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Interview mit Sabine Heukrodt-Bauer, legalershop.de

Für die heutige Ausgabe unserer Interviewreihe "Leute des E-Commerce – 7 Fragen, 7 Antworten" befragten wir Rechtsanwältin Sabine Heukrodt-Bauer von der Anwaltskanzlei Theis & Heukrodt-Bauer.

Schwerpunkt der Arbeit von Frau Heukrodt-Bauer ist das Onlinerecht. Aufbauend auf ihrem Erfahrungsschatz aus diesem Rechtsgebiet hat sie mit Legalershop.de einen einzigartigen Service für Onlinehändler geschaffen: In einem Muster-Shop sowie einer Muster-Auktion werden alle Aspekte eines rechtssicheren Online-Vertriebes praktisch dargestellt, kleine Links auf Erläuterungen und weiterführende Texte erklären alles Wissenswerte direkt an den einzelnen Shop- bzw. Auktions-Elementen.

1.) Was ist Ihr Kernprodukt/-thema im E-Commerce?

Ich beschäftige mich schwerpunktmäßig mit E-Commerce-Recht, also mit allen rechtlichen Problemen rund um das Verkaufen im Internet. Im "richtigen" Leben als Rechtsanwältin in einer Kanzlei berate und vertrete ich im wesentlichen größere Unternehmen zu allen internet- und medienrechtlichen Fragen. Im Internet betreibe ich dagegen den Rechts-Mustershop legalershop.de, der sich eher an kleine und mittlere Onlinehändler richtet. Der Mustershop soll gerade diesem Personenkreis helfen, auch ohne Rechtsanwalt einfach einen rechtssicheren Onlineshop aufzubauen.

2.) Wer nutzt Ihr Angebot?

Legalershop.de wird größtenteils von Onlinehändlern genutzt, die ihren Shop einrichten oder umbauen und bei dieser Gelegenheit den Shop rechtssicher gestalten wollen. Und dann gibt es viele Nutzer, die erst durch eine Abmahnung das Thema wirklich ernst nehmen und sich informieren.

3.) Was ist eine typische Konstallation/Problemstellung bei Ihren Nutzern, wenn sie zu Ihnen kommen.

Die Abmahnung, die Abmahnung und nochmals die Abmahnung. Die Gesetzeslage ist für Onlineshop-Betreiber sehr undurchsichtig und kompliziert und die meisten wissen nicht sicher, was sie rechtlich zu beachten haben. Internethändler werden so ganz schnell zur "leichten Beute" für Abmahner. Die Gefahr wird immer wieder unterschätzt und die meisten zahlen teures Lehrgeld an Konkurrenten. Bei den meisten Onlineshops hakt es bei der Preisauszeichnung, bei der Widerrufsbelehrung und viele haben sich Allgemeine Geschäftsbedingungen mit unzulässigen Klauseln "zusammenkopiert".

4.) Wo sehen Sie momentan noch die größten Defizite beim E-Commerce oder welche Angebote (Lösungen, Dienstleistungen) fehlen Ihnen noch?

Ich würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber den Massen-Abmahnern einen Riegel vorschiebt. Leider wurden die Abmahnungen als Mittel zum Geldverdienen entdeckt und tatsächlich geht es in Wirklichkeit in den meisten Fällen gar nicht mehr um einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß im Einzelfall.

Ansonsten: Wenn die elektronische Signatur auch praktisch funktionieren würde, würden damit viele rechtliche Beweisprobleme aus der Welt geschafft werden. Ich halte das Thema aber zur Zeit noch für ein eher theoretisches Problem, da die elektronische Signatur sich einfach in der Praxis nicht durchsetzt. Keiner hat sie!

5.) Wohin geht Ihrer Meinung nach die Entwicklung in nächster Zeit, speziell in Ihrem (E-Commerce-)Bereich?

Tatsächlich glaube ich, dass sich Rechtsanwälte nur langsam bewegen. Dabei wäre es im Interesse der Nutzer wichtig, die Möglichkeiten des Internets auch für die Rechtsberatung voll auszuschöpfen und die Technik konsequent zu nutzen. Rechtsanwälte sind noch meilenweit vom web 2.0 entfernt!

Für die Internethändler würde ich mir wünschen, dass der Gesetzgeber in Zukunft nicht alle Pflichten und Risiken immer nur den Internethändlern aufbürdet. Mit dem Hinweis auf den Verbraucherschutz hat sich hier, wie ich finde, ein Ungleichgewicht entwickelt. Der Unternehmer trägt das Risiko des Untergangs der Ware auf dem Transportweg und muss nach einem Widerruf auch noch die ursprünglichen Versandkosten, also die Hinsendekosten erstatten. Nur die Rücksendekosten kann er dem Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen auferlegen. Von den diversen, unübersichtlichen Informationspflichten gar nicht zu reden…

6.) Ein Shopbetreiber nimmt sich heute einen halben Tag Zeit, seine Site/sein Angebot einmal bezüglich Optimierungsbedarf zu überprüfen. Was ist Ihr Tipp, was er sich heute mal konkret angucken sollte? ("4-h-Optimierungstipp" oder auch 8-h-…?)

Mein Tipp wäre die Überprüfung der korrekten Preisauszeichnung. Jeder Shopbetreiber sollte sich die §§ 1, 2, 9 Preisangabenverordnung mal ganz in Ruhe durchlesen und überprüfen, ob er Bruttopreise, den Hinweis auf die Mehrwertsteuer, die Liefer- und Versandkosten und ggf. den Grundpreis bei jedem Artikel korrekt eingefügt hat.

7.) Wie sind Sie zum E-Commerce gekommen, was fasziniert Sie im E-Commerce am meisten/macht Ihnen am meisten Spass?

Ich habe in den 90igern angefangen, eine Kanzleiseite zu basteln und damit ging es los. Mich fasziniert das Internet mit seinen Möglichkeiten, sich zu informieren und mit anderen zu kommunizieren. Es gibt nichts, was ich nicht finde und ich kann zu jedem Kontakt aufnehmen.

Über das Internet haben sich tolle, auch witzige Ideen entwickelt. Nur leider finden sich immer wieder Anwaltskollegen, die den Usern "in die Suppe spucken" und das mit Abmahnungen kaputt machen, siehe zum Beispiel eCards. An den Rechtsdingen geht viel Kreativität kaputt.

Und die Zusatzfrage: Welche Webseiten besuchen Sie momentan am liebsten?

Ich bin überhaupt kein "Foren-Gänger", lese aber gern Business-Weblogs zu Marketingfragen wie das von http://berndroethlingshoefer.typepad.com. Ansonsten besuche ich schon seit Jahren regelmässig die Marketing-Seite marke-x.de von Sascha Langner. Der Informationswert der Seite, in der wirklich jedes Marketing-Thema super aufgearbeitet ist, ist unschlagbar.

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