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Local Heroes: Die deutschen Elektronik-Gruppen im Vergleich

Mit seiner organischen Entwicklung vom Onlinestore über Abholshops hin zum „Internet-Fachgeschäft“ erhielt der österreichische Elektronikversender Electronic4You im Rahmen der Shopanbieter.de-Serie „Local Heroes“ viel positive Aufmerksamkeit. Grund genug für uns, einmal einen Blick auf die deutschen Elektronik-Verbundgruppen und deren On-/Offline-Integration zu werfen. Denn mit ihrer deutschlandweiten Filialaufstellung und der Doppelstruktur aus Zentrale und Partnern wären diese eigentlich dafür prädestiniert, Kundenbedürfnisse auf möglichst vielen Kanälen zu erfüllen. Doch ist der Entwicklungsstand der Elektronik-Kooperationen in dieser Hinsicht noch sehr uneinheitlich:

Euronics: Online soll dem Stationärhandel Kunden zuführen

Euronics bietet heute das umfassendste Konzept unter den Unterhaltungselektronik-Händlern. Bereits 2004 startete die Verbundgruppe zusammen mit der Münchner Agentur Iconpark den Aufbau einer technischen Plattform, die von der Warenwirtschaft über die Logistik bis hin zur Einbindung der Händler vor Ort reicht. Durch die Einbeziehung der Intershop-Tochter The Bakery 2009 wurde es zudem möglich, auch die Industriepartner in die E-Commerce-Lösung von Euronics einzubinden. Kunden können im Euronics-Onlineshop aus einem umfangreichen Produktsortiment auswählen, wobei die Ware im Auftrag des jeweils nächstgelegenen, am E-Commerce-Angebot der Verbundgruppe teilnehmenden Euronics-Händlers verschickt wird. Online bestellte Waren können auch stationär abgeholt werden, eine Abfrage lokaler Verfügbarkeiten ist allerdings nur per Anfrage-Formular möglich. Trotz des langjährigen und aufwändigen Engagements in dem Bereich, spielt das E-Commerce-Geschäft umsatzseitig für Euronics allerdings weiterhin eine untergeordnete Rolle, wie auch Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober einräumt: „Der Online-Umsatz an unserem Gesamtgeschäft wächst zwar, ist aber noch sehr gering. Wichtiger als diese Zahl ist für uns, dass Kunden über unser Online-Angebt dazu kommen, stationär bei uns zu kaufen.“

Euronics bietet das umfassendste Multichannel-Angebot im Elektronikbereich

Expert: Multichannel-Einstieg in Zeitlupe

„Wir müssen nicht unbedingt die Ersten sein, aber besser als die Ersten“, mit diesem Motto kündigte Expert-Chef Volker Müller zu Anfang des Jahres den Einstieg der Verbundgruppe in das Online-Business an. Betrachtet man das schrittweise Vorgehen, liegt der Eindruck nahe, Expert orientiere sich an Euronics: Nach einer neuen Webseite machte sich Expert zunächst an den Aufbau einer Reihe von Content-Modulen, in die dann schließlich der neue Onlineshop eingebettet wurde. Zudem verfolgt auch Expert das Ziel, den Händler vor Ort in die Abwicklung der Online-Bestellungen einzubinden. Denn wie die Wettbewerber steht auch Expert vor der Aufgabe, die Zustimmung der Partner zu dem zentral geführten E-Commerce-Angebot zu erzielen. Neben einer Beteiligung an den Online-Umsätzen setzt die Verbundgruppe dabei auf einen schrittweisen Ausbau der Online-Aktivitäten. Was den Partner Zeit gibt, sich an die neue Mehrkanal-Strategie zu gewöhnen, wirkt aus Kundensicht allerdings eher frustrierend: Nachdem das Online-Angebot von Expert zunächst auf lediglich einen Aktions-Artikel pro Woche beschränkt war, stehen auch ein halbes Jahr nach dem Shop-Launch nur drei Produktkategorien mit jeweils rund fünf Artikeln zur Verfügung. Die Expert-Zentrale scheint das nicht zu stören: „Auch beim E-Commerce bleibt für Expert die Stärkung des lokalen Gesellschafters vor Ort eines der Hauptziele“, so Kooperationschef Müller.

„Jubel-Angebot Nr. 39“: Der Expert-Onlineshop ist immer noch auf wenige Produkte beschränkt

Electronic Partner: Einstiger Vorreiter setzt auf Abwartestrategie

Eigentlich ist Electronic Partner (EP) unter den Elektronik-Verbundgruppen der Vorreiter in Sachen On-/Offline-Verknüpfung: Bereits im Jahr 2000 beauftragte die Kooperation die Agentur Pixelpark mit der Ausarbeitung einer Multichannel-Lösung, die dann 2002 an den Start ging. In dem sogenannten EP-Netshop konnten Kunden entweder Produkte direkt nach Hause bestellen oder diese online zur Abholung im nächsten EP-Fachgeschäft reservieren. 2010 entschloss sich die EP-Zentrale jedoch dazu, den Netshop wieder zu schließen. Der Widerstand der Partner gegen das zentrale E-Commerce-Angebot war größer geworden, als der dadurch erzielte Profit. Die genaueren Hintergründe schilderte EP-Vorstandssprecher Jörg Ehmer gegenüber Heise Resale:

„Nur mit Tiefstpreisen habe man erreichen können, vorne in den Preissuchmaschinen gelistet zu werden, so Ehmer. Diese aggressive Preisgestaltung habe jedoch regelmäßig zu Diskussionen mit den EP-Händlern geführt, so dass man schlussendlich die Preise entsprechend auf die Hersteller-Empfehlung angehoben habe. In der Folge brachen jedoch die Verkaufszahlen im EP-Netshop ein.“

Seit 2010 ist der EP Netshop Geschichte

Seit 2010 setzt EP auf eine reine Info-Seite sowie auf ergänzende Social Media-Aktivitäten. Der Handlungsbedarf in Sachen E-Commerce wird zudem im Quartals-Takt geprüft: „In Deutschland und Europa gibt es aus meiner Sicht im CE-Bereich bisher niemanden, der ein nachhaltig tragfähiges Konzept für eine Verbindung von stationärem Geschäft und Online vorweisen kann. Wir beobachten den Markt und wenn sich ein erfolgreiches Modell durchsetzt, werden wir das abkucken und gerne mitmachen“, so Ehmer.

PC-Spezialist: Jedem Kanal seine Stärke

Last but not least soll in den Vergleich der Elektronik-Verbünde auch noch der IT-Händler PC-Spezialist miteinbezogen werden. Denn die Franchisekette verfügt über das derzeit ausgereifteste Konzept zur On-/Offline-Verknüpfung: Der zentrale Onlineshop von PC-Spezialist agiert unabhängig von den stationären Partnern und orientiert sich klar am relevanten Online-Wettbewerb. Im zurückliegenden Jahr konnte der Umsatz in dem Onlinestore immerhin auf 20 Millionen Euro gesteigert werden. Das Wohlwollen der Partner sichert sich PC-Spezialist dadurch, dass diese beim gemeinsamen Einkauf von der wachsenden Marktbedeutung des Onlineshop mitprofitieren.

Die Verbindung der Kanäle geschieht bei PC-Spezialist eher auf einer anderen Schiene: Um die Service-Kompetenz der angeschlossenen Fachgeschäft adäquat online darzustellen, haben sich diese auf mittlerweile 24 standardisierte Dienstleistungen verständigt, die deutschlandweit zu einheitlichen Pauschalpreisen angeboten und im Onlineshop beworben werden. In einem nächsten Schritt sollen diese Festpreis-Services auch online buchbar werden und damit immer mehr Produkt-Charakter annehmen. PC-Spezialist sorgt damit dafür, dass die stationären Shops eine hohe Online-Präsenz erreichen, belässt jedoch den einzelnen Kanälen ihre spezifische Kompetenz: Dem Online-Kanal den Warenverkauf zu möglichst attraktiven Preisen und den stationären Geschäften ihre Dienstleistungs-Stärke.

PC-Spezialist verbindet Online-Schnäppchen mit stationären Service-Angeboten

Fazit

Angesichts des hohen Online-Anteils im Elektronikhandel wirkt ein zögerlicher E-Commerce-Ansatz, wie ihn Expert und noch mehr EP verfolgen, im Jahr 2012 wenig angebracht. Wenn schon Multichannel, dann sollte man dieses Modell so entschlossen wie Euronics verfolgen. Das meiste Potenzial verspricht jedoch der Ansatz von PC-Spezialist, weil hier auf eine aufwändige, aber ungewisse Vereinheitlichung verzichtet wird und stattdessen die Vorteile der einzelnen Kanäle on- wie auch offline klar herausgearbeitet werden.

Unter dem Motto „Local Heroes“ veröffentlicht Shopanbieter.de in regelmäßiger Folge besonders spannende Beispiele für die Verknüpfung von Onlinehandel und stationärem Geschäft.

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