktion:

Lieber Abmahnung als Bußgeldbescheid

Wenn es „passiert“ ist, gibt es zumindest einen Trost: Eine Abmahnung zu kassieren ist zwar ärgerlich, u.U. aber das kleinere Übel: Denn Vergehen gegen das Verpackungsgesetz sind nicht nur abmahnbar, sie können auch behördlicherseits mit einem Bußgeld geahndet werden!

Hierfür sieht das Gesetz nicht nur Bußgelder von bis 100.000,- Euro bei Nicht-Registrierung bzw. bis zu 200.000,- Euro bei Nicht-Lizenzierung vor, sondern ein faktisch ein Vertriebsverbot, da Händler ohne eine Registrierung keine systembeteiligungspflichtige Verpackungen in den Verkehr bringen dürfen!

Zuständig dafür sind die Ordnungsbehörden auf Länderebene und diese können aus eigenem Antrieb, jedoch auch auf Hinweis bzw. Anzeige hin tätig werden.

Glücklicherweise sind derzeit noch nicht viele solcher behördlicher Verfahren bekannt, was nach Einschätzung Melvin Dreyers vielleicht auch daran liegen könnte, dass die Behörden noch nicht die nötigen Arbeitsverfahren entwickelt haben. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Behörden mit der Zeit (und einer steigenden Anzahl an Verfahren) in der Verfolgung solcher Vergehen routinierter werden.

Aus diesem Blickwinkel gesehen erscheint eine zugegangene Abmahnung noch die deutlich angenehmere Alternative. Viel besser aber ist es natürlich, seine Hausaufgaben schnellstmöglich nachzuholen, bevor wem auch immer auffällt, dass da noch eine Pflicht offen ist…

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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