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Europäischer Gerichtshof entscheidet über Wertersatz

Vor einiger Zeit machte das "Quelle-Urteil" des EuGH (negativ) Furore: Bei einem Ofen, der nach Monaten defekt wurde. Quelle nahm eine Nachlieferung vor, verlangte jedoch die Herausgabe des Altgerätes sowie Ersatz für die Nutzung. Der Europäische Gerichtshof machte Quelle jedoch einen Strich durch Rechnung. Da nach Art. 3 der Verbraucherschutzrichtlinie eine Nachlieferung vom Verkäufer an den Verbraucher "unentgeltlich" erfolgen muss, kassierte der EuGH die deutsche Regelung zum Nutzungsersatz beim Verbrauchsgüterkauf (EuGH vom 17.04.2008 Az.: C-404/06) – der Gesetzgeber reagierte zwischenzeitlich.

Nun befasst sich der EuGH erneut mit dem Wertersatz – diesmal anlässlich eines Kaufrücktrittes bei einem defekt gewordenen Notebook. Und geht es nach der Generalanwältin Verica Trstenjak, deren Schlussantrag nun vorliegt, wird der Wertersatz beim Widerrufsrecht komplett gekippt.

Bei dem Verfahren stehen sich die Auffassungen Deutschlands, Österreichs und der Europäischen Kommission mit denen Belgiens, Spaniens und Portugals gegenüber. Während erstere meinen, eine Regelung zum Wertersatz sei Richtlinienkonform befürchten letztere, ein Wertersatz würde das Widerrufsrecht praktisch aushebeln.

Die Generalsanwältin argumentiert damit, dass bei einer korrekten Ausgestaltung des Widerrufsrechtes die Kunden ja nur 14 Tage zum Widerruf haben. Das Risiko von Händlern sei damit relativ gering. Allerdings dürften Händler dies naturgemäß anders sehen. Den ganzen Sachverhalt sowie die Argumentationen hat die IT-Recht Kanzlei hier ganz wunderbar aufgedröselt.

Sollte die nationale Wertersatz-Regelung nun vom EuGH gekippt werden, steht Onlinehändlern nicht nur ein womöglich ausgeprägtes Ärgern bevor: Alle Widerrufsbelehrungen müssen dann umgehend an die neue Rechtslage angepasst werden, die bisherigen "rechtssicheren" Vorlagen werden wertlos. Der Kölner Rechtsanwalt Becker rät gegenüber iBusiness daher zur Wachsamkeit:

Einziger Ausweg für die Händler sei es, sich quasi täglich darüber zu informieren, ob der EuGH in der von ihm befürchteten Weise entschieden habe, um dann die Belehrung und die Praxis umzustellen. Derzeit könnte sich ein Onlinehändler nur auf die Ist-Lage berufen. "Wenn ein Kunde widerruft, kann man also aktuell noch den Wertersatz verlangen", sagt Becker.

Immerhin: Laut aktuellem Terminkalender von heute ist die Entscheidung zumindest bis zum 3. April nicht vorgesehen – allerdings ist dieser Terminplan nicht verbindlich. Zudem: Im Fall einer Wertersatzforderung könnten Kunden mit Hinweis auf das anhängige Verfahren widersprechen – und deutsche Gerichte könnten geneigt sein, eine Entscheidung dann bis zum EuGH-Beschluss aussetzen – Damit haben Händler bei der Durchsetzung ihrer Forderung schon ab sofort schlechte Karten…

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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