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Interview mit Markus Kobelt, Lubera AG

Weihnachtsgeschäfts-bedingt musste unsere Interviewreihe leider kurze Zeit aussetzen. Umso erfreulicher, dass wir sie heute mit einem besonders interessanten Interview wieder anfahren können.

Unsere "7 Fragen" beantwortete Markus Kobelt von der Lubera AG in der Schweiz. Lubera ist zunächst einmal eine Marke für besonders robuste Obst- Beeren- und Rosenpflanzen. Darüber hinaus aber sind die Lubera-Leute echte E-Commerce-Fans und ganz besonders umtriebig. Was sie alles auf die Beine gestellt haben – und für die Zukunft planen, erläutert Markus Kobelt sehr umfassend und offen. Sogar auf unsere "Auswahlfrage" gab er gern Auskunft: gleich auf beide Fragemöglichkeiten…

1.) Was ist Ihr Kernprodukt/-thema und wer Ihre Zielgruppe im E-Commerce?

Unser Thema ist das einfache und lustvolle Gärtnern. ‚Einfach Gärtnern‘ heisst eben nicht, im Baumarkt eine Pflanze zu kaufen und dann ratlos im Garten zu stehen und nicht weiterzuwissen, sondern heisst, genau die richtige Pflanze für die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu kaufen und auch die notwendigen Infos dazu zu bekommen. So stehen dann die Chancen auch entschieden besser, erfolgreich zu gärtnern, was dann wiederum Lust auf mehr macht….

Die Ketten, Baumärkte, Supermärkte können und wollen dies nicht leisten. Dem stationären Fachhandel fehlt leider vielfach der Mut und fast immer auch die Breite des Sortiments (long tail) dazu. – Die Kernkompetenz für diesen Ansatz erwerben wir uns immer wieder in unserem eigentlichen Kerngeschäft: in unserer Baumschule produzieren wir ein spezielles und hochwertiges Sortiment an Obst-, Beeren- und Duftrosenpflanzen. Vor allem aber steuern wir das Ziel des einfachen und lustvollen Gärtnerns mit unseren betriebseigenen Zuchtprogrammen (besser schmeckende Sorten, einfacher zu kultivierende Sorten, robustere, krankheitsresistentere Sorten) an.

In unserem Lubera-Gartenmarktplatz ‚Lubera-rot‚ versuchen wir diese Philosophie nun auf den gesamten Gartenbereich zu übertragen, wobei hier ja viele Anbieter ihre Proudkte anbieten (möglichst viele, möglichst breite und tiefe Sortimente, möglichst viele Spezialitäten, möglichst viele Nischen). Unsere Philosophie setzt dann hier nicht mehr wie bei unseren eigenen Produkten auf der Ebene der Pflanzen und Artikel an, sondern auf der Ebene des Verkaufens und der Serviceleistungen. Das Ziel bleibt immer dasselbe: Gärtnern soll wieder lustvoll und einfach werden! Uebrigens: Wir suchen weitere Shopbetreiber aus dem Gartenbereich (Pflanzen und weitere Gartenartikel), die ihre Produkte, ihren Spezialitätenshop bei uns einstellen (keine Listungsgebühren, nur Provisionen bei erfolgreichen Verkäufen)!

Unser Zielpublikum: Alle, die auf Terrasse oder Balkon oder im Hausgarten selber gärtnern (wollen), vom Serviceansatz und vom Internet-Medium her sprechen wir sicher besonders jüngere Garteneinsteiger (ab 30) an. Es ist aber unser Anliegen, auch die ‚alten Gartenhasen‘, die Gartenexperten und Freaks zu gewinnen und sie dazu zu bringen, ihr wertvolles Wissen auch weiterzugeben (und selbstverständlich ebenfalls bei uns einzukaufen…)

2.) Ist Ihr Onlineshop Bestandteil einer Multichannel-Strategie oder der einzige Vertriebskanal?

Multichannel: Wir produzieren in der Schweiz in unserer Baumschle sowohl Marken-Pflanzen für den Fachhandel als auch no-name-Programme für Ketten. Hier mussten wir in den letzten 5 Jahren eine besorgniserregende Entwicklung feststellen: Das Kettengeschäft (das uns Produktionsvolumen bringt und das nicht mit unserem Lubera-Markenprogramm beliefert wird) wächst kontinuierlich zweistellig, das Fachhandelssegment, auf das unsere Züchtung und unser Markenprogramm eigentlich ausgerichtet ist, stagniert oder schrumpft sogar… Würde diese Entwicklung ohne Gegenmassnahmen so weitergehen, so würde unser Markenprogramm und unsere Züchtung in einigen Jahren ins Leere zielen (weil das Kettengeschäft nicht primär Innovation, sondern Produktionskapazität und preisliche Konkurrenzfähigkeit fordert…)

Unsere Lösung für dieses Problem hiess und heisst: e-commerce. Zunächst mit unseren eigenen Produkten und dann auch mit unserem Gartenmarktplatz. Hier bleibt auch langfristig Innovation gefragt, hier ist das Spezielle und Besondere Trumpf. Dies heisst übrigens nicht, dass wir die anderen Geschäftpfeiler vernachlässigen: Das Kettengeschäft bringt uns auch mittel- und wohl auch langfristig das notwendige Volumen für eine effiziente Produktion, das wir allein mit der Marke nicht erreichen würden; das Wiederverkäufergeschäft mit Fachgartencenter (nur in der Schweiz) stärkt neben unserer Marke auch unser Markt-know-how und wird selber wiederum durch das Online-Geschäft und die daraus erworbenen Markenbekanntheit gestützt (wir sehen keine grossen Probleme in der direkten Konkurrenzierung, sind bisher auch wenig darauf angesprochen worden). In Deutschland wollen wir allerdings nicht ins konventionelle Wiederverkäufergeschäft einsteigen: wir arbeiten hier mit Lizenznehmern (die einige unserer Neuzüchtungen lizenzieren und dann produzieren); ansonsten beschränken wir uns in D ausschliesslich auf den e-commerce. Auch hier hoffen wir, dass irgendwann die daraus resultierende Markenbekanntheit wiederum dem Lizenzgeschäft zugute kommt.

3.) Wo sehen Sie momentan die größten Defizite beim E-Commerce und welche Angebote (Lösungen, Dienstleistungen) fehlen Ihnen für Ihr Onlinegeschäft noch?

Spannende Frage, über die ich auch schon länger nachdenke. Ich möchte drei Defizite/Probleme kurz ansprechen:

  1. Die Schnäppchenfalle: Diese ist übrigens vor allem im deutschsprachigen Raum zugeschnappt. Intuitiv sehen viele Konsumenten im Internet den Kanal, der die einfachsten Preisvergleiche und schlussendlich den billigsten Einkauf der wichtigsten In- und Standart-Artikel verspricht. Dabei ist das Internet aus technischen Gründen (unendliche Inventare) ideal für den long tail, für die unendliche Welt der Nischen und Spezialitäten geeignet. War diese spannende Welt bisher nur den absoluten Spezialisten, den ‚Angefressenen‘ zugänglich, so öffnet sie sich jetzt für alle Interessierten. Es gelingt uns Shopbetreibern noch zuwenig, dies zu kommunizieren.
  2. Das Umsetzungsproblem: Dass wir immer noch in der Schnäppchenfalle gefangen bleiben, mag auch damit zusammenhängen, dass es uns in der Internet-Warenpräsentation und in den Servicedienstleistungen noch zu wenig gelingt, die hehren Vorsätze (Erlebnis, Service) auch umzusetzen. Dies gilt übrigens durchaus auch für uns….
  3. Das Barriereproblem: Auch das Stichwort ‚barrierefreies Einkaufen im Internet‘ ist so ein Versprechen, das noch bei weitem nicht eingelöst und umgesetzt wird. Zu viele Probleme sind noch ungelöst: Gemeinsamer Warenkorb z.B. auf Portalen und Marktplätzen mit diversen Anbietern (betrifft wieder uns…), Bezahlverfahren, after sales-Service. Ein ganz einfaches Desiderat ist uns seit längerem aufgefallen und wir arbeiten auch mit einem Partner an einem entsprechenden Projekt: es fehlt ein funktionierender (deutschsprachiger) Dienst, mit dem Shopper ihre Shoppingwünsche speichern, bearbeiten, vergleichen, zuordnen etc .konnen, eine Art ’social shopping bookmark‘

4.) Es gibt ständig neue Entwicklungen und besonders ‚hippe‘ Themen rund um den E-Commerce. Seien es Blogs, Ajax, Web 2.0 oder wie die aktuellen Buzz-Words gerade heißen. Welche aktuelle Entwicklung finden Sie spannend und planen Sie evtl. auch etwas davon einzusetzen?

Ich gebe gerne zu, dass ich webzweinullig eingestellt bin. Social shopping in all seinen Facetten ist der Königsweg des e-commerce, wenn er aus der Schnäppchenfalle raus will. Dies dürfen wir um Gotteswillen nicht den "Dealjägern" überlassen, sondern müssen selber kreative Ideen entwickeln.

Was wir selber davon umsetzen:

5.) Was war die letzte Optimierungsmaßnahme, die Sie in Ihrem Shop vorgenommen haben (und war sie erfolgreich)?

Wir haben in unserem Lubera-blau-Shop (nur selber produzierte Beeren-, Obst- und Rosenpflanzen) den Transportvorgang (grosse Pflanzen, in grossen Kartons, teilweise offen, werden nicht gestürzt) klarer und vor allem als Bildgeschichte dargestellt. Dies hat das Verhältnis zwischen nicht abgeschickten und abgeschickten Warenkörben positiv beeinflusst.

6a.) Was ist fuer Sie das effizienteste Mittel zur Neukundengewinnung?

Bis jetzt eindeutig die Zusammenarbeit mit Partnern. Wir stellen die Inhalte (einen Mega-Gartenshop mit sehr vielen Produkten) und unsere Marke zur Verfügung und bereichern damit ein gartenzentriertes Themenportal. Im Gegenzug erhalten wir zusätzliche und vor allem neue Besucher, die wir über Provisionen abgelten (pro Lead, manchmal auch pro Klick, ersteres lieber als letzteres).

6b.) Aus welchen Bestandteilen besteht Ihr Marketing-Mix (in % oder in der Reihenfolge der Wichtigkeit)?

7.) Auf welche Methoden setzen Sie bei der Kundenbindung?

Und die Zusatzfrage: Welche Webseiten besuchen Sie momentan am liebsten?

www.excitingcommerce.de, www.connectedmarketing.de, www.woot.com, www.threadless.com, www.gaertnerblog.de

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