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OLG Hamm: Marketplace-Händler haftet doch für die Weiterempfehlungsfunktion auf Amazon

Gastartikel: Nachdem das LG Arnsberg in zwei Urteilen unterschiedliche Meinungen vertreten hat, hat sich nun das OLG Hamm zu Wort gemeldet (AZ I-4 U 154/14). Nach dessen Ansicht haftet ein Amazon-Händler für die Verstöße des Marketplace-Betreibers. Im vorgelegten Fall ging es um die Weiterempfehlungsfunktion, die von Amazon selbst in jedem Angebot eines Marketplace-Händlers eingefügt wird, ohne dass dieser Einfluss darauf nehmen könnte.

Das Landgericht (LG) Arnsberg war in zwei Fällen mit der Frage betraut worden, ob ein Marketplace-Händler für die von Amazon automatisch eingebundene Weiterempfehlungsfunktion hafte. In einem Fall sagten die Richter „ja“, im anderen „nein“.

BGH: Empfehlungs-Mail ist wettbewerbswidrig

Hintergrund beider Verfahren ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur „tell-a-friend“-Funktion, die nach Ansicht der Richter belästigende Werbung im Sinne des Gesetzes darstellt. Da die Zusendung belästigender Werbung als wettbewerbswidriges Handeln einzustufen ist, können Unternehmer, die diese Empfehlungsmöglichkeit zur Verfügung stellen, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Fraglich war nun, ob das auch für Amazon-Verkäufer gilt.

Kein Einfluss auf Bereitstellung der Funktion seitens der Amazon-Händler

Amazon bindet eine Weiterempfehlungsfunktion in jedes Angebot ein, die nicht vom Verkäufer deaktiviert werden kann. Er hat folglich keinen Einfluss auf die Bereitstellung. Dennoch wurden vor einiger Zeit Amazon-Händler wegen ebendieser Funktion abgemahnt. Zwei der Fälle kamen vor das LG Arnsberg. Dieses entschied in einem Verfahren zu Gunsten des abmahnenden Unternehmers (Beschluss vom 8.8.2014, AZ: I-8 O 99/14) im zweiten zu Gunsten des Abgemahnten (Urteil vom 30.10.2014, AZ: I-8 O 121/14). Diese zweite Entscheidung begründeten die Richter damit, dass der Händler die wettbewerbswidrige Handlung nur unterlassen könne, indem er den Verkauf über Amazon vollständig einstelle. Das sei aber „weder rechtlich verlangt noch wirtschaftlich zumutbar“. Eine Verantwortung für den Wettbewerbsverstoß verneinte das Gericht daraufhin.

Marketplace-Händler haftet für Fehlverhalten seitens Amazon

Das sah das Oberlandesgericht (OLG) Hamm anders, wie der Anwalt des abmahnenden Händlers, Dr. Bahr aus Hamburg, auf seiner Webseite berichtet. „Suche sich der Händler eine bestimmte Verkaufsplattform aus, müsse er auch dafür sorgen, dass diese rechtmäßig agiere. Ein bloßer Verweis auf das Handeln von Amazon genüge zur eigenen Entlastung nicht. Das gelte auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Händler behauptet, faktisch keine Einwirkungsmöglichkeit zu besitzen.“

Da die Richter diese Meinung während des Verfahrens in einem ausführlichen Hinweis kundgaben, gab der beklagte Händler die geforderte Unterlassungserklärung ab, ohne dass es zu einer gerichtlichen Entscheidung kommen musste. Eine (schriftliche) Begründung gibt es daher nicht.

Es drohen Abmahnungen

Das OLG Hamm hat sich dennoch klar zu der Frage positioniert, weshalb Amazon-Verkäufer in nächster Zeit mit Abmahnungen rechnen müssen.

Ob und wie die Betroffenen ihren Schaden von Amazon ersetzt bekommen, sollte der Plattformbetreiber nicht schnellstmöglich handeln, bleibt abzuwarten.

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