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Shop Corner: Von Versandapotheken lernen

Die Analyse „großer“ Online-Shops liefert oftmals interessante Ansätze, die auch für andere Shop-Betreiber sinnvoll sein können. Wir nehmen Versandapotheken unter die Lupe, um SEO-Potenziale aufzudecken.

Versandapotheken sind ein spannendes Shop-Segment, da es hier nur wenige Unterscheidungsmerkmale gibt: In der Regel führen stationäre Apotheken dieselben Produkte wie die Online-Shops, was eine Differenzierung über das Produktsortiment stark erschwert. Sicherlich gibt es auch einige Apotheken, die sich z. B. auf anthroposophische Medizin, Tierarzneimittel oder bestimmte chronische Krankheiten spezialisiert haben. Das „große Geschäft“ wird allerdings sicherlich mit den auf die Allgemeinheit ausgerichteten Versandapotheken gemacht. Und in diesem Geschäft ist die organische Sichtbarkeit sicherlich ein wichtiger Baustein, um relevante Marktanteile zu erobern und sich gegen Wettbewerber durchzusetzen.

Dieser Artikel wirft daher einen Blick auf unterschiedliche Versandapotheken – und darauf, wie diese Sichtbarkeit generieren.

Medpex: Testberichte wirken

Es ist wohl allgemein bekannt, dass sogenannter „unique content“ – also Inhalte, die es exklusiv auf einer Seite gibt – grundsätzlich in Bezug auf SEO hilfreich ist. Gerade bei Versandapotheken gibt es aber ein grundsätzliches Problem mit einzigartigen Inhalten: Zum einen gibt es eine schier unüberschaubare Anzahl an Produkten, sodass es gar nicht möglich wäre, für alle Produkte eigene Texte zu erstellen. Zum anderen gibt es bei Arzneimitteln auch Pflichtangaben, die auf der Produktdetailseite genannt werden müssen. Und zumindest dieser Teil einer Produktdetailseite ist dann nicht „unique“.

Medpex hat dafür eine sehr gute Lösung gefunden: Für jedes Produkt gibt es zwei Seiten. Zunächst gibt es die „normale“ Produktdetailseite (z. B. http://www.medpex.de/pilzerkrankungen/canesten-extra-bifonazol-p679629), die Produktbeschreibung, Anwendungsgebiet, Anwendungshinweise, Dosierung, Nebenwirkungen und viele weitere Informationen anzeigt. Diese Inhalte sind in der Regel nicht „unique“.

Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, gibt es aber für viele Produkte eine zusätzliche Seite mit Testberichten (z. B. http://www.medpex.de/testbericht/pilzerkrankungen/canesten-extra-bifonazol-p679629/). Auf dieser Seite sind dann Bewertungen der jeweiligen Produkte zu finden. Für viele Produkte gibt es auch eine zwei- oder sogar dreistellige Anzahl an Bewertungen, sodass zu vermuten ist, dass die Kunden hier aktiv aufgefordert wurden, das Produkt nach dem Kauf auch zu bewerten. Für Kunden scheint das Abgeben von Bewertungen auch durchaus Vorteile zu haben, wie man im „Leitfaden für Kundenmeinungen“ (http://www.medpex.de/help/customerReview.do) nachlesen kann:

„Generell gibt es 5 Bonuspunkte pro freigeschaltete Bewertung. Für ein Produkt, dessen letzte Bewertung länger als 1 Monat alt ist, werden 20 Bonuspunkte gutgeschrieben und für Produkte, die noch nie bewertet wurden, bedanken wir uns mit 50 Bonuspunkten.“

Abbildung 1: Viele Produkte verfügen über eine eigene Bewertungsseite


Wenn man nun ein SEO-Tool wie SISTRIX bemüht und den Sichtbarkeitswert aller Testberichtseiten (also alle URLs, die mit www.medpex.de/testbericht/ beginnen) betrachtet, stellt man fest, dass diese Seiten mehr als 50% der Sichtbarkeit der gesamten Website ausmachen. Oder mit anderen Worten: Die „normalen“ Produktdetailseiten werden in der Regel deutlich von den Bewertungsseiten geschlagen. (An dieser Stelle wird auf die Diskussion verzichtet, welche Aussagekraft die Sichtbarkeit im Vergleich zum realen Traffic hat – vor allem, da für medpex.de keine realen Traffic-Daten vorliegen.)

Man kann von Medpex also lernen, dass ein Shop etwaige Nachteile durch das Erzeugen von nutzergenerierten Bewertungen, also durch generische Texte, ausgleichen kann. Dabei müssen Shop-Betreiber nicht unbedingt die Lösung von Medpex kopieren und jeweils zwei Seiten pro Produkt anlegen. Auch das Einfügen der textlichen Bewertungen in die „normale“ Produktseite kann schon zu ähnlichen Erfolgen führen.

Dabei ist allerdings auch zu bedenken, welchen Anteil der „normale“ Text dann im Vergleich zu den Bewertungen hat. Bei Versandapotheken ist der „nicht unique“ Text in der Regel sehr lang, sodass z. B. das Einfügen von drei Bewertungen auf einer Produktdetailseite kaum Auswirkungen hat; der Anteil der einzigartigen Texte auf einer Seite wäre dann vergleichsweise gering. Dies kann jedoch von Shop zu Shop variieren. Verfügt ein Shop grundsätzlich über sehr wenige oder gar keine Produktbeschreibungen, so können Detailseiten mit integrierten Bewertungen deutlich besser funktionieren.

Europa Apotheek: PDF-Rankings

Bei einer weiteren Versandapotheke, der Europa Apotheek, kann man ein weiteres Optimierungspotenzial entdecken, das allerdings nicht unkritisch zu sehen ist: die PDF-Dateien. Wenn man, wie in Abbildung 2 zu sehen ist, nach dem Beipackzettel eines bestimmten Medikaments sucht, trifft man auf den ersten beiden organischen Positionen auf die Suchergebnisse von Versandapotheken.

 

Abbildung 2: Gute Rankings mit PDF-Dateien

 

Wie man über eine Google-Suche wie „filetype:pdf site:www.europa-apotheek.com“ feststellen kann, hat Google eine durchaus hohe vierstellige Anzahl an PDF-Dateien indexiert – den Großteil davon machen die Beipackzettel aus. Und wenn man ein SEO-Tool wie SISTRIX bemüht, erkennt man, dass das PDF-Verzeichnis immerhin das Verzeichnis mit der vierthöchsten Sichtbarkeit innerhalb der Website ist (siehe Abbildung 3).

 

Abbildung 3: Die PDF-Dateien generieren durchaus Sichtbarkeit

 

Warum soll so etwas nun unkritisch sein? Nun, zunächst kann sich die Europa Apotheek natürlich über den Traffic freuen. Die Beipackzettel sind kein eigener Content, sodass für dessen Erstellung also keine direkten Kosten entstehen. Man erhält also Sichtbarkeit, ohne sich dafür anstrengen zu müssen – abgesehen davon, dass einmalig die Infrastruktur bereitgestellt werden muss, um die Beipackzettel auch auf dem Server unter einer URL abrufbar zu machen.

Der Nachteil von PDF-Dateien besteht darin, dass diese hinsichtlich der Messbarkeit schwer zu erfassen sind. Wer auf JavaScript-basierte Tracking-Tools (wie Google Analytics) setzt, „übersieht“ den durch PDF-Dateien verursachten Traffic, da beim Öffnen der PDF-Datei der Tracking-Code nicht ausgelöst wird. Es kann also sein, dass eine Website eine signifikante Menge an Traffic über PDF-Dateien erhält, ohne dass man diesen messen kann.

Das stimmt so natürlich nicht ganz: Man sieht den Traffic sowohl in einem SEO-Tool (wie eben in Abbildung 3) und auch in den Google Webmaster Tools im Bereich „Suchanfragen“. Dort sollten Shop-Betreiber also grundsätzlich mal nachschauen, ob sie hinreichend viel Traffic über PDF-Dateien erhalten, was durchaus passieren kann. Über die Suchanfrage „filetype:pdf site:meinewebsite.de“ oder die „Erweiterte Suche“ (https://www.google.ca/advanced_search, Feld: Dateityp = „.pdf“) kann man grundsätzlich prüfen, ob Google PDF-Dateien überhaupt indexiert hat.

PDF-Dateien sind vor allem auch hinsichtlich der Conversion schlecht. Es öffnet sich eine Datei in einem Programm – in der Regel wohl im Acrobat Reader –, der Nutzer landet aber nicht auf einer HTML-Seite. Es findet also in der Regel kein Branding statt – und eben auch keine Conversion.

Besser wäre es in vielen Fällen daher, PDF-Dateien entweder komplett zu sperren oder diese in HTML-Dateien zu konvertieren. Dabei muss man sich allerdings auch im Klaren sein, dass der Traffic über Suchbegriffe wie „medikament + beipackzettel“ in der Regel wenige Conversions bringen wird, da der Nutzer zum Zeitpunkt der Suche keine direkte Kaufabsicht hat. Aber zumindest unter Branding-Aspekten kann ein solcher Traffic sinnvoll sein.

Mycare: Blogs nutzen

Von der Versandapotheke Mycare kann man sich gut inspirieren lassen, wenn es um die Umsetzung eines Blogs geht. Unter der URL http://www.mycare.de/blog/ betreibt Mycare ein Blog, das vor allem für eine Vielzahl von Symptomen zu finden ist. Ob für Suchbegriffe wie „kratzen im hals“, „nächtliche schweißausbrüche“ oder „antriebslosigkeit“: Oftmals sind die Blog-Beiträge von Mycare wie in Abbildung 4 auf einer Top-Position zu finden.

 

Abbildung 4: Mycare bietet viele Blog-Beiträge, die auf Symptome abzielen

 

Auch hier gilt natürlich: Ein Ranking ist schön, aber noch besser ist die Conversion. Wenn Mycare über passende Produkte verfügt, verweist der Blog-Beitrag daher auch recht unaufdringlich auf passende Produkte. Wer z. B. nach „schrunden an den füßen“ sucht und auf der Seite http://www.mycare.de/blog/schrunden-an-den-fuessen-was-ist-das-was-kann-ich-dagegen-tun landet, erhält drei passende Produktverlinkungen, die sowohl im Beitrag selbst als auch unterhalb des Artikels angezeigt werden.

Fazit

Versandapotheken finden durchaus intelligente Möglichkeiten, um sich gegen Wettbewerber durchzusetzen. Vor allem das Generieren von Nutzer-Bewertungen wie bei Medpex zeigt, dass man dem Problemfeld „Duplicate Content“ auch recht gut begegnen und so Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbern herausarbeiten kann.

Dieser Beitrag ist in Ausgabe #54 des SEO-/SEM-Magazins suchradar erschienen. Die gesamte Ausgabe #54 des suchradars mit dem Fokusthema „Bewegung im Netz: Kunden mobil erreichen“ kann unter www.suchradar.de kostenlos als PDF-Version heruntergeladen werden!

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