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Trend: Rich-Internet-Applikationen

Wohin gehen die Entwicklungen bei Online-Shops? Forrester Research sieht momentan zwei große Trends: Produkt-Personalisierung und – dank vermehrter Breitbandnutzung in den Haushalten – Rich-Internet-Applikationen.

Die Kernaussagen der Forrester-Studie fasst Operations & Fulfillment zusammen (Original auf Englisch).
Personalisiertes Online-Shopping

Nach persönlicher Begrüßung im Shop, Wunschlisten und anderen personalisierten Services geht es jetzt um ‚proaktive und integrierte Produktpersonalisierung‘. Nike ID und Timberlands Schuh-Studio haben es vorgemacht: Die Kunden können ihre ‚eigenen Produkte designen‘ – jedenfalls vom Gefühl her…

Forresters Vorstellungen gehen aber weiter: Online Shops sollen zukünftig ihren Kunden bereits personalisierte Produkte vorschlagen, also auch bildlich vorführen. Als Beispiel führt Forrester den Geschenkeversender Lenox auf, der letztes Jahr seinen Kunden in einem Mailing mit dem individuellen Monogramm verzierten Schmuck anbot – mit entsprechendem Produktbild! Möglich gemacht hatte dies eine Software von Scene7, die dynamische Personalisierung von Bildern ermöglicht – eine ‚Rich Media Plattform‘.

Rich Internet-Applikationen

TJmax.com testete während der Ferienzeit 2004 einen neuen Checkout-Prozess, bei dem die Kunden alle Informationen auf nur ‚einer einzelnen Seite‘ eingeben konnten. Wie Peter bereits berichtete traten dabei laut diverser Artikel bis zu 50% weniger Abbrüche im Checkoutprozess auf – eine enorme Verbesserung der Conversionsrate!

Basis dieses ‚Single Page Checkout‘ war eine Rich Internet-Applikation von Molecular auf der Basis von Flash. Diese Applikationen machen es möglich, dass beispielsweise Eingabe-Überprüfungen von Pflichtfeldern oder Eingabeformaten direkt während der Eingabe erfolgen.

Allerdings kann man sich streiten, ob man den von Molecular entworfenen Checkout-Prozess tatsächlich als einzelne Seite ansieht. Denn auch hier wird ‚geblättert‘, allerdings vertikal. Dank Flash fühlt sich der Vorgang aber ’nahtloser‘ an – denn der von HTML-Seiten gewohnte Bildschirm-Neuaufbau fehlt hier.

Dass die Steigerung der Conversionsrate im Test des neuen Checkout-Systems tatsächlich allein auf dem ’nahtloseren Blättern‘ basierte, ist für mich also nicht ganz überzeugend. Vielleicht haben auch andere Änderungen dazu beigetragen – oder schlicht die ‚Neuheit‘ des Systems. TJmaxx.com hat sein Checkout-System aktuell jedenfalls wieder auf mehrere Seiten verteilt. Das Single Screen-Testsystem kann man dennoch testen – bei Molecular.

Rich Internet-Applikationen können aber viel mehr als nur den Gang durch die Kasse erleichtern: Flash-Erfinderin Macromedia führt in einer Demo vor, wie sie sich den Shop der (nahen) Zukunft vorstellen – natürlich mit Macromedia Flex gestaltet.

Hier wird bereits bei der Produktsuche bzw. Rubrikauswahl auf das ‚Echtzeiterlebnis‘ gesetzt: Noch während des Eintippens des Suchbegriffes werden die Suchergebnisse eingegrenzt. Im Shopbeispiel wird der Kundin im nächsten Schritt eine Kaufberatung für ein Handy angeboten. Dabei werden die Präferenzen der Kundin über Checkboxen abgefragt, wobei die Produktauswahl ‚in Echtzeit‘ entsprechend der Kundenangaben angepasst werden. Auch hier wird der Kassengang über ein ‚Single Screen Checkout‘ geführt, das dem von Molecular gleicht. Besonders interessant ist aber noch eine weitere Idee: Von Anfang an und bis weit in den Checkoutprozess hinein werden der Kundin Accessoires oder Zubehör zu ihrer Auswahl angeboten!

Dass diese Vorstellungen keine Zukunftsmusik sind, sondern bereits ihren Weg in dem Markt gefunden haben, zeigt sich in aktuellen Handyshops: Klicken Sie beispielsweise im Vodafon-Shop einmal auf den "Handyfinder".

Der wurde übrigens von der msg at.NET GmbH realisiert, die in einem Blog-Artikel ausführlich die Vorteile von Rich-Internet-Applikationen darstellt und ihre eigenen Lösungsvorschläge ebenfalls in einem Beispielshop vorführt.

Breitband ist die Voraussetzung

Diese ‚reichhaltigen‘ Internetanwendungen funktionieren, indem sie
temporär ein schlankes Programm auf den Kundenrechner übertragen, wie die E-Commerce Times erläutert (auf Englisch). Die Shopsite füttert das Miniprogramm dann jeweils mit den nötigen Daten, die zur Auswertung der Nutzereingaben (Validität von PLZ, Mailadressen…) oder zum Abgleich von Versandkosten etc. benötigt werden. Nur so ist die Ausgabe von Hinweisen oder die Anwendung von Produktfiltern ‚in Echtzeit‘ während der Eingabe realisierbar.

Es verlangt also nach einer entsprechend breitbandigen Anbindung der Kunden an das Internet, soll das Einkaufserlebnis nicht zu einer ‚Wartesaal-Sitzung‘ verkommen. Und selbst mit DSL lassen sich – abhängig von Serverleistung und Leitungsauslastung – derzeit Wartezeiten nicht immer vermeiden. So habe ich bei den genannten Demos trotz schnellen DSL-Anschlusses öfter einmal ein "Bitte warte – Daten werden geladen" betrachten dürfen.

Insofern können Rich-Internet-Applikationen zum heutigen Zeitpunkt noch nicht als die eierlegende Wollmilchsau angesehen werden: Solange nur 18% der deutschen Haushalte mit Breitbandanschlüssen versorgt sind, wie Jörg Schieb in seiner WDR-Kolumne bemängelt, muss der Einsatz der schönen neuen Shopwelten leider noch sehr genau überlegt werden. Auf Dauer gesehen wird die Shoppingwelt aber sicherlich ‚reicher‘ werden.

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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