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Idealo, Ladenzeile und Co: Welche Zukunftschancen haben Preisvergleichs-Modelle?

Axel Springer will seine Mehrheitsbeteiligungen an den Preisvergleichportalen idealo.de und Ladenzeile.de (bzw. dessen Mutterunternehmen Visual Meta) nun doch behalten, berichtet meedia mit Verweis auf unternehmensinterne Kreise.

Bildquelle: bigstockphoto.com/ wsf-b

Durchaus eine Überraschung, hatte sich doch der Chef des Medien-Konzerns, Matthias Döpfner, schon im Frühjahr dieses Jahres nach möglichen Käufern für die Beteiligungen auf die Suche gemacht. Über die Gründe für den abgeblasenen Verkauf lässt sich nun trefflich spekulieren: Hat Axel Springer einfach keinen Käufer gefunden, der seine ambitionierten Preisvorstellungen (die Rede war von über 300 Millionen Euro für beide Firmen) erfüllen wollte – oder billigt das Medienunternehmen den Preisvergleichern doch eine bessere Zukunft zu als viele kritische Stimmen aus der Branche?

Grundsätzlich hat Axel Springer mit seinen Beteiligungen (jeweils rund 75 Prozent) in den letzten Jahren gute Geschäfte gemacht: Im letzten verfügbaren Jahresabschluss wies Idealo einen Umsatz von rund 70 Mio. Euro und einen EBIT von rund 30 Mio. Euro aus. Ladenzeile.de brachte es im selben Jahr auf einen Umsatz von 37 Mio. Euro und einen EBIT von rund 14 Mio. Euro.

Auch für Online-Händler sind Preissuchmaschinen immer noch eine relevante Traffic-Quelle. Andererseits ist das Geschäftsmodell Preisvergleich seit Jahren unter Druck. Einerseits durch die massive Verschiebung des Suchmaschinenmarkts von Google zu Amazon: 34 Prozent der deutschen Produktsuchanfragen beginnen mittlerweile bei Amazon, hat Ibi Research kürzlich festgestellt – und nur 15 Prozent bei Google.

Aber Idealo, Ladenzeile und Co. sind Traffic-Seiten extrem von Google abhängig, wie eine kurze Analyse mit Similar Web zeigt: Demnach stammen 60 Prozent des Traffics von Idealo aus dem Bereich Search, 27 Prozent der User surfen direkt Idealo.de an. Auch andere Preisvergleicher wie Ladenzeile.de, billiger.de, Stylight oder shopping24 kommen auf Search-Anteile beim Traffic von 60 bis teils sogar 80 Prozent.

Wenn also Google gegenüber Amazon an Bedeutung bei der Produktsuche verliert, dann verlieren auch die Preisvergleicher. Andererseits ist natürlich auch Google mit seiner eigenen Produktsuchmaschine Google Shopping selbst ein gefährlicher Konkurrent für die klassischen Preissuchmaschinen (PSM).

In diesem Jahr bekamen die PSM zudem Gegenwind aus einer ganz neuen Richtung – von den Verbraucherschützern nämlich. Das Geschäftsmodell „Preisvergleich gegen Klickprovision“ geriet unter Beschuss. Der Bundesgerichtshof entschied im April im Rahmen einer Klage gegen den Preisvergleicher Bestattungsvergleich.de, dass PSM dem Kunden gegenüber klar kommunizieren müssen, wenn sie von anderen Anbietern für die Vermittlung eines Users eine Provision erhalten.

Das Urteil gilt als wegweisend für die gesamte PSM-Branche. Und im Sommer verhängte dann die EU-Kommission die Rekord-Strafe von 2,4 Milliarden Euro gegen Google, weil der die Ergebnisse der hauseigenen Produktsuche Google Shopping in den SERPs bevorzugt hatte – nach Ansicht der Kommission eine Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung für die eigenen Ziele. Google will jetzt seinen Konkurrenten Plätze auf der eigenen Website anbieten, diese aber per Auktionsverfahren zuteilen.

Quelle: Kassenzone.de

Ein weiteres Problem für Preisvergleicher ist die technische Weiterentwicklung der E-Commerce-Welt. Schon jetzt haben die PSM mit der wachsenden Bedeutung von Mobile Commerce zu kämpfen: Denn auf dem Handy recherchieren die Nutzer zwar gerne, auch über Preisvergleichseiten – aber sie konvertieren schlechter, nutzen die auf dem Handy gefundenen Informationen eher dazu, später auf dem Desktop in aller Ruhe direkt den gefundenen Anbieter anzusurfen. Das bringt der PSM dann zwar Traffic – aber im Normalfall weniger Umsatz. Und wenn schon Mobile Commerce ein Problem ist – wie soll dann erst ein Preisvergleich mit Alexa funktionieren?

Um diese neuen Herausforderungen abzufedern, entwickeln sich einige PSM weg von ihrem klassischen Geschäftsmodell –nämlich dem reinen Preisvergleich – hin zu einer Vermittlerposition mit Call-to-Action. Idealo.de beispielsweise bietet Händlern seit gut zwei Jahren die Möglichkeit direkt über die Seite des Preisvergleichers zu verkaufen – per Direktkauf-Button.

Sinnvolle Filtermöglichkeiten helfen auch den Kunden weiter, die noch nicht wissen, dass sie einen „Hisense LTDN 42 K680“ suchen, sondern nur mal nach einem 42-Zoll-Fernseher für maximal 800 Euro gucken wollen. Check24 ist längst kein Versicherungsvergleicher mehr, sondern eher ein Versicherungsmakler, was sich auch an den immer detaillierteren Online-Fragebögen zeigt, die alle Versicherungs-Eventualitäten abdecken. Die Möbel-Preissuchmaschine Woonio setzt zunehmend auf redaktionelle Inhalte, um sich vom Preisvergleicher zum Info-Portal rund ums Thema Wohnen zu mausern.

„Das Modell hat seine Herausforderungen, aber die Intermediäre haben es mit Tech-Kompetenz und relevanten Nutzerdaten selber in der Hand, in einer Plattform-Ökonomie eine weiterhin relevante Rolle zu spielen“, schrieb Dennis Kallerhoff, Leiter Marketing Operations bei shopping24, in seinem viel beachteten Gastartikel auf Kassenzone im Juni – und wettete gleich noch einen Kasten Bier darauf, dass das Geschäftsmodell PSM auch in fünf Jahren noch nicht zu Grabe getragen wird.

Ich bin gespannt, ob diese Wette eingehalten werden kann. Vor allem angesichts der Plattform-Ökonomie, in der sich einzelne Player zu zentralen Anlaufstellen rund um Konsumthemen aufschwingen und diese Position mit entsprechenden Marketing-Ausgaben weiter pushen. Wie viel Platz da neben dem PSM-Marktführer idealo noch für kleinere Preisvergleicher bleiben wird, ist fraglich.

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