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Wieviel Web 2.0 ist möglich

Web 2.0 und Social Commerce sind wichtige Themen, denn ihre Bedeutung im täglichen "Gebrauch" des Internets nehmen zu. Händler allerdings stecken im Dilemma: Noch ist unklar oder im Fluss, was "funktioniert" – das steigert den eh schon vergleichsweise hohen Aufwand des "Marketings via Web 2.0" weiter, denn es muss schlicht viel ausprobiert werden.

Wie also soll man sich der Sache nähern – einfach alles ein wenig ausprobieren? Diese Vorgehensweise produziert garantierte Misserfolge, denn Social Marketing bedient (oder schafft im günstigsten Fall) Communities. Dies aber ist nicht mit ein wenig Engagement hier und da zu erreichen oder "mit angezogener Handbremse", es bedarf vielmehr einer konzentrierten Adressierung. Denn bei einer zu weiten Streuung verpufft die Wirkung schlicht.

Zeit ist also der kritische Faktor. Dies berichtet auch Nina Simon von Museum Web 2.0 und bemerkt, dass das Publikum beim Web 2.0-Vortrag ihres Kollegen David regelmäßig blass wird, wenn es um die Kosten eines Web 2.0-Engagementes geht:

"Das Publikum fragt nicht nach monetären Kosten, es geht um den Zeitaufwand. Oder wie eine Zuhörerin sagte: "Hiermit Zeit zu verbringen bedeutet, dass Mitarbeiter weniger Zeit auf andere Arbeiten verwendet" – das trifft es genau!"

Wer Web 2.0-Aktivitäten starten möchte, solte daher unbedingt genau überlegen, wie viel Zeit er wöchentlich investieren kann oder möchte und auf der Basis dieser "Budgetplanung" sein Engagement planen. Dafür muss man aber einschätzen könne, welche Aktivitäten wieviel Zeit "fressen". Gerade zur rechten Zeit kommt daher der sehr lesenswerte Artikel "How Much Time Does Web 2.0 Take?" von Nina Simon , in dem sie beschreibt, wieviel Web 2.0 mit welchem Zeitbudget möglich ist. Eine wunderbare Grafik darin erlaubt einen schnellen Überblick (eigene Übersetzung):

Eine Einschränkung vorweg: Die Marketing-Tipps von Frau Simon beziehen sich auf Werbung für Museen – und dabei sind natürlich andere Inhalte gegeben, als beim Marketing für Shops und Produkte. Ihre Tipps sind daher nicht alle 1:1 auf E-Commerce-Sites übertragbar, denn natürlich kann man (mehr oder minder spektakuläre) Ausstellungen leichter "ins Gespräch" der Öffentlichkeit bringen, als beispielsweise neue Produkte eines Shops. Dennoch sind interessante Ideen zur Profilierung dabei – vor allem aber sind eben die Einschätzungen zum Aufwand der einzelnen Web 2.0-Aktivitäten hilfreich. Diese unterteilt Frau Simon in ihrem Aufsatz in drei Kategorien mit aufsteigenden Zeitkosten. Sie rät:

  • Sie haben ein Budget von 1-5 Mannstunden pro Woche? Dann werden Sie Teilnehmer im Web 2.0!
  • Sie haben 5-10 Mannstunden pro Woche übrig? Dann werden Sie ein Content-Anbieter!
  • Mit 10-20 Mannstunden pro Woche können Sie ein Community-Leiter werden!

Was könnten dies aber konkret und für den Onlinehandel gedacht bedeuten? Z.B. dies:

=> 1-5 Mannstunden/Woche

Als "TEILNEHMER" starten Sie damit, einschlägige Berichte (nicht nur über Ihren Shop – so es die gibt -, sondern z.B. auch über typische Produkte aus ihrem Sortiment) in Blogs zu verfolgen: Nutzen Sie technorati etc. Suchen Sie in Flickr und auf YouTube nach Fotos bzw. Filmen darüber und fangen Sie an, solche Beiträge zu kommentieren, beispielsweise mit Hintergrundinfos, interessanten Geschichtchen etc. zum jeweiligen Produkt. Bennen Sie dabei Ihren Shop bzw. wo möglich linken Sie ihn ein, aber achten Sie immer darauf, dass Ihr Kommentar schwerpunktmäßig Info-Charakter hat oder unterhaltsame Anekdoten darstellt und die Werbung nur eine "Fußnote" darstellt – sonst werden Ihre Postings als Spam wahrgenommen! Hier ist unbedingt Fingerspitzengefühl gefragt, die Basisregel: Schreiben Sie frei heraus, freundlich und gradlinig, eher so als würden Sie mit Kollegen oder Freunden reden, nicht mit Kunden!

Nutzen Sie die neuen Social Commerce und Web 2.0-Portale auch, um mehr über Ihre Zielgruppe zu lernen. Indem Sie die Empfehlungen, Wunschlisten und Bewertungen von Produkten verfolgen, erfahren Sie viel über Trends und den Geschmack sowie die Motivationen ihrer potentiellen Käufer. Wenn Produkte aus Ihrem Angebotsspektrum bei Life-Shopping-Portalen gehandelt werden, lesen Sie auch einmal die Kommentare der Kunden dort – das kann durchaus spannend sein!

Sie können über Flickr, YouTube oder andere Portale auch selbst Inhalte bereitstellen. Das ist zwar zeitintensiver, doch Sie geraten dadurch nicht gleich in den Zwang, regelmäßigen Content liefern zu müssen.

=> 5-10 Mannstunden/Woche

Einem solchen Zwang unterliegen Sie nämlich als "CONTENT-ANBIETER", was die Sache schon deutlich aufwendiger macht. Als Content-Anbieter starten Sie beispielsweise ein Blog. Beispiele für erfolgreiche Blogs, die Kundenbindung und Imagebildung für Onlineshops vermitteln, haben wir im Rahmen unserer Interview-Reihe vorgestellt: Saftblog, Nostalgie im Kinderzimmer, Kinderraeume, Montessori-Shop

Wer nicht lesen will, kann hören: Podcasts sind Audioproduktionen, die typischerweise als MP3s verbreitet werden. Die Zielgruppe ist – weil die Technologie noch weniger bekannt ist – natürlich (noch) etwas kleiner, dafür haben Podcasts aber auch noch den Nimbus des "Besonderen". Wer etwas mitzuteilen hat, kann dies also beispielsweise auch in Form einer Glosse (Beispiel "Die von der Leyens"), eines Hörspiel (Beispiel "Ixplorer 5003") oder nach Art eines Radiobeitrages (Beispiel Bierpodcast) machen. Einen Schritt weiter: Videos sind ein besonders rasant wachsender Trend rund um Onlineshops – so sind waren die launigen Produktvideos von Madillo.tv (wann haben die eigentlich zugemacht?) richtiggehend "Kult". Gute, ulkig gemachte Filmchen haben die Potenz, sich ‚von allein‘ weiterzuverbreiten, ihre Produktion ist allerdings auch aufwendig. Dafür muss es dann aber auch nicht jede Woche ein neuer Film sein.

=> 10-20 Mannstunden/Woche

COMMUNITYBETREIBER zu sein ist besonders zeitintensiv. Zudem sind die damit verbundenen Tätigkeiten am weitesten vom Kerngeschäft des Vertriebs entfernt. Denn hierbei muss man mit großer Glaubwürdigkeit arbeiten, sonst läuft nix – bzw. die Mitglieder laufen einem schlicht davon. Es gilt daher, die Community-Tätigkeiten von den Verkaufsaktivitäten deutlich getrennt zu halten.

So irritierend das klingt: Anerkennung und Glaubwürdigkeit in einer Community zu gewinnen geht nur, wenn man dort nicht als "Verkäufer" auftritt, wer offen und geradlinig kommuniziert, Wissen nicht für sich behält sondern freigiebig teilt, Humor hat und kritikfähig ist. Wer auf diese Art eine Community um seine Produkte oder seinen Shop formen konnte, profitiert dann aber gerade als Händler enorm von genau dieser Anerkennung und dem gewonnenen Vertrauen! Communitybildung ist insbesondere bei Shops mit typischen Nischenprodukten ("Long Tail") eine sehr nachhaltige Methode der Marktgewinnung.

Mit welchen Schritten starten Sie die Erkundung/die Nutzung der neuen Spielarten des Mitmach-Webs? Was haben Sie für sich als "machbar" und positiv von der Zeitaufwand-/Nutzenrelation her erfahren?

Herzlich aus Hürth
Nicola Straub

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