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Ausführliches Interview mit PopUp Berlin: Die einfachste Art stationäre Konzepte zu testen

Seitdem wir vor knapp fünf Jahren über den ersten Popup-Store des Streetfashion-Onlineshops Frontline berichteten, ist zu diesem Thema nicht mehr allzu viel passiert.

Klar, Frontline hat dieses Konzept seitdem ein paar Mal wiederholt und auch andere Pure Player nutzen diese Form der stationären Inszenierung vereinzelt. So nutzt Urbanara, ein Onlineshop für Wohnaccessoires, derzeit für fünf Monate rund 30 Quadratmeter Ladenfläche an der Shopping Mall „Bikini Berlin“ am Berliner Zoo.

Blickt man dagegen einmal in andere Länder, nimmt sich der aktuelle Umfang hierzulande jedoch mehr als spärlich aus. So hat der 2012 gegründete, amerikanische Gewerbeimmobilien-Vermittler Storefront erst kürzlich für seine Expansionspläne 7,3 Mio. Dollar Investorenkapital eingesammelt.

Auch die Händler in Großbritannien sind bei diesem Thema schon deutlich weiter. So haben sich dort, neben dem führenden Vermittler ‚We Are Pop Up’, bereits weitere Anbieter und eine Infrastruktur für Popup-Stores etabliert. Popup Staff vermittelt beispielsweise speziell für Popup Stores einsetzbares Verkaufspersonal.

Popup-Stores für verschiedenste Zwecke

Die träge Entwicklung in Deutschland finde ich bereits seit Jahren bedauerlich, wird hier doch von Online-Händlern eine große Chance vertan. Schließlich können Popup-Stores oder auch kooperatives Marketing mit stationären Händlern für die verschiedensten Zwecke genutzt werden.

Folgende Szenarien sind unter anderem vorstellbar:

Anmerkung: Die genannten Online-Händler wurden willkürlich als Beispiel genutzt. An deren Stelle sollte ja eigentlich Ihr eigener Onlineshop stehen.

Habe ich eben noch die bisherige Entwicklung in Deutschland kritisiert, freue ich mich umso mehr, dass es mit PopUp Berlin nun ein deutsches Pendant zu Storefront oder ‚We Are Pop Up’ gibt.

Sehr erfreulich auch, dass Immoscout (Scout24-Gruppe) das Potential wohl ähnlich sieht und dieses Startup kürzlich in deren Accelerator-Programm You Is Now aufgenommen hat. Steht sehr zu hoffen, dass dies lediglich der erste Investor für PopUp Berlin bzw. vergleichbare Konzepte ist.

Da ich großes Potential für Online-Händler in diesem Thema sehe, habe ich aktuell für diesen Artikel ausführlich mit einem Teil des Gründerteams gesprochen und das Thema Popup-Stores ausführlich durchleuchtet.

Et voilà, das Interview mit Nicole Rohde und Dennis Boehres vom Gründerteam.

Welche Objektarten stehen für Popup-Stores derzeit zur Verfügung?

In unserem Portfolio befinden sich die verschiedensten Objekte zur temporären Vermietung. Dabei kann es sich um leerstehende Gewerbeimmobilien, laufende Restaurants und Galerien, die tageweise ihre Einrichtung für Happenings zur Verfügung stellen oder auch Läden, die einen Teil ihres Platzes bereitstellen, handeln.

Es kann aber auch ein Studio inklusive Bootsanlegestelle, ein altes Fabrikgebäude oder eine Popup-Box in der kürzlich neu eröffneten Concept Mall Bikini Berlin sein.

Wie viele passende Objekte stehen derzeit zur Verfügung / was ist geplant?

Derzeit können Händler aus 25 Objekten mit einer verfügbaren Größe von 30 qm – 7.000 qm wählen. Wobei es im Bikini Berlin sogar schon bei 19 qm losgeht.

Es freut uns sehr, dass wir schon so viele Spaces auf unserer Webseite aufgeführt haben, sowie, dass die Mehrzahl der Vermieter die Spacelistings selbständig vorgenommen haben. In der nahen Zukunft werden wir unsere Objektakquise noch deutlich verstärken.

Derzeit gibt es das Angebot nur für Berlin, ist eine Ausweitung auf weitere Städte geplant?

Berlin als Ausgangspunkt für das PopUp Business ist selbsterklärend. Bis Ende des Jahres werden wir unseren Service auf die Top 7 Städte in Deutschland ausweiten.

Für welche Art von Online-Händlern eignen sich Popup-Stores?

Auch wenn das Konzept der Popup-Stores bisher vornehmlich von etablierten Online-Händlern genutzt wird, gibt es hier zumindest von der Unternehmensgröße her keine Einschränkung.

Es gibt auch kleine Online-Unternehmen, welche das temporäre Shop-Konzept nutzen – bei Folkdays handelt es sich um ein kleines, sogenanntes Fair Fashion Label, das handgefertigte Produkte von verschiedenen Manufakturen aus Entwicklungsländern zu einem fairen Preis verkauft.

Dieses Label war im April für einen Tag zu Gast im Bikini Berlin und hat im vergangenen November sehr erfolgreich einen eintägigen Pop-Up Shop im BOLD ROOM veranstaltet.

Einschränkungen gibt es, wenn denn, lediglich im Sortiment. So sind Produkte, welche sich gut inszenieren lassen, sowie ein kleines Sortiment besser geeignet als Massenware an Ramschtischen.

Für welchen Zeitraum werden Popup-Stores üblicherweise angemietet?

Die Anmietung der Flächen erstreckt sich von einem Tag bis zu mehreren Monaten.

Vor allem für Händler mit einem großen Marketinghebel kann ein Tag schon ausreichen, um die gesteckten Ziele mit einem Popup-Store zu erreichen.

Mit welchen direkten Kosten müssen Händler für die Anmietung eines Popup-Stores rechnen?

In Nebenlagen geht es bereits bei 150 Euro am Tag los und geht in die Spitze in Toplagen bis zu 1.000 Euro je Tag. Bei längerfristigen Anmietungen wird es für die Händler selbstverständlich deutlich günstiger.

So kostet eine Nebenlage, mit 62 qm Fläche, in Berlin Mitte am Tag zwar 150 Euro, für eine Woche jedoch nur noch 750 Euro und für den ganzen Monat 2.000 Euro. Manche Objekte können auch preisgünstig für das ganze Wochenende gemietet werden.

Wie hoch ist der zeitliche Aufwand für Onlinehändler für Vorbereitung etc.?

Der zeitliche Aufwand ist natürlich insbesondere vom geplanten Umfang des Popup-Stores abhängig. Der größte Aufwand liegt für Online-Händler erfahrungsgemäß darin, die geeignete Location zu finden. Selbstverständlich unterstützen wir die Händler in einem Beratungsgespräch mit unserer Erfahrung dabei.

Am wichtigsten für den Erfolg des stationären Auftritts, neben des geeigneten Standorts, ist dann das Marketing. Selbstverständlich ziehen die Popup-Stores auch Laufkundschaft, insbesondere in den frequenzstarken Lagen an.

Dennoch können Händler nicht früh genug damit beginnen, ihre bestehenden Kontakte der Zielgruppe und Kunden auf den geplanten Event aufmerksam zu machen. Auch hier unterstützen wir mit unseren vielfältigen eigenen Marketingmaßnahmen.

Wir denken darüber nach, unsere Serviceoptionen um verschiedene Beratungs- und Vermittlungsangebote (bspw. Ladeneinrichter und Kreative zur Gestaltung und Dokumentation der Veranstaltung, Versicherungen, temporär verfügbares Verkaufspersonal) zu erweitern.

Man kann also festhalten, dass sich unser Angebot bereits jetzt in Richtung Fullservice entwickelt. Damit sich der Händler um das kümmern kann, was er am besten kann: Sortimentsgestaltung und Abverkauf.

Vielen Dank für das Gespräch.

P.S.: Im Artikel Concept Malls als stationäre Antwort auf den E-Commerce-Boom habe ich mich übrigens kürzlich gefragt, warum die großen und bekanntermaßen unrentablen Kaufhäuser nicht einfach zumindest einen Teil ihrer Verkaufsflächen in 1A-Lage in kleinen Parzellen an kleine Pächter und als Popup-Stores für Internethändler untervermieten.

Das Ergebnis wären vergleichsweise hohe Mieteinnahmen und eine vielfach gestiegene Attraktivität der eigenen Verkaufsflächen.

PopUp Berlin wies mich nun darauf hin, dass eine Karstadt-Filiale in Berlin dies zumindest temporär und sporadisch bereits macht. So wurden erst kürzlich wieder im Karstadt an Berlins Hermannplatz für 14 Tage die Entwürfe von 16 jungen Berliner Designern verkauft.

 

 

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