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Welche Unternehmen einfach zu früh kamen

Zurück in die Zukunft: Manche Geschäftsideen sind ihrer Zeit einfach voraus. Man denke nur an studiVZ oder den Online-Shop My-World von Karstadt. Die Liste reicht aber weit darüber hinaus. Im plentymarkets Jahrbuch 2015 haben die befragten Online-Experten noch viel mehr Beispiele für Unternehmen gesammelt, die einfach zu früh kamen. Wir haben daraus eine kleine Auswahl zusammengestellt:

Mobiles Bezahlen

Mobile Payment ist selbst heute noch nicht beim Kunden oder im Handel als flächendeckender Standard angekommen. Dementsprechend waren in der Vergangenheit bereits viele Geschäftsideen ihrer Zeit voraus: „Ich denke dabei zum Beispiel an Paybox, die eine Mobile Payment-Lösung per SMS angeboten haben. Als das Unternehmen im Jahr 2000 seine Bezahllösung vorgestellt hat, haben viele Experten ein rasantes Wachstum erwartet. Letztendlich kam die Lösung aber offensichtlich doch zu früh“, sagt Martin Wild, Chief Digital Officer der Media-Saturn Holding GmbH.

Michael Sittek, Geschäftsführer der IDnow GmbH, pflichtet ihm bei: „Die Paybox AG wollte Mobile Payment Anfang der 2000er und damit viel zu früh verbreiten. Das Scheitern lag nicht nur in einem wenig anwenderfreundlichen System, sondern vor allem in einer noch nicht ausreichenden technischen Infrastruktur und nicht existenter Nutzungshäufigkeit.“

Beide Experten erinnern sich korrekt. Denn im Jahr 2000 hat die Paybox AG ihren innovativen und handygestützten Bezahldienst gestartet, über den Kunden im stationären Handel aber auch bei Online-Einkäufen – unter anderem bei eBay – bezahlen konnte. Wollte ein Kunde mit Paybox zahlen, wurde eine Mitteilung über den Kaufbetrag vom Händler über Paybox an das Handy des Nutzers verschickt. Dieser verifizierte die Zahlung anschließend durch Eingabe seiner persönlichen PIN. In Deutschland wurde das Angebot aber kaum genutzt. Deshalb wurde der Dienst 2003 hierzulande endgültig eingestellt.

Aber auch andere Bezahllösungen waren zu zeitig dran: „Am weitesten war die Deutsche Bank mit ihrer mobilen Zahlungslösung im Jahr 1999 der Zeit voraus. Aber in diesem Markt ist bis heute kein Sieger gefunden worden“, erklärt Dirk Dreher, Programmierer und Gesellschafter von akspiele oHG und Shopmind. Kurz vor der Jahrtausendwende hat die Deutsche Bank gemeinsam mit Mannesmann Mobilfunk / Vodafone eine Mobile Payment-Lösung entwickelt, mit der man mit seinem Handy unterwegs bezahlen konnte – mittels der Eingabe einer Geheimzahl.

Social Media

Heute ist Facebook das größte soziale Netzwerk der Welt. Die Plattform wurde am 4. Februar 2004 gegründet. Das soziale Netzwerk wurde von den Studenten Dustin Moskovitz, Chris Hughes, Eduardo Saverin und Mark Zuckerberg entwickelt und war ursprünglich als digitales Studentenjahrbuch konzipiert. Im 3. Quartal vergangenen Jahres zählte Facebook rund 1,5 Milliarden aktive Nutzer. Aber schon vor Facebook haben sich viele soziale Plattformen versucht – meist vergeblich:

„Erstaunlich waren 1996 Dienste wie der Metropolis Chat oder Homepages auf Geocities, die bereits gut funktioniert haben und mit denen man im Grunde genommen auch damals schon sehr intensiv das gemacht hat, was man heute auf Facebook tut“, sagt Christian Grötsch, Geschäftsführer der dotSource GmbH, und fügt hinzu: „Erstaunlich, dass heute kaum jemand diese Dienste noch kennt, obwohl sie damals so beliebt waren. Das gibt mir allerdings ein gewisses Grundvertrauen, dass die derzeitige Dominanz bestimmter Web-Monopolisten nicht zwingend von Dauer sein muss.“

Ähnlich erging es einem anderen ehemaligen Top-Player im Netz: „Im Jahr 1998 war das ganz sicher AOL: Das war schon damals eine Mischung aus Yahoo und Facebook. AOL hatte eine eigene Community und war ein mächtiges Portal. Das Unternehmen hatte damals das Potenzial, ein ‚Google-Facebook‘ zu werden“, erklärt Markus Müller. Demnach wurden entweder gute Ideen nicht weiter verfolgt oder die Zeit und die Gesellschaft waren noch nicht reif für die Idee.

Der Geschäftsinhaber der System Com 99 e. K. (www.besserePreise.com) fügt hinzu: „Auch Studivz.net, Meinvz.net und werkenntwen.de hatten schon zur damaligen Zeit die ‚Facebook-Idee‘ mit tollen Ansätzen und waren ihrer Zeit weit voraus.“ Seiner Meinung zufolge funktionierte das Konzept damals jedoch noch nicht. Heute expandieren Firmen, die eigentlich genau die gleichen Ideen hatten.

E-Food

Ähnlich wie das Thema Mobile Payment ist auch der Online-Handel mit Lebensmitteln immer noch eine Nische in Deutschland. Vergangenes Jahr soll der Online-Anteil im Food-Bereich bei lediglich 0,8 Prozent gelegen haben. Laut einer IFH-Studie soll erst ein Drittel der deutschen Kunden einmal Lebensmittel im Netz bestellt haben.

Ein Anbieter geht aber seinen Weg: Gourmondo.de wurde bereits im Oktober 2002 gegründet und ist inzwischen Deutschlands größter Internet-Anbieter für Food & Beverage. Der Online-Shop liefert über 17.000 Delikatessen aus aller Welt bis direkt vor die Haustür. Die drei Gründungsmitglieder von Gourmondo, Dr. Gerald Haag, Phillip Humm und Konrad Güßbacher, stammten allesamt aus der Führungsetage von Amazon Deutschland.

Andere Unternehmen sind dagegen im Online-Handel mit Lebensmittel gescheitert: „Ganz sicher doit24, die etwa zeitgleich mit dem Otto-Supermarkt als Pioniere den Lebensmittel-Onlinehandel begründet haben. Technisch hatten die bis zu einer mit Fraunhofer entwickelten Thermo-Paketstation und einem Barcode-Bestellsystem alles, was heute als letzter Schrei gilt“, erklärt Martin Groß-Albenhausen vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh). Dr. Björn Schäfers, Geschäftsführer der shopping24 internet group, fällt zum Beispiel noch Webvan ein, „da sie zu früh auf den Bereich Lebensmittel gesetzt haben und dabei viel zu viel Geld ausgegeben haben.“

Bei diesen Beispielen handelt es sich natürlich nur um eine geringe Auswahl an Unternehmen und Diensten, die einfach zu früh dran waren. Im plentymarkets Jahrbuch des E-Commerce 2015 finden Sie viele weitere Ausführungen von den befragten Experten. (Bild: Facebook via pixabay.de)

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